- Behandlung
Wenn das Warnsignal Schmerz fehlt
4 Minuten
Schmerzen sind nützlich, sie warnen uns: Hier ist etwas nicht in Ordnung! Sind die Nerven an den Füßen geschädigt, bleibt das Warnsignal aus, und aus einer kleinen Verletzung kann ein großes Problem werden. Es lohnt sich, rechtzeitig zu handeln.
Drei Monate lang war sie zuvor mit einem vermeintlich harmlosen kleinen Geschwür am Vorfußballen herumgelaufen und hatte alle möglichen Salben ausprobiert – ohne Erfolg. Der Hausarzt sah sie erst, als sie Fieber und Schüttelfrost bekam.
In der Klinik musste dann leider der ganze Vorfuß amputiert werden. Ihre Zuckerwerte waren auch nicht gerade berauschend: Der HbA1c-Wert lag bei der Aufnahme ins Krankenhaus bei 9,5 Prozent (80 mmol/mol), der Blutzucker betrug 284 mg/dl (15,8 mmol/l)!
Zahlen zum Diabetischen Fußsyndrom
Aktuelle Daten aus den USA zeigen: Nur bei ca. 50 Prozent der Betroffenen wird ein Diabetisches Fußsyndrom rechtzeitig entdeckt; nur ein Drittel dieser 50 Prozent wiederum wird angemessen behandelt! Außerdem kommen Diabetiker mit Diabetischem Fußsyndrom etwa zehnmal häufiger ins Krankenhaus; in den USA ist der Diabetes der Grund für 70 Prozent aller Amputationen.
Und in Deutschland werden – trotz regionaler Erfolge – bei Diabetikern noch immer etwa 40.000 Amputationen pro Jahr vorgenommen (von insgesamt jährlich etwa 65.000 Amputationen).
Etwa 1 Mio. Diabetiker haben prinzipiell ein erhöhtes Risiko
Ursache ist in den meisten Fällen eine Fußverletzung. Etwa 250.000 Diabetiker ziehen sich pro Jahr eine solche Verletzung zu, wobei schätzungsweise eine Million Patienten mit Diabetes prinzipiell ein erhöhtes Risiko für eine Fußverletzung und damit auch für eine Amputation haben.
Dieses Risiko nimmt mit dem Alter zu: Bei über 50-jährigen Patienten liegt es schon bei etwa 5 bis 10 Prozent. Grundsätzlich haben Menschen mit Diabetes, wenn man Alter und Geschlecht berücksichtigt, immer noch ein etwa 7- bis 8-fach höheres Risiko für eine Amputation als Nichtdiabetiker.
Oft sind die Schuhe zu klein
Obwohl vermeintlich harmlose Fußverletzungen oft die Ursache für eine Amputation sind, tragen laut Deutschem Fußreport vom 18. August 2010 (Quelle: Deutsches Schuhinstitut) 82 Prozent der untersuchten Personen Schuhe, die nicht ihrer eigentlichen Schuhgröße entsprechen. Nicht nur die Länge des Schuhs ist dabei wichtig, sondern auch Breite und Höhe – ansonsten sind Druckstellen die Folge.
Diabetiker mit einer Neuropathie (Nervenschädigung) empfinden diese Druckstellen an den Füßen häufig nicht als schmerzhaft – ein Geschwür ist so praktisch vorprogrammiert. Hier sollte also nicht an der falschen Stelle gespart werden!
Dass Diabetiker mit Fußproblemen von Podologen (medizinischen Fußpflegern) mitbetreut werden, ist heute unabdingbar. Podologen haben eine zweijährige Ausbildung mit staatlicher Prüfung hinter sich und verfügen über die nötige Fachkenntnis (siehe Podologengesetz vom 2.1.2002). Die klassische Fußpflege dient dagegen rein der Pflege des gesunden Fußes!
Nervenschädigung hat Folgen
Hauptursache für die Entstehung eines diabetischen Fußgeschwürs ist die Nervenschädigung (Neuropathie), die bei etwa 50 bis 60 Prozent aller Patienten isoliert vorliegt, also ohne zusätzliche Durchblutungsstörung. Durch die Neuropathie lässt das Schmerz-, Berührungs- und Temperaturempfinden nach, aber auch die Schweißproduktion am Fuß, was zu trockener Haut führt.
Gelegentlich kommt es auch zum Abbau der Muskulatur (z. B. der kleinen Fußmuskeln), wodurch schließlich Krallenzehen, aber auch andere Verformungen am Fuß entstehen und der Fuß falsch belastet wird.
Als Zeichen der Fehlbelastung finden sich Schwielen mit vermehrter Hornhaut im Vorfuß- und Ballenbereich, aber auch an der Ferse und an der Seite. Dort können sich ganz leicht Druckgeschwüre oder auch Blasen und Blutergüsse bilden, ohne dass der Patient dies bemerkt, weil eben der Schmerz als Warnsignal fehlt!
Wenn eine Durchblutungsstörung dazukommt …
Eineisolierte Durchblutungsstörung ohne Nervenschaden speziell bei Rauchern, aber auch bei Patienten mit schwerer Arteriosklerose, findet sich nur in etwa 20 Prozent der Fälle. Bei einem Drittel aller Patienten liegt eine Kombination aus Durchblutungsstörung und Nervenschaden vor. Häufig können Geschwüre durch die Durchblutungsstörung nicht abheilen, auch wenn sie richtig behandelt werden – denn wo kein Blut hinkommt, kann eine Wunde nicht heilen!
Deshalb muss in diesen Fällen zuerst die Durchblutungsstörung behandelt werden. Mit speziellen durchblutungsfördernden Maßnahmen (Medikamenten, Bypässen, Katheterbehandlungen) kann oft eine bessere Durchblutung erreicht werden. Ohne Durchblutungsstörung heilen Geschwüre bei konsequenter und rechtzeitiger Behandlung fast immer ab.
Teamarbeit und Screening
Wurden Patienten mit Diabetischem Fußsyndrom durch ein Team aus Diabetologe, Chirurg, Angiologe, etc. betreut, reduzierte sich nach einer englischen Studie die Amputationsrate in elf Jahren um 70 Prozent (Krishnan et al., Diabetes Care 2008). Diese Rate ließe sich sicherlich noch steigern – durch ein regelmäßiges Screening (Vorsorgeuntersuchung) auf einen Nervenschaden und eine Durchblutungsstörung (periphere arterielle Verschlusskrankheit, pAVK) und indem, besonders bei Älteren, Angehörige einbezogen werden.
Diagnose des Diabetischen Fußsyndroms
Der Hausarzt/Diabetologe kann durch eine einfache, rasche Untersuchung feststellen, ob es sich um einen Nervenschaden oder um eine Durchblutungsstörung handelt – oder ob beides vorliegt:
- Ist die Haut an den Füßen trocken? Ist sie warm? Gibt es vermehrt Hornhaut? Dies sind Hinweise auf einen Nervenschaden (Neuropathie).
- Ist die Haut kalt, feucht, weiß, bläulich? Hat der Patient Schmerzen beim Gehen? Dies spricht eher für eine Durchblutungsstörung (pAVK).
- Tasten der Fußpulse: Sind sie vorhanden, spricht das gegen eine Durchblutungsstörung und eher für einen Nervenschaden – umgekehrt stimmt dies nicht immer!
- Durch einfache Untersuchungen mittels Stimmgabel, Monofilament und einem Warm-Kalt-Element kann der Arzt feststellen, ob der Patient Vibrationen nicht mehr bemerkt, das Warm-Kalt-Empfinden herabgesetzt ist oder ob das Berührungsempfinden fehlt – all das spricht für eine Neuropathie!
Diese Untersuchungen können ergänzt werden durch apparative Maßnahmen:
- Die Doppler-Sonographie (Ultraschall/Flussmessung in der Arterie) erlaubt die rasche Messung der Durchblutung der Füße, ggf. ergänzt durch eine Duplexsonographie/Farbduplexsonographie beim Gefäßspezialisten (Angiologen).
- Selbstverständlich sollten Blutzuckerwerte, HbA1c-Werte, Gewicht und Bauchumfang aus dem Gesundheitspass Diabetes beachtet und weiterhin regelmäßig dokumentiert werden.
- Wenn das Warnsignal Schmerz fehlt
- Kümmern Sie sich um Ihre Füße!
- Eine Wunde am Fuß – und was nun?

Kontakt:
Internist/Angiologe/Diabetologe, Chefarzt Deegenbergklinik, Burgstraße 21, 97688 Bad Kissingen, Tel.: 09 71 / 8 21-0
sowie Chefarzt Diabetologie Klinik Saale (DRV-Bund), Pfaffstraße 10, 97688 Bad Kissingen, Tel.: 09 71 /8 5-01
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2012; 61 (9) Seite 24-27
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 6 Tagen, 7 Stunden
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina -
gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 1 Tag
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus-
darktear antwortete vor 1 Woche, 4 Tagen
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
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moira antwortete vor 1 Woche, 1 Tag
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
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hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 2 Tagen
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
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lena-schmidt antwortete vor 1 Woche, 4 Tagen
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
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connyhumboldt antwortete vor 6 Tagen, 2 Stunden
Besorge Dir Pflaster die über Tattoos geklebt werden, wenn die neu gestochen sind! Oder Sprühpflaster das Stomapatienten benutzen!
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Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig