- Behandlung
Zähne zu Hause und professionell pflegen
4 Minuten

Entzündungen des Zahnfleischs (Gingivitis) oder des gesamten Zahnhalteapparats (Parodontitis) und auch Karies haben bei Menschen mit Diabetes häufig Folgen für die Allgemeingesundheit. Zum Erhalt gesunder Zähne und des gesunden Zahnfleischs ist die häusliche Mundhygiene zwar eine wichtige Voraussetzung, jedoch häufig nicht ausreichend.
Um zu verstehen, warum häusliche Mundhygiene häufig nicht ausreichend ist, müssen wir uns kurz mit dem Entstehen von Entzündungen des Zahnfleischs bzw. des Zahnhalteapparats sowie der Karies auseinandersetzen. Alle diese Erkrankungen sind die Folge von bakteriellen Belägen auf den Zähnen. Einer der wichtigsten Faktoren ist somit die tägliche Mundhygiene.
Risiko Biofilm und Zahnstein
Falsche oder nicht ausreichende Reinigung der Mundhöhle führt häufig zur Bildung von mikrobiellen Biofilmen und Zahnstein, was Entzündungen des Zahnfleischs oder Karies zur Folge haben kann. Dies muss nicht zwangsläufig im gesamten Mundraum der Fall sein. Schon die nicht optimale Reinigung weniger schlecht erreichbarer Stellen kann lokal schwerwiegende Folgen haben. Befinden sich in diesem Belag säurebildende Bakterien, können diese über einen längeren Zeitraum aus den Kohlenhydraten der Nahrung Säuren bilden, die zu einer Zerstörung des Zahnschmelzes und damit zu Karies führen.
Während die Karies häufig schon in jungen Jahren auftritt, beginnt die chronische Parodontitis meist erst ab dem vierten Lebensjahrzehnt. Die Ursachen hierfür sind vielfältig, wobei das Immunsystem, die Allgemeingesundheit, das Alter, Ernährungsgewohnheiten, Fehlstellungen der Zähne und Erkrankungen wie Diabetes eine große Rolle spielen. Eine Entzündung des Zahnfleischs, auch Gingivitis genannt, kann über Jahre ohne Beteiligung der Knochen beziehungsweise ohne Verlust des Zahnhalteapparats ablaufen und ist bei entsprechender Prophylaxe sowie korrekter Mundhygiene vollständig umkehrbar.
Das Zahnfleisch löst sich vom Zahn
Gesellen sich weitere Risikofaktoren hinzu, z. B. Rauchen, Stress, schlechte Ernährungsgewohnheiten, Diabetes etc., kann dies zu einer Schwächung des Immunsystems führen. Dieses kann dann nicht mehr erfolgreich alle Bakterien abwehren. In der Folge löst sich das Zahnfleisch vom Zahn, sodass weitere Erreger eindringen können und sich auf der Wurzel-Oberfläche ein Biofilm festsetzen kann, in dem viele verschiedene Bakterien zu finden sind.
Es entsteht eine Zahnfleischtasche. Der Zahn ist im Bereich der Zahnwurzel über ein Fasernetz elastisch am Knochen befestigt. Dieser Zahnhalteapparat ermöglicht es, die auf den Zahn wirkenden Kaukräfte gleichmäßig zu verteilen und abzubauen. Durch die Wechselwirkungen zwischen Biofilm und Immunsystem werden sowohl das stabilisierende Fasernetz als auch der umgebende Knochen unwiederbringlich zerstört, wodurch es zu Zahnlockerungen und Zahnverlust kommen kann. Dieser Prozess schreitet umso schneller fort, je tiefer die Zahnfleischtaschen werden, denn eine Säuberung einer tiefen Tasche ist durch häusliche Mundhygiene nicht möglich, weder mit einer Zahnbürste noch mit Mundspülungen.
Hinzu kommt, dass der Biofilm im Lauf der Zeit immer widerstandsfähiger wird, sodass zum Entfernen Ultraschall-Instrumente oder Küretten aus Metall benutzt werden müssen. Zusammenfassend kann man sagen, dass die richtige häusliche Mundhygiene, zu welcher das Zähneputzen, die Interdentalhygiene und die Zungenreinigung gehören, ein essenzieller Pfeiler für eine gute Mundgesundheit ist.
Professionelle Prophylaxe
Der Begriff “zahnmedizinische Prophylaxe” beinhaltet nicht nur die Zahnreinigung, sondern alle vorbeugenden Maßnahmen, die zum Verhindern von Erkrankungen der Mundhöhle beitragen. Dazu gehören regelmäßige Kontroll-Untersuchungen, Demonstration einer korrekten häuslichen Mundhygiene, Hinweise zur Ernährung und die professionelle Zahnreinigung. Diese besteht aus mehreren Schritten. Am Anfang steht das Erheben des Befunds, das Messen der Taschentiefen und die Kontrolle auf Blutungen, die das wichtigste Zeichen einer Entzündung sind. Auch das Messen des pH-Werts des Speichels kann sinnvoll sein, wenn ein erhöhtes Karies-Risiko besteht.
Diese Befunde werden dokumentiert, um bei Veränderungen in Zusammenarbeit mit dem Zahnarzt gegebenenfalls die richtigen Therapieschritte einleiten zu können. Unterstützend sollten die Zähne angefärbt werden, um Beläge sichtbar zu machen. Dies ermöglicht zum einen der zahnärztlichen Prophylaxe-Assistentin, die Beläge zu erkennen und gründlich zu entfernen, und zum anderen, die häusliche Mundhygiene zu beurteilen. Viele Menschen neigen dazu, die Zahnreinigung aus Gewohnheit immer nach demselben Schema durchzuführen.
Saubere Stellen sind dann häufig immer sauber, während vernachlässigte Stellen, vor allem in schwierig erreichbaren Regionen, immer Beläge enthalten. Genau diese Bereiche sind es aber, an denen Karies oder Entzündungen entstehen. Daher sollte anschließend gezeigt und auch geübt werden, wie diese schwierigen Stellen mit den eigenen Zahnpflege-Utensilien oder geeigneten Hilfsmitteln, wie Interdentalbürsten oder Zungenreinigern, zu Hause gereinigt werden können.
Reinigen bis zur glatten Oberfläche
Anschließend werden die Plaques mit einem Pulverstrahlgerät entfernt. Die Pulver sind sehr fein und so beschaffen, dass sie Zahnschmelz, Wurzel und Zahnfleisch nicht schädigen können. Danach werden harte Beläge, wie Zahnstein und erreichbare Ablagerungen an den Zahnwurzeln, mit Ultraschallgeräten (siehe Bild unten) oder Küretten abgetragen. Der Erfolg wird mit einer Sonde kontrolliert. Erst wenn die Wurzel-Oberfläche glatt ist, sind alle Ablagerungen entfernt.
Nach diesem Schritt erfolgt gegebenenfalls eine Oberflächenpolitur und ein Überprüfen der Reinigung. Alle angefärbten Stellen sollten nun sauber sein. Freiliegende und empfindliche Zahnhälse können jetzt mit einem Fluoridlack zum Schutz vor Karies versiegelt werden, gegebenenfalls können Lacke mit Chlorhexidin zum Unterdrücken von Bakterien und Hemmen von Entzündungen aufgetragen werden.
Eine Abschlussbesprechung dient der Erörterung weiterer Maßnahmen, falls notwendig. Sollten die Zahnfleischtaschen zu tief und die Entzündungen zu stark sein, um alle Ablagerungen zu erreichen oder schmerzfrei zu entfernen, kann eine Parodontitis-Therapie durch den Zahnarzt notwendig sein. Sind alle Parameter im klinischen Rahmen und eine professionelle Prophylaxe ausreichend, um das Ergebnis stabil zu halten, sollte ein geeigneter zeitlicher Turnus gefunden werden.
Bei Menschen mit geringem Erkrankungsrisiko ist die Empfehlung, die Prophylaxe ein- bis zweimal jährlich durchzuführen. Sind Risiken wie Diabetes, Rauchen, Stress etc. oder schon diagnostizierte Schäden am Zahnhalteapparat bekannt, sollte die Prophylaxe drei- bis viermal jährlich durchgeführt werden.
Schwerpunkt: „Gesund im Mund bei Diabetes“
- Diabetes und der Mund
- Zähne zu Hause und professionell pflegen
- Zahnersatz nach dem Vorbild der Natur
- Gerade bei Diabetes wichtig: Gute Pflege, gesunder Mund!
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2023; 72 (4) Seite 20-21
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tako111 postete ein Update vor 2 Tagen, 20 Stunden
Fussschmerzen lassen leider keine Aktivitäten zu!
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nina33 postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Diabetes Typ 3c vor 2 Tagen, 23 Stunden
Hallo guten Abend ☺️
Ich heiße Nina, bin 33j jung und Mama von drei zauberhaften Mädels.
Und vor kurzem bekam ich die Diagnose Diabetes Typ 3c. Nach 5 Jahren – 11 Bauchspeicheldrüsen Entzündungen und schwangerschaftsdiabetes 2024, hat meine Drüse nun fast aufgegeben.. Ich bin irgendwie froh diese Schmerzen nicht mehr zu haben, aber merke wie schwer der Alltag wird. denn hinzukommt noch dass ich alleinerziehend bin.
Aktuell komme ich überhaupt nicht klar mit der ganzen Situation, täglich habe ich hunderte Fragen die niemand beantworten kann. Dass ist mehr als verrückt.
Wie habt ihr euch gefühlt in dem Moment als es diagnostiziert wurde?Ich freue mich sehr auf einen netten Austausch und eure Erfahrung.
Liebe Grüße, schönen Abend
Nina 🙂-
wolfgang65 antwortete vor 2 Tagen, 8 Stunden
Willkommen Nina, …
da hast du ja sich schon einiges hinter Dir. Wie schaut es bei Dir mit Mutterkindkur aus, auch in hinblick einer Diabetesschulung. Hast du guten Diabetologen, Teilnahme DMP, Spritzt du selber oder Pumpe, auch hier gibt es viele Fragen. Wie sieht es mit Selbsthilfegruppen bei Euch aus. …
Oder Forum? Gerade am Anfang, wo noch alles neu ist, – ist es schon eine tägliche Herausforderung, – da kann es hilfreich sein kleine Ziele sich zu setzen. Dabei finde ich die Aktzeptanz am wichtigsten, oder auch sich selber spritzen zu müssen, oder das Weg
lassen bzw. bändigen des Naschen … etc. Kleine Schritte …Viele Fragen bekommst du auch in eine Diabetes-Schulung beantwortet,
falls noch nicht gemacht, spreche das bei Deinem Diabetologen an!Über weiteren Austausch bin ich auch erfreut, schildere ruhig deine Bausstellen, … doch letztendlich sollte Dein Arzt das beurteilen.
LG
Wolfgang
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swalt postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Dia-Newbies vor 4 Tagen, 4 Stunden
Hallo zusammen. Ich möchte mich erst einmal vorstellen. Ich bin “noch” 59 Jahre, und habe wahrscheinlich seit 2019 Diabetes. Ich würde mir wünschen, endlich angekommen zu sein. Wahrscheinlich seit 2019, weil ich in einem Arztbrief an meinen damaligen Hausarzt zufällig auf den Satz: “Diabetes bereits diagnostiziert” gestoßen bin. Ich habe meinen Hausarzt dann darauf angesprochen und wurde mit “ist nicht schlimm” beschwichtigt.
Lange Rede. Ich habe einen neuen Hausarzt und einen sehr netten Diabetologen, bei dem ich jetzt seit 4 Jahren in Behandlung bin. Ich vertrage die orale Therapie nicht und spritze ICT. Dennoch bin ich in diesem Thema immer noch absoluter Neuling. Natürlich habe ich viermal im Jahr ein Gespräch mit meinem Diabetologen. Das hilft aber im täglichen Umgang nicht wirklich. Auch die anfangs verordnete Schulung war doch sehr oberflächlich und das war es. Ich kenne nicht die Möglichkeiten, die mir zustehen. Ich habe mir alles, was ich zu wissen glaube aus Büchern angelesen. Irgendwie fühle ich mich allein gelassen, irgendwie durchgerutscht. Ich kenne niemanden in meinem Bekanntenkreis, der Diabetes hat und die nächste Selbsthilfegruppe ist über 50 km entfernt.
Und so bin ich jetzt hier gelandet. Ich möchte wissen, wie ihr das handhabt, damit ich verstehe, was ich richtig mache und was falsch. Damit ich weiß, dass ich nicht allein damit lebe.-
lena-schmidt antwortete vor 3 Tagen, 7 Stunden
Hallo Dia-Newbie 🙂 Schön, dass du den Weg zum Diabetes Anker gefunden hast. Ich bin Lena, die Community-Managerin hier und bis sich ein paar Community-Mitglieder bei dir melden, kannst du die Zeit vielleicht mit diesem Artikel überbrücken (https://diabetes-anker.de/behandlung/behandlung-des-diabetes-diese-buecher-und-materialien-helfen-weiter/). Vielleicht findest du noch wichtige Infos für dich, um deinen Alltag zu vereinfachen. 🙂 Ansonsten findest du beim Diabetes-Anker auch fundiertes Wissen zum Thema ICT von Expert:innen aber auch von Menschen mit Diabetes…Viele Grüße Lena
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