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In der Makadi-Bucht am Roten Meer in Ägypten zeigt sich Tauchern eine atemberaubende Unterwasserwelt der Fische und farbenfrohen Korallen. Bei 28 °C Wassertemperatur und strahlend blauem Himmel steht einem faszinierenden Tauch-Event eigentlich nichts im Wege – wenn da nicht der Diabetes wäre!?
Schwimmen, Walken, Laufen oder Radfahren: Regelmäßige körperliche Aktivität hält uns körperlich und geistig fit – erst recht bei Diabetes! – Nicht nur Diabetiker sind mitunter müde und vielleicht auch genervt vom ständigen Schrei nach Fitness. Gerade junge Menschen können den für sie oft monotonen Ausdauersportarten wenig abgewinnen. Downhillfahren, ungebremster Bikespaß, Klettern oder Bouldern unter extremen Bedingungen, Gerätetauchen, Fallschirmspringen, Drachenfliegen oder Paragliding: Fun-, Trend- und Extremsportarten begeistern die Menschen zunehmend. No risk, no fun lautet das Motto für viele Freizeitsportler.
Nicht erst seit den Erfolgen der britischen Ruderlegende Sir Steven Redgrave, fünffacher olympischer Goldmedaillengewinner, und dem olympischen Triumph im Gewichtheben von Matthias Steiner 2008 in Peking wissen wir, dass der Diabetes sportlichen Höchstleistungen nicht im Wege steht. Leistungssportler bewegen sich dabei aber wie eben auch Extremsportler nicht selten am physischen und psychischen Limit. Was geht mit Diabetes? Wo liegen die Grenzen?
Antworten auf diese Fragen finden Sie in unserem aktuellen Themenschwerpunkt Sport am Limit?!
“Vor meiner Diabetesdiagnose war ich es gewohnt, immer Vollgas zu geben – ohne Rücksicht auf meinen Körper zu leben”, sagt Martin Noël Lampe, der seit Januar 2013 an einer Sonderform des Typ-1-Diabetes erkrankt ist, dem LADA (Latent Autoimmune Diabetes in Adults). An das regelmäßige Insulinspritzen hat sich Martin Noël Lampe rasch gewöhnt.
Eine ganz wichtige Erfahrung hat der begeisterte Extrem- und Vielsportler allerdings auch schnell machen müssen – ob beim Golf- oder Tennisspielen, Fliegenfischen, Snowboarden, Downhillfahren oder Tauchen im Roten Meer: Sein Diabetes fordert eine entsprechende Vorbereitung, diabetes- und sportartenspezifische Erfahrungen, ein optimales Equipment und vor allem regelmäßige Blutzuckerkontrollen.
“Gleich im ersten Jahr meiner Diabetesdiagnose traf mich auf einer Delphin-Schnorcheltour eine Unterzuckerung völlig unvorbereitet”, blickt Martin Noël Lampe selbstkritisch auf das für ihn einschneidende Diabetes-Erlebnis zurück. 100 Meter vom Tauchboot entfernt auf dem offenen Roten Meer bei hohem Wellengang war es letztlich seiner aufmerksamen Ehefrau zu verdanken, dass zum Glück nichts passierte.
Wer Lampe zuhört, weiß schnell, dass ihm eine Unterzuckerung auf dem offenen Meer nicht noch einmal passieren wird. Lampe hat sich seither intensiv mit dem Thema Diabetes und Extremsport auseinandergesetzt, insbesondere mit dem Tauchsport. Gemeinsam mit seinem Freund Hans-Jürgen Schaal-Jarolin, einem Tauchlehrer, und mit Unterstützung von Medizinern und Tauchschulen plant er demnächst sogar Tauchtouren für Diabetiker in der Makadi-Bucht.
Bis 1995 bestand noch ein weltweites generelles Tauchverbot für Diabetiker, das zum Glück aufgehoben worden ist. Grundsätzlich ist jeder approbierte Arzt berechtigt, die Tauchtauglichkeit zu bescheinigen. Detaillierte Empfehlungen zur Tauchtauglichkeit von Diabetikern hat das Divers Alert Network (DAN) erstellt, eine internationale Vereinigung zur Verbesserung der Tauchsicherheit (Info-Kasten).
Neben den allgemeinen Risiken des Tauchens durch den erhöhten Umgebungsdruck mit vielfältigen Auswirkungen auf den Organismus steht für Diabetiker das Risiko einer Unterzuckerung beim Tauchgang eindeutig im Vordergrund. Zudem wird die Taucherdiurese (eine vermehrte Urinproduktion unter dem Einfluss verschiedener Hormone) durch das Einhalten eines Sicherheitsblutzuckers oberhalb der Nierenschwelle noch verstärkt.
Zum Vermeiden von Unterzuckerungen sollte der Blutzucker vor jedem Tauchgang mindestens 150 mg/dl (8,3 mmol/l) betragen, der Blutzuckertrend darf dabei nicht fallend sein. Wegen der gesteigerten Diurese ist auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr zu achten. Die Einnahme von Glukose-Gel (z. B. Jubin) unter Wasser muss natürlich trainiert werden.
Das Fazit: Tauchen im Roten Meer oder Fallschirmspringen – Extremsportarten mit Diabetes sind möglich, setzen aber umfassende ärztliche Voruntersuchungen, persönliche Erfahrung und ein intensives Diabetesmanagement voraus.
Typ-1-Diabetiker können im Grunde jegliche Sportart, auch als Wettkampf- oder Leistungssport, ausüben.Allerdings sind Sportarten, bei denen das Risiko von Bewusstseinsstörungen/eingeschränkter Urteilsfähigkeit infolge evtl. Hypoglykämien erhöht ist, eher ungeeignet: z. B. Tauchen, Fallschirmspringen, Extrem-Klettern, Skitouren in großer Höhe, Wildwasser-Kanufahren oder Drachenfliegen. Falls sie dennoch durchgeführt werden, erfordern sie große persönliche Erfahrung, besonders sorgfältiges Verhalten, individuelle Planung und eine intensive Schulung.
(K. Esefeld et al: Diabetes, Sport und Bewegung. Praxisempfehlungen der Deutschen Diabetes Gesellschaft. Oktober 2015)
von Dr. Meinolf Behrens
Diabetologe DDG,
Facharzt für Sportmedizin und Ernährungsmedizin,
Diabeteszentrum Minden,
Bismarckstraße 43, 32427 Minden,
Telefon 0571-840999,
E-Mail: mb@diabetes-minden.de
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Internet: www.diabetes-minden.de
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2016; 65 (6) Seite 67-69
5 Minuten
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