- Aus der Community
Was passiert eigentlich, wenn man sein „Spritzbesteck“ verliert?
4 Minuten
Vergangenes Wochenende war es endlich so weit – der lang ersehnte Junggesellenabschied fand statt. Wir trafen uns vormittags und freuten uns auf einen wunderbaren Tag, an dem wir dem Bräutigam einen letzten schönen Tag vor der bevorstehenden Eheschließung bescheren wollten. Ich war ganz erstaunt, dass noch einer der Teilnehmer ein Typ 1er war – und zugegebenermaßen auch ein bisschen erfreut, denn so konnten wir gegenseitig ein wenig aufeinander aufpassen.
Der Tag begann wie geplant und wir hatten viel Spaß bei den vorbereiteten Aktivitäten, die wir für den Bräutigam ausbaldowert hatten. Es lief alles glatt und die Stimmung wurde immer besser.
Kurz vor dem Abendessen bemerkte mein Diabetesgenosse allerdings, dass sein Etui mit Pens und Messgerät verschwunden war. Wir durchsuchten alle Jacken, das Auto, wir kehrten zurück zu allen besuchten Orten (die glücklicherweise alle in Laufweite lagen) und taten wirklich alles, um das Etui wiederzufinden. Leider ohne Erfolg.

Tipp 1: Immer Ersatz dabeihaben – separat verpackt
Ich konnte in der Situation auch nicht helfen, denn mein Insulin befand sich im Pod, welcher wiederum an meinem Körper befestigt war. Ein Messgerät hatte ich auch nicht dabei – mein FreeStyle Libre tat seinen Dienst vorschriftsgemäß und ohne Probleme.
Zwei Diabetiker und kein Ersatzpen, kein Messgerät und kein Insulin – das ist schon eine sehr bescheidene Situation. Und ja, natürlich war das leichtsinnig von uns beiden. Mir hätte schließlich der Pod abfallen können, dann hätte ich auch blöd dagestanden. Aber darum geht es hier nicht, wir wissen, was wir falsch gemacht haben. Nur so viel: Habt immer Ersatz dabei, und zwar separat verpackt!
Damit war der geplante zeitliche Ablauf leider dahin. Die lange Suche nach den Utensilien führte dazu, dass der anstehende Discobesuch ins Wasser fiel. Und die Stimmung wurde durch die Situation auch nicht besser.
Was also tun? Ein Aufruf in diversen einschlägigen Facebook-Gruppen blieb leider ohne Erfolg. Es gab zwar Antworten, aber die potenziellen Helfer waren alle zu weit weg, obwohl wir uns in einer größeren Stadt befanden. Und damit ging die Odyssee los.
Ohne Rezept geht gar nichts
Zunächst galt es herauszufinden, welche Apotheken Notdienst hatten. Schließlich war es Samstagabend gegen 23:30 Uhr. Dank Google war es kein Problem, die nächsten drei Notdienstapotheken zu identifizieren. Doch schon der Anruf in der ersten Apotheke war nicht von Erfolg gekrönt. Man habe das vorrätige NovoRapid gerade verkauft.
Der zweite Anruf war ebenso ernüchternd, denn die Dame am anderen Ende der Leitung wollte gar nicht erst schauen, ob NovoRapid vorrätig ist, sondern zunächst einmal wissen, was denn auf dem Rezept stünde. Als ich ihr sagte, dass wir noch gar kein Rezept haben, wurde sie sogar ein wenig pampig. Ich konnte sie dann freundlich überzeugen, doch mal in ihren Kühlschrank zu schauen, wobei sich herausstellte, dass sowohl NovoRapid Penfill als auch Flexpens vorrätig waren. Mehr wollte ich zunächst gar nicht wissen, denn nun konnten wir uns um ein Rezept kümmern.
Die Fahrt in die nächstgelegene Notfallklinik versüßten wir uns mit einschlägigen Mallorca-Schlagern, um nicht vollends den eigentlichen Zweck des Abends zu vergessen. Dabei war es unser großes Glück, dass wir einen Fahrer hatten, der unseren Van chauffierte, ohne einen Schluck Alkohol getrunken zu haben. Hätten wir diese Möglichkeit nicht gehabt, wäre das alles noch viel schwieriger geworden…
Der Arzt tat uns irgendwie leid
In der Klinik angekommen wurden wir von einem sehr unfreundlichen Pförtner begrüßt, der unseren „Notfall“ dann an den diensthabenden Arzt weiterleitete. Nach ungefähr 30 Minuten Wartezeit trat dieser aus seinem Zimmer und begrüßte uns müde und unmotiviert. Er tat uns irgendwie leid – im Laufe des Gespräches wurde er deutlich freundlicher und berichtete von seiner 24-Stunden-Schicht, die sichtlich Spuren bei ihm hinterlassen hatte.
Leider hatte der Mann augenscheinlich keine Ahnung von Diabetes und sprach dauernd und recht zusammenhanglos von einer Mindestversorgung (sein Deutsch war begrenzt). Es war nicht ganz leicht, ihm zu erklären, was wir benötigten. Nach weiteren 30 Minuten verließen wir die Klinik müde, aber immerhin mit einem Rezept für NovoRapid Flexpens. Damit sollten wir doch über die Runden kommen, oder?
Inzwischen war es kurz vor halb eins und unsere Motivation noch weiter geschwunden. Wir machten uns auf den Weg zur avisierten Apotheke, die ungefähr fünf Kilometer außerhalb der Stadt in einem kleinen Vorort lag. Dort angekommen, wurden wir von einer Apothekerin begrüßt, die sich redlich, aber leider vergeblich bemühte, unsere Wünsche zu erfüllen. Es dauerte mehr als 15 Minuten, um an die ersehnten Flexpens zu kommen, da die arme Dame mehrfach nachfragen und wieder ins Lager gehen musste.
Tipp 2: Genau schauen, was auf dem Rezept steht und was man in der Apotheke bekommt
Im Auto bestand ich darauf, den Inhalt der Tüte eingehend zu untersuchen, bevor wir weiterfuhren. Und siehe da: Die Flexpens waren zwar vorhanden, aber leider keine Kanülen. Die standen nämlich nicht auf dem Rezept – wir mussten erneut die Nachtglocke der erstaunlich gut frequentierten Apotheke betätigen und die Kanülen käuflich erwerben. Bei der Gelegenheit fragte ich, ob es nicht möglich sei, kurz den Blutzucker bei unserem Pechvogel zu messen, denn er hatte ja auch sein Messgerät verloren und befand sich seit einigen Stunden im Blindflug. Wider Erwarten bot uns die Dame ein kostenloses Testexemplar an – perfekt! Das war auch bitter nötig, denn der Wert befand sich bereits jenseits der 400 mg/dl (22,2 mmol/l).
Sollte Euch so etwas passieren, dann achtet also wirklich genauestens darauf, dass alles Nötige vorhanden ist, bevor Ihr das Krankenhaus bzw. die Apotheke verlasst.
Endlich hatten wir also alle Utensilien beisammen, um den restlichen Abend und die Nacht zu überstehen. Damit war natürlich die Partystimmung dahin – wir haben trotzdem das Beste daraus gemacht.
Hier müsste man doch etwas vereinfachen können?
Mir ist natürlich klar, dass jeder selbst dafür verantwortlich ist, seine Utensilien beisammen zu haben. Als Mensch mit Diabetes sollte man Ersatz mitführen, um auch dann gerüstet zu sein, wenn alle Stricke reißen. Wie wichtig das ist, ist mir an diesem Abend wieder bewusst geworden.
Nichtsdestotrotz ist es nun einmal passiert – der Kram war weg und wir hatten keinen Ersatz. Es war sehr aufwändig und langwierig, Ersatz zu erhalten, und nebenbei wurden auch noch Ärzte belästigt, die unter Umständen Wichtigeres zu tun haben (an diesem Abend war es glücklicherweise ruhig). Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn wir kein Auto gehabt hätten, auf dem Land oder gar im Ausland gewesen wären.
Ich frage mich, ob es nicht möglich ist, das System ein wenig zu vereinfachen. Wäre es zum Beispiel denkbar, mit einem Diabetikerausweis in die Apotheke zu gehen und dort ein Notfallset zu erhalten mit der Möglichkeit, das entsprechende Rezept schnellstmöglich nachzureichen? Wie oft kommt es überhaupt vor, dass in Deutschland so etwas passiert? Habt Ihr dergleichen schon einmal erlebt? Ich bin gespannt auf Eure Berichte.
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 5 Tagen, 5 Stunden
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina -
gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus-
darktear antwortete vor 1 Woche, 3 Tagen
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
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moira antwortete vor 1 Woche
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
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hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 1 Tag
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
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lena-schmidt antwortete vor 1 Woche, 3 Tagen
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
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connyhumboldt antwortete vor 5 Tagen
Besorge Dir Pflaster die über Tattoos geklebt werden, wenn die neu gestochen sind! Oder Sprühpflaster das Stomapatienten benutzen!
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