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Die Sonne scheint, es steht kein fester Termin an, der Schrittzähler ruft… eigentlich eine perfekte Gelegenheit, die Laufschuhe zu schnüren. Doch Moment – da ist noch Insulin an Bord, das Frühstück gerade mal zwei Stunden her. Es wäre zu riskant, jetzt schon laufen zu gehen. Ich könnte unterzuckern, müsste vielleicht tonnenweise Traubenzucker in mich hineinschaufeln. Also warte ich lieber noch ein bisschen, bis der Diabetes grünes Licht für Sport gibt. Dummerweise haben sich bis dann häufig Regenwolken am Himmel aufgetürmt und das Telefon klingelt in einer Tour. Doch kein Sport. An solchen Tagen ist der Schuldige ganz einfach zu identifizieren: Der blöde Diabetes ist es, der mir einen Strich durch die Rechnung macht und mich am Sporteln hindert.
Meist gelingt es mir trotzdem, ein ordentliches wöchentliches Sportpensum durchzuziehen. Dabei kommt mir natürlich auch meine Arbeit als Freiberuflerin zugute – wenn Glukosewerte, Wetterlage und Termindichte zwei Stunden später doch halbwegs zueinander passen, kann ich ebenso gut mit einer Sporteinheit starten. Laufen, Schwimmen, Radfahren, Fitnessstudio – und einmal die Woche Standard-Latein-Tanzen mit meinem Mann Christoph. Wenn man wie ich seine Zeit relativ frei einteilen kann, kann ich auch beim Sport eher um die Mucken meines Diabetes herumnavigieren. Ich weiß diese Freiheit sehr zu schätzen.
Doch diesen Sommer war in Sachen Sport irgendwie der Wurm drin. Dabei hatte ich mir nach meinem sportlichen Superjahr 2018, in dem ich meine bisherige Bestzeit in der Triathlon-Volksdistanz geschafft und auch meinen ersten Halbmarathon gefinisht hatte, doch so viel vorgenommen! Ich wollte im Juli beim Hamburger Triathlon erstmals in der Olympischen Distanz (1,5 km Schwimmen, 40 km Radfahren, 10 km Laufen) starten. Und Anfang September erstmals in der Volksdistanz (0,5 km Schwimmen, 20 km Radfahren, 5 km Laufen) den Norderstedter Tribüne-Triathlon ausprobieren. Dass das alles nicht so recht geklappt hat, lag ausnahmsweise überhaupt nicht an meinem Diabetes. Der hatte dieselben sozialverträglichen Launen wie sonst auch: „Heute hätte ich gern einen Spritz-Ess-Abstand von zehn Minuten gehabt, morgen dafür bitteschön eine halbe Stunde – aber dann auch mit einem höheren Faktor beim Frühstück.“ Ihr kennt das.
Doch dann lief es im Frühjahr bei Christoph im Unternehmen nicht mehr rund. Irgendwann war klar, dass seine Abteilung geschlossen wird und dass es für ihn schon sehr bald keinen Platz im Unternehmen mehr geben wird. Kein schönes Gefühl für ihn – aber auch nicht für mich. Ich wollte ihm Mut machen und ihn bei der Suche nach einem neuen Job unterstützen. Wir bekochten einander mit Trost-Menüs – schließlich sind wir nicht von ungefähr Erfinder des Hashtags #Kochunlust. Wir verbrachten viele Abende mit einer Flasche Rotwein auf dem Sofa, redeten und spielten verschiedene Zukunftsszenarien durch, anstatt mit den Rennrädern auf dem Deich. Figurfreundlich war das alles nicht. Wir beide futterten uns etliche der 2018 mit eiserner Disziplin abgespeckten Kilos wieder an. Mein Schweinehund kehrte ohne Vorwarnung aus seinem Sabbatjahr zurück und verführte mich dazu, immer mehr Trainingseinheiten auf die lange Bank zu schieben. Doch ohne Training erreicht man leider keine sportlichen Ziele. Beim Hamburger Triathlon startete ich statt in der Olympischen Distanz deshalb nur in der bewährten Volksdistanz. Den zweiten Triathlon schwänzte ich sogar ganz: Ich hatte schlicht keine Lust.
Zum Glück hat Christoph seit 1. September einen neuen Job, der ihn sehr reizt und in den er seine geballte Expertise perfekt einbringen kann. Das Stimmungsbarometer im Hause Thiel steigt also wieder. Und damit kreisen unsere Gedanken auch mal wieder um andere Dinge als den schnöden Broterwerb. Um Sport zum Beispiel! Wir haben uns fest vorgenommen, nun wieder regelmäßiges Training in unseren Alltag zu integrieren. Und ich habe mal wieder festgestellt: Beim Sport ist der Diabetes zwar oft spontan ein Spielverderber, doch andere Krisen können einen noch viel mehr ins Motivationsloch führen. Haken dran und auf ein Neues!
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