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Sehr viele Kinder und Jugendliche mit Typ-1-Diabetes nutzen mittlerweile eine Insulinpumpe. In der Pumpe programmiert wird die Basalrate, mit der der Grundbedarf an Insulin abgedeckt wird. Wie wird die individuell passende Basalrate ermittelt? Das erklärt Dr. Nicolin Datz.
Die Insulinpumpentherapie stellt eine Alternative zur intensivierten Spritzentherapie in der Behandlung des Typ-1-Diabetes mellitus dar. In Deutschland wurden nach Angaben des Deutschen Gesundheitsberichtes Diabetes im Jahr 2016 53 Prozent aller Kinder mit Typ-1-Diabetes in Deutschland mit einer Pumpe behandelt. Die Tendenz ist steigend. Bei den unter fünfjährigen Kindern liegt der Anteil sogar bei 91,6 Prozent.
Bei der Insulinpumpentherapie wird nur ein Insulin (meistens Analoginsulin, ggf. auch Normalinsulin) verwendet, das von der Pumpe über einen Katheter in das subkutane Fettgewebe gelangt. Der Katheter wird alle zwei Tage selbstständig durch den Nutzer im Unterhautfettgewebe von Bein, Gesäß oder Bauch platziert. Obwohl nur ein Insulin verwendet wird, unterscheidet man auch bei der Pumpentherapie zwischen Basal-, Mahlzeiten- und Korrekturinsulin.
Das von der Spritzentherapie als Basalinsulin bekannte Insulin wird in der Insulinpumpe als „Basalrate“ programmiert. Das Mahlzeiten- sowie das Korrekturinsulin wird über Knopfdruck manuell durch den Nutzer selbst bedarfsgerecht abgegeben. Die Programmierung der Basalrate erfolgt in stündlichen Schritten, so dass eine genau definierte Insulinmenge abgegeben wird, was eine sehr individuelle Anpassung möglich macht. Die Anpassung und Überprüfung der Basalrate erfolgt durch den Diabetologen.
Jugendliche, deren hoher Insulinbedarf in den frühen Morgenstunden mit den üblichen Basalinsulinen oft nicht ausreichend abzudecken ist, profitieren sehr von der individuellen Dosiermöglichkeit, Sportler können ihre Basalrate bedarfsorientiert für ihre Sporteinheiten absenken und der sehr niedrige Insulinbedarf von Kleinkindern ist durch die Insulinpumpe sehr fein zu dosieren, um nur einige Beispiele zu nennen.
Die Menge des Basalinsulins ist – wie bei der Spritzentherapie auch – abhängig vom Körpergewicht, der Diabetesdauer und der Entwicklungsphase (z. B. Pubertät). Die Basalrate sollte bei Kindern und Jugendlichen ca. 30 bis 40 Prozent der Tagesgesamtmenge betragen. Die erforderliche Menge an Insulin legt normalerweise der Arzt fest. Im Tagesverlauf ist der physiologische Insulinbedarf in den frühen Morgenstunden sehr hoch, fällt zum Mittag hin ab und steigt dann zum Abend hin noch einmal etwas an, bevor der Abfall zu Nacht folgt.
Dieses Profil ist altersabhängig noch etwas unterschiedlich. Kleinkinder haben z. B. in der ersten Nachthälfte oft noch einen höheren Insulinbedarf, während Jugendliche in der Pubertät morgens sehr viel Insulin benötigen. Mit Hilfe von Tabellen (Basalratenschieber), die diese altersabhängigen Schwankungen berücksichtigen, erfolgt die Programmierung der Basalrate pro Stunde. Nach Eingabe dieser „Standardbasalrate“ erfolgt eine Feinabstimmung durch Basalratentests (Fastentests).
Das Basalinsulin ist das Insulin, das der Körper unabhängig von der Nahrungszufuhr benötigt, da die Leber auch im Ruhezustand Glukose produziert. Da die Basalrate dem Basalinsulin entspricht, kann während Phasen ohne Aufnahme von Kohlenhydraten (also Fasten) eine Überprüfung der Basalrate erfolgen.
Praktisch sieht dies so aus: An drei unterschiedlichen Tagen werden jeweils eine Hauptmahlzeit und die folgende Zwischenmahlzeit ausgelassen bzw. durch kohlenhydratfreie Lebensmittel (Gemüse, Suppe) ersetzt und die Blutzucker stündlich über vier bis sechs Stunden gemessen. Konkret bedeutet dies:
Bis ca. 12 Uhr keine Aufnahme von Kohlenhydraten (kein erstes und kein zweites Frühstück); stündliche Messungen der Blutzuckerwerte von 7 bis 12 Uhr.
Letzte Mahlzeit ist das zweite Frühstück (maximal 2 KE) gegen 10 Uhr. Bis 18 Uhr keine Aufnahme von Kohlenhydraten (kein Mittagessen und kein Nachmittagssnack); stündliche Messungen der Blutzuckerwerte von 12 bis 18 Uhr.
Letzte Mahlzeit ist ein Nachmittagssnack (maximal 2 KE) um 15 Uhr. Bis 22 Uhr keine Aufnahme von Kohlenhydraten; stündliche Messungen der Blutzuckerwerte von 17 Uhr 22 Uhr.
Zwischen 22 bis 6 Uhr morgens alle zwei Stunden den Blutzucker messen.
Vor dem Test ist Folgendes zu beachten:
Nach dem Test ist zu beachten:
Sollte es gegen Ende des Testes zu hohen Blutzuckerwerten kommen, ist dringend eine Ketonmessung im Blut erforderlich.
Der Verlauf des Blutzuckers bestimmt das weitere Vorgehen.
Möglichkeit 1 Der Blutzucker ist während des Testes stabil, d. h. die Glukosewerte zeigen keinen eindeutigen Abfall und keinen Anstieg. Schlussfolgerung: Die Basalrate muss nicht verändert werden.
Möglichkeit 2 Der Blutzucker steigt an. Schlussfolgerung: Die Basalrate sollte erhöht werden.
Möglichkeit 3 Der Blutzucker fällt ab. Schlussfolgerung: Die Basalrate sollte reduziert werden.
WICHTIG: Die Entscheidung über die Veränderung der Basalrate sollte immer zusammen mit einem Arzt getroffen werden.
Die Durchführung eines Basalratentestes dient in der Phase der Neueinstellung der Ermittlung des individuellen und korrekten Basalinsulinbedarfs. Das bedeutet, dass bei der Umstellung von der Spritzentherapie auf die Insulinpumpentherapie in der Regel Basalratentests durchgeführt werden. Im weiteren Verlauf gibt es keine pauschalen Empfehlungen dazu.
Die folgenden Situationen geben Hinweise auf eine möglicherweise falsche Basalrateneinstellung, so dass in Absprache mit dem Arzt ggf. erneute Basalratentests durchgeführt werden sollten:
Die Ergebnisse des Basalratentests/Fastentests sollten dann mit dem Diabetologen diskutiert und die Änderungen gemeinsam vorgenommen werden.
von Dr. med. Nicolin Datz
Oberärztin Pädiatrie III und Diabeteszentrum für Kinder und Jugendliche “Auf der Bult”,
Janusz-Korczak-Allee 12, 30173 Hannover,
E-Mail: datz@hka.de
Erschienen in: Diabetes-Eltern-Journal, 2018; 10 (3) Seite 24-26
5 Minuten
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