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Entzündungen des Zahnfleischs (Gingivitis) oder des gesamten Zahnhalteapparats (Parodontitis) und auch Karies haben bei Menschen mit Diabetes häufig Folgen für die Allgemeingesundheit. Zum Erhalt gesunder Zähne und des gesunden Zahnfleischs ist die häusliche Mundhygiene zwar eine wichtige Voraussetzung, jedoch häufig nicht ausreichend.
Um zu verstehen, warum häusliche Mundhygiene häufig nicht ausreichend ist, müssen wir uns kurz mit dem Entstehen von Entzündungen des Zahnfleischs bzw. des Zahnhalteapparats sowie der Karies auseinandersetzen. Alle diese Erkrankungen sind die Folge von bakteriellen Belägen auf den Zähnen. Einer der wichtigsten Faktoren ist somit die tägliche Mundhygiene.
Falsche oder nicht ausreichende Reinigung der Mundhöhle führt häufig zur Bildung von mikrobiellen Biofilmen und Zahnstein, was Entzündungen des Zahnfleischs oder Karies zur Folge haben kann. Dies muss nicht zwangsläufig im gesamten Mundraum der Fall sein. Schon die nicht optimale Reinigung weniger schlecht erreichbarer Stellen kann lokal schwerwiegende Folgen haben. Befinden sich in diesem Belag säurebildende Bakterien, können diese über einen längeren Zeitraum aus den Kohlenhydraten der Nahrung Säuren bilden, die zu einer Zerstörung des Zahnschmelzes und damit zu Karies führen. Während die Karies häufig schon in jungen Jahren auftritt, beginnt die chronische Parodontitis meist erst ab dem vierten Lebensjahrzehnt. Die Ursachen hierfür sind vielfältig, wobei das Immunsystem, die Allgemeingesundheit, das Alter, Ernährungsgewohnheiten, Fehlstellungen der Zähne und Erkrankungen wie Diabetes eine große Rolle spielen. Eine Entzündung des Zahnfleischs, auch Gingivitis genannt, kann über Jahre ohne Beteiligung der Knochen beziehungsweise ohne Verlust des Zahnhalteapparats ablaufen und ist bei entsprechender Prophylaxe sowie korrekter Mundhygiene vollständig umkehrbar.
Gesellen sich weitere Risikofaktoren hinzu, z. B. Rauchen, Stress, schlechte Ernährungsgewohnheiten, Diabetes etc., kann dies zu einer Schwächung des Immunsystems führen. Dieses kann dann nicht mehr erfolgreich alle Bakterien abwehren. In der Folge löst sich das Zahnfleisch vom Zahn, sodass weitere Erreger eindringen können und sich auf der Wurzel-Oberfläche ein Biofilm festsetzen kann, in dem viele verschiedene Bakterien zu finden sind. Es entsteht eine Zahnfleischtasche. Der Zahn ist im Bereich der Zahnwurzel über ein Fasernetz elastisch am Knochen befestigt. Dieser Zahnhalteapparat ermöglicht es, die auf den Zahn wirkenden Kaukräfte gleichmäßig zu verteilen und abzubauen. Durch die Wechselwirkungen zwischen Biofilm und Immunsystem werden sowohl das stabilisierende Fasernetz als auch der umgebende Knochen unwiederbringlich zerstört, wodurch es zu Zahnlockerungen und Zahnverlust kommen kann. Dieser Prozess schreitet umso schneller fort, je tiefer die Zahnfleischtaschen werden, denn eine Säuberung einer tiefen Tasche ist durch häusliche Mundhygiene nicht möglich, weder mit einer Zahnbürste noch mit Mundspülungen. Hinzu kommt, dass der Biofilm im Lauf der Zeit immer widerstandsfähiger wird, sodass zum Entfernen Ultraschall-Instrumente oder Küretten aus Metall benutzt werden müssen. Zusammenfassend kann man sagen, dass die richtige häusliche Mundhygiene, zu welcher das Zähneputzen, die Interdentalhygiene und die Zungenreinigung gehören, ein essenzieller Pfeiler für eine gute Mundgesundheit ist.
Der Begriff “zahnmedizinische Prophylaxe” beinhaltet nicht nur die Zahnreinigung, sondern alle vorbeugenden Maßnahmen, die zum Verhindern von Erkrankungen der Mundhöhle beitragen. Dazu gehören regelmäßige Kontroll-Untersuchungen, Demonstration einer korrekten häuslichen Mundhygiene, Hinweise zur Ernährung und die professionelle Zahnreinigung. Diese besteht aus mehreren Schritten. Am Anfang steht das Erheben des Befunds, das Messen der Taschentiefen und die Kontrolle auf Blutungen, die das wichtigste Zeichen einer Entzündung sind. Auch das Messen des pH-Werts des Speichels kann sinnvoll sein, wenn ein erhöhtes Karies-Risiko besteht. Diese Befunde werden dokumentiert, um bei Veränderungen in Zusammenarbeit mit dem Zahnarzt gegebenenfalls die richtigen Therapieschritte einleiten zu können. Unterstützend sollten die Zähne angefärbt werden, um Beläge sichtbar zu machen. Dies ermöglicht zum einen der zahnärztlichen Prophylaxe-Assistentin, die Beläge zu erkennen und gründlich zu entfernen, und zum anderen, die häusliche Mundhygiene zu beurteilen. Viele Menschen neigen dazu, die Zahnreinigung aus Gewohnheit immer nach demselben Schema durchzuführen. Saubere Stellen sind dann häufig immer sauber, während vernachlässigte Stellen, vor allem in schwierig erreichbaren Regionen, immer Beläge enthalten. Genau diese Bereiche sind es aber, an denen Karies oder Entzündungen entstehen. Daher sollte anschließend gezeigt und auch geübt werden, wie diese schwierigen Stellen mit den eigenen Zahnpflege-Utensilien oder geeigneten Hilfsmitteln, wie Interdentalbürsten oder Zungenreinigern, zu Hause gereinigt werden können.
Anschließend werden die Plaques mit einem Pulverstrahlgerät entfernt. Die Pulver sind sehr fein und so beschaffen, dass sie Zahnschmelz, Wurzel und Zahnfleisch nicht schädigen können. Danach werden harte Beläge, wie Zahnstein und erreichbare Ablagerungen an den Zahnwurzeln, mit Ultraschallgeräten (siehe Bild unten) oder Küretten abgetragen. Der Erfolg wird mit einer Sonde kontrolliert. Erst wenn die Wurzel-Oberfläche glatt ist, sind alle Ablagerungen entfernt. Nach diesem Schritt erfolgt gegebenenfalls eine Oberflächenpolitur und ein Überprüfen der Reinigung. Alle angefärbten Stellen sollten nun sauber sein. Freiliegende und empfindliche Zahnhälse können jetzt mit einem Fluoridlack zum Schutz vor Karies versiegelt werden, gegebenenfalls können Lacke mit Chlorhexidin zum Unterdrücken von Bakterien und Hemmen von Entzündungen aufgetragen werden.
Eine Abschlussbesprechung dient der Erörterung weiterer Maßnahmen, falls notwendig. Sollten die Zahnfleischtaschen zu tief und die Entzündungen zu stark sein, um alle Ablagerungen zu erreichen oder schmerzfrei zu entfernen, kann eine Parodontitis-Therapie durch den Zahnarzt notwendig sein. Sind alle Parameter im klinischen Rahmen und eine professionelle Prophylaxe ausreichend, um das Ergebnis stabil zu halten, sollte ein geeigneter zeitlicher Turnus gefunden werden. Bei Menschen mit geringem Erkrankungsrisiko ist die Empfehlung, die Prophylaxe ein- bis zweimal jährlich durchzuführen. Sind Risiken wie Diabetes, Rauchen, Stress etc. oder schon diagnostizierte Schäden am Zahnhalteapparat bekannt, sollte die Prophylaxe drei- bis viermal jährlich durchgeführt werden.
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2023; 72 (4) Seite 20-21
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