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Eine schlechte Blutzuckereinstellung oder starke Blutzuckerschwankungen sind für viele Menschen oft unerklärlich: für Typ-1- wie für Typ-2-Diabetiker. Wir nennen Ursachen – und geben Tipps für Lösungsansätze.
Wenn der Blutzucker verrücktspielt: Damit sind nicht der gelegentlich erhöhte Blutzucker (Hyperglykämie) und der Unterzucker (Hypoglykämie) gemeint, die wohl viele Menschen mit Diabetes von Zeit zu Zeit erleben. Nein, hier geht es um die manchmal für die Betroffenen nicht kalkulierbaren Blutzuckerschwankungen, Blutzuckererhöhungen am Morgen (wie Dawn-Phänomen) und auch Blutzuckerentgleisungen.
Egal ob Sie einen Typ-1- oder einen Typ-2-Diabetes haben: Wir hoffen, dass Ihnen die vielen praktischen Hinweise im Alltag nützen mögen – und Sie vielleicht das eine oder andere unangenehme Erlebnis so verhindern können.
Der menschliche Organismus strebt danach, den Blutzucker unter allen Lebensumständen möglichst im Normbereich zu halten; dies ergibt sich vor allem aus der Tatsache, dass das Zentralnervensystem des Menschen (Gehirn, Nerven etc.) zur Energiegewinnung Glukose (Traubenzucker) verwendet. Kohlenhydrate und Fette (Lipide) sind die wichtigsten Energiequellen einer Zelle.
Das Gehirn bedient sich direkt aus dem strömenden Blut – es benötigt kein Insulin, um Glukose in die Zellen aufnehmen zu können. Das Gehirn braucht für seine Tätigkeit etwa 6 g Glukose pro Stunde, die vor allem aus den Vorräten der Leber kommen: Sie liefert 10 g Glukose pro Stunde. Eine normale Blutzuckerkonzentration ist neben Sauerstoff eines der existentiellen Dinge, die erst das Leben der Menschen ermöglichen.
Weithin bekannt ist, dass zu hohe Blutzuckerwerte (Hyperglykämien) für Diabetiker langfristig schädlich sind – aber nicht nur sie:
Studien (gerade Studien mit Typ-1-Diabetikern mit Insulinpumpe) haben gezeigt, dass gehäuft vorkommende starke Blutzuckerschwankungen mit Unter- und Überzuckerung Organen, die glukoseempfindlich sind, schaden können – wie der Netzhaut des Auges, in der Blutungen auftreten können.
Darüber hinaus scheint es ein „Glukose-Langzeit-Gedächtnis der Organe“ zu geben: Je früher der Blutzucker gut und gleichmäßig eingestellt ist, umso geringer ist das Risiko, dass Diabetes-Folgeerkrankungen entstehen. Das gilt für Typ-1- und Typ-2-Diabetiker – wie große Studien zeigten.
Gar nicht hoch genug einschätzen lässt sich das, was Menschen mit Diabetes – Typ 1, Typ 2, Kinder, Jugendliche, Erwachsene im berufstätigen Alter und ältere Menschen – tagtäglich leisten, um ihren Diabetes im Griff zu haben.
Bei Typ-1-Diabetikern sind ein hoher Langzeitwert (HbA1c) und ein Auf und Ab der Blutzuckerwerte häufig der Grund dafür, dass man genau suchen muss, wo die Ursachen dafür liegen – aber auch sehr niedrige HbA1c-Werte (also eine vermeintlich sehr gute Blutzuckereinstellung) mit häufigen Unterzuckerungen und mit der Gefahr der Entwicklung einer Hypoglykämie-Wahrnehmungsstörung müssen zu einer Ursachensuche führen.
Typ-1-Diabetes wird oft noch gleichgesetzt mit jugendlichem Diabetes – aber Typ-1-Diabetiker gibt es in allen Altersstufen. Durch die sich ändernden Lebensumstände beim Erwachsen- und Älterwerden und möglicherweise auch durch Folgeerkrankungen ist deshalb immer wieder eine Anpassung der Insulintherapie erforderlich.
Da Typ-1-Diabetiker unbedingt Insulin brauchen, ist es sehr wichtig, dass man die Probleme analysiert, die im Zusammenhang mit der Blutzuckereinstellung auftauchen. Denn so lassen sich am ehesten akute Probleme und chronische Folgeerkrankungen vermeiden – bei guter Lebensqualität.
Die akuten und die chronischen Folgen einer schlechten Diabeteseinstellung können die Lebensqualität von Typ-1-Diabetikern spürbar einschränken. Denken Sie an Unterzuckerungen oder gefährlich hohe Blutzuckerwerte mit Ketoazidose; denken Sie an Erkrankungen der Nieren, Nerven und der Netzhaut – oder denken Sie an schwere Hypoglykämien mit Krankenhauseinweisung.
Ursachen für eine schlechte Blutzuckereinstellung bzw. schwankende Blutzuckerwerte bei Typ-1-Diabetikern:
Beim Typ-2-Diabetes reden wir nur über einen relativen Insulinmangel: Hier ist die Blutzucker-Stoffwechsellage meist stabiler und gleichmäßiger – nicht selten aber insgesamt trotzdem nicht gut. Tabletten (orale Antidiabetika) mit Unterzuckerungsrisiko wurden über Jahrzehnte hinweg verordnet – bis heute mit dem negativen Nebeneffekt einer Gewichtszunahme.
Insulin wird oft immer noch zu spät in die Therapie eingeführt, aus Angst vor Unterzuckerungen und einer möglichen Gewichtszunahme. Die Studienergebnisse der letzten Jahre haben uns andererseits gezeigt, dass es notwendig ist, gerade bei älteren Typ-2-Diabetikern Unterzuckerungen zu vermeiden: Denn viele ältere Menschen haben mehrere Erkrankungen gleichzeitig, sind also multimorbid.
Jedoch ist es ebenso notwendig, eine weitere unerwünschte Gewichtszunahme durch die Therapie selbst zu vermeiden. Die inkretinbasierten neuen Therapien mit der zusätzlichen Möglichkeit der Insulingabe haben hier nicht geahnte, neue und sicherere Möglichkeiten der Therapie eröffnet. Trotzdem müssen auch ältere Typ-2-Diabetiker mit zunächst oft „unerklärlichen Blutzuckerschwankungen“ rechnen – und damit fertig werden.
Ursachen für eine schlechte Blutzuckereinstellung bzw. für schwankende Blutzuckerwerte bei Typ-2-Diabetikern:
von Dr. Gerhard-W. Schmeisl
Internist/Angiologe/Diabetologe, Chefarzt Deegenbergklinik sowie Chefarzt Diabetologie Klinik Saale (DRV-Bund)
Kontakt:
Deegenbergklinik, Burgstraße 21, 97688 Bad Kissingen, Tel.: 09 71/8 21-0
sowie Klinik Saale, Pfaffstraße 10, 97688 Bad Kissingen, Tel.: 09 71/8 5-01
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