Corona-Virus: auch Diabetes-Auslöser?

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Corona-Virus: auch Diabetes-Auslöser?

Dass Viruserkrankungen mit der Entstehung des Typ-1-Diabetes in Zusammenhang stehen, ist nicht neu. Aktuelle Beobachtungen weisen nun auf einen möglichen Zusammenhang zwischen dem Corona-Virus und einer Zunahme von Typ-1-Diabetes bei Kindern hin. Professor Thomas Danne fasst die Diskussion zusammen.

Ein erster Hinweis für die Möglichkeit eines ursächlichen Zusammenhanges zwischen Virusinfektionen und Diabetesmanifestationen war die Beobachtung, dass Typ-1-Diabetes gehäuft im Herbst und Winter auftritt und immer wieder örtliche und zeitliche Häufungen von Diabetesmanifestationen vorkommen.

Bis heute wurden insgesamt 13 verschiedene Viren mit der Entstehung des Typ-1-Diabetes in Verbindung gebracht, bei Menschen insbesondere Entero-, (besonders Coxsackie-), Mumps-, Röteln-, Zytomegalie-, Varizellen-, Poliomyelitis-, Hepatitis-A- und Influenzaviren. Dazu muss man jetzt vielleicht auch das SARS-CoV-2-Virus zählen, worauf Beobachtungen aus Deutschland und den USA hinweisen.

Mehr Kinderdiabetes in der Pandemie?

Die Arbeitsgruppe von Professor Holl aus Ulm, die Daten aus Deutschland, Österreich und Luxemburg im DPV-Register auswertet, fand zunächst beruhigende Ergebnisse, als sie keinen Effekt direkt nach dem ersten Lockdown im Frühjahr des Jahres 2020 fand.
Eine im Januar 2021 veröffentlichte erweiterte Analyse, die die erwarteten Typ-1-Diabetes-Neuerkrankungen vom 1. Januar 2020 bis zum 30. Juni 2021 im Vergleich zu den Daten aus den Jahren 2011 bis 2019 untersuchte, zeigte jedoch einen Anstieg der Typ-1-Diabetes-Zahlen um etwa drei Monate nach dem Höhepunkt der Pandemie.

Ähnliche Daten berichtete das Center of Disease Control in den USA kürzlich über die Analyse aus zwei großen Datenbanken, die zeigen, dass das Risiko, an Diabetes zu erkranken, bei Kindern unter 18 Jahren innerhalb von 30 Tagen nach einer Infektion mit SARS-CoV-2 um 31 % bzw. 116 % anstieg, ohne dass bei dieser Auswertung zwischen Typ-1-Diabetes und Typ-2-Diabetes unterschieden werden kann.

Wie könnte COVID-19 Diabetes auslösen?

Es werden gegenwärtig drei mögliche Wege erörtert, wie SARS-CoV-2 mit dem Auftreten von Typ-1-Diabetes in Verbindung gebracht werden könnte: erstens, das Corona-Virus als direkte Ursache von Typ-1-Diabetes durch direkte virusbedingte Schädigung der insulinproduzierenden Betazellen, zweitens, als Beschleuniger eines bereits laufenden Immunprozesses, der die insulinproduzierenden Zellen letztlich zerstört oder schließlich als letzte Stufe der schubweise verlaufenden Diabetesentstehung, wenn Betazellen nur noch grenzwertig ausreichend Insulin produzieren, und im Rahmen einer Viruserkrankung mit Fieber das klinische Bild mit Gewichtsabnahme, viel Durst und hohen Zuckerwerten ausgelöst wird.

Verschiebung der jahreszeitlichen Verteilung durch COVID-19

Länderübergreifende Analysen zeigen eine Verzögerung der Typ-1-Diagnose im Zusammenhang mit dem Lockdown. Somit scheint der vorübergehende Anstieg der Fälle im Jahr 2020 eher auf die Unterbrechung des Zugangs zur Gesundheitsversorgung während des COVID-19-Lockdowns als auf eine (möglicherweise unbemerkte) Virusinfektion zurückzuführen zu sein.

Zudem könnten COVID-assoziierte Hygienemaßnahmen und soziale Distanzierung allgemeine Virusinfektionen im Winter/Frühjahr zusätzlich reduziert haben, wodurch die Auswirkungen viraler Auslöser für den Ausbruch von Typ-1-Diabetes bei den potenziell empfänglichen Menschen verringert wurden. Dadurch kann es zu einer Verschiebung des Häufigkeitsgipfels von Neuerkrankungen von der kalten Jahreszeit in den Sommer gekommen sein. Und dies könnte letztendlich eine Corona-bedingte Steigerung von Erkrankungszahlen vortäuschen. Diese Diskussionen zeigen, wie wichtig es ist, den Verlauf der Pandemie längerfristig zu beobachten und bei frühen Beobachtungen eines lokalen Anstiegs der Zahl der Typ-1-Diabetes-Manifestationen, die möglicherweise nur eine saisonale Verschiebung widerspiegeln, Vorsicht walten zu lassen.

Corona-Impfung kann keinen Typ-1-Diabetes auslösen

Ein weiterer Aspekt, der in Zukunft berücksichtigt werden muss, ist der mögliche Einfluss von Corona-Impfungen in Schul- und Jugendpopulationen. Allerdings ist hier von einem schützenden Effekt der Corona-Impfung auszugehen, nicht zuletzt deshalb, weil keine lebenden Viren verimpft werden. Die Impfung reduziert bekanntlich das Risiko für eine Erkrankung erheblich und verringert die Schwere der Erkrankung nachweisbar, wenn man trotz Impfung erkrankt. Sollte es also einen geringfügigen Zusammenhang zwischen dem Corona-Virus und einer Typ-1-Diabetes-Entstehung geben, wäre auch dafür eine Corona-Impfung von Kindern eine wichtige Maßnahme.

Und andere Impfungen?

Auch schon vor der Corona-Impfdiskussion wurde immer wieder die mögliche Gefahr einer Diabetesentstehung durch eine Impfung (z. B. Mumps) diskutiert. Inzwischen liegen gute epidemiologische Daten vor, die keinen Hinweis für eine Verbindung zwischen Impfungen und Typ-1-Diabetes ergeben haben. So zeigte sich kein Zusammenhang zwischen Impfungen und dem Auftreten diabetesassoziierter Antikörper bei erstgradig verwandten Kindern von Menschen mit Typ-1-Diabetes. Auch für die neueren Impfungen bzw. Abweichungen vom empfohlenen Zeitpunkt im Impfkalender fanden sich keine Hinweise auf einen Zusammenhang mit einem erhöhten Risiko für Typ-1-Diabetes.

Diabetes und Impfungen
Auf der Website des Robert Koch-Instituts gibt es eine offizielle Stellungnahme – erreichbar auf rki.de über die Suchworte Diabeteserkrankung Impfen.

Autor:

Prof. Dr. med. Thomas Danne
Kinderdiabetologe
Zentrum für Kinder- und Jugend­medizin „Auf der Bult“
Janusz-Korczak-Allee 12
30173 Hannover
E-Mail: danne@hka.de

Erschienen in: Diabetes-Eltern-Journal, 2022; 13 (1) Seite 6-7

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  • insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 1 Woche

    Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 2 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

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    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 4 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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