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Das Privileg Schwangerschaft – Teil 1
4 Minuten
Die Krönung der Liebe
Vor meiner Diabetes-Diagnose mit Anfang zwanzig hatte ich eine fast pathetische Vorstellung von einer Schwangerschaft. Ich verstand eine Schwangerschaft alleine als die Krönung der Liebe.
Alles, was ich von Schwangerschaften als Jungspund im Grunde mitbekam, war, dass Frauen sich verliebt monatelang die Bäuche streichelten und dann zu (temporären) Hausfrauen und Muttertieren mutierten.
Natürlich war ich aufgeklärt, aber im Grunde wusste ich nur, wie Kinder entstehen und wie man verhütet. Damals hatte ich noch keine Ahnung, dass es bei über 34 Prozent der kinderlosen Paare mit dem „Schwangerwerden“ nicht klappt und diese „Krönung der Liebe“ sich zu einer wahren Tortur und einem „Liebestöter“ entwickeln kann. (Quelle: Institut für Demoskopie Allensbach)

Die Ansprache
Wie wir wissen, können Komplikationen in Schwangerschaften auch mit dem Lebensalter der Mutter korrelieren. Dennoch sind die wenigsten unter uns im „biologisch idealen Schwangerschafts-Alter“ von 20 bereit, Kinder zu bekommen.
Als ich mit 30 Jahren das „durchschnittliche gebärfähige Alter“ durchbrach, wurde ich offen von meiner Diabetologin auf mögliche Schwangerschaftspläne angesprochen.
Das Gespräch mit meiner Diabetologin war sehr eindringlich. Meine Diabetologin rief mich zur Schwangerschaftsplanung auf. Mein HbA1c lag damals bei ~8%. Bei einer Schwangerschaft mit Diabetes solle das HbA1c über mindestens ein Quartal hinweg stabil bei ~7% liegen.
Bereits während der aktiven Schwangerschaftsplanung würde meine Diabetologin beginnen, eine Insulinpumpe und einen Glukose-Sensor für mich zu beantragen. Damit die Genehmigung sich nicht verzögere, solle ich im Vorfeld über mindestens drei Monate hinweg ordentlich Tagebuch führen.
Ich war damals ein ausgemachter Pumpengegner und von Glukose-Sensoren hatte ich überhaupt keine Ahnung. Die Vorstellung, über die Schwangerschaft und Stillzeit hinweg mit Kathetern etc. behaftet zu sein, machte mir Angst.
Ich hatte noch keine Ahnung, wie dringend ich die Gerätschaften in meiner Schwangerschaft benötigen würde. Ich ahnte nicht, wie vielen Blutzuckerschwankungen ich während der Schwangerschaft tatsächlich von Beginn an ausgesetzt wäre, und vor allem, wie exorbitant mein Insulinbedarf im Schwangerschaftsverlauf ansteigen sollte.

Außerdem sollte es mir unbeschreiblich viel Kummer bereiten, dass alle gesunden Menschen um mich herum – inklusive des Kindesvaters – mich als „Typ-1-Mutter“ für jede mögliche Komplikation verantwortlich machen würden.
Die „Katze im Sack“
Um Ostern 2014 herum – ich war mittlerweile 32 Jahre alt –, wurde ich von meinem Freund offensiv gefragt, wo sich unsere Beziehung hin entwickelt und ob ich mit meinem Diabetes gesunde Kinder bekommen könnte?
Es gab Zeiten, da hatte ich die klassische Wunschvorstellung von einem romantischen Heiratsantrag, bevor ich mit einer solchen Frage „liebestrunken“ konfrontiert werden würde. Stattdessen erklärte meine große Liebe mir, dass er unbedingt Kinder haben wollte, aber keinesfalls eine „Katze im Sack“ heiratet.
Jahrelang versteckte ich meinen Diabetes im Berufsleben und jetzt stieß ich auch noch privat auf Vorurteile. Mein Gefühlschaos und der Stich ins Herz waren unbeschreiblich.
Ich wollte auch Kinder, nur wann, wusste ich damals eigentlich noch nicht. Nun verspürte ich den Druck zu beweisen, dass ich sehr wohl gesunde Kinder gebären kann wie jede andere Frau auch. Die Vorstellung, jemanden, den ich liebe, zu verlieren, nur weil ich Diabetes habe, versetzte mich in Panik.
Heute weiß ich, wie irrsinnig das alles klingt. Doch manchmal ist man so in seiner Gefühlswelt gefangen, dass man es nicht schafft, über den „Tellerrand“ hinauszuschauen.

Die Vorbereitungen
Ich machte sofort einen Termin bei meiner Diabetologin aus und diese unterzog mich erstmal verschiedenen Tests, die Diabetikerinnen vor Schwangerschaftsbeginn machen sollten. Dabei wurden meine Nieren und meine Netzhaut auf bereits bestehende Folgeschäden untersucht. Auch die Schilddrüse wurde auf eine mögliche Über- oder Unterfunktion getestet.
Anscheinend können sich diese Folgekrankheiten – genauso wie Bluthochdruck – in der Schwangerschaft noch verschlechtern. Solche Problematiken können Fehl- und Frühgeburten verursachen, weshalb zuckerkranke Frauen hier besonders gut aufpassen müssen.
Wie viele andere Frauen, die schwanger werden wollen, begann ich vorab mit der Einnahme von Tabletten mit Folsäure und Jod. Eine gute Versorgung mit Folsäure bis zum Abschluss des dritten Schwangerschaftsmonats soll das Risiko für einen „offenen Rücken“ beim Kind reduzieren.
Am schwersten fiel es mir, mein Blutzuckertagebuch rückwirkend auf drei Monate bei der Krankenkasse einzureichen, um die Insulinpumpe und den Glukose-Sensor zu beantragen.
Ich sollte später mit Schwangerschaftsbeginn innerhalb von drei Tagen nach „Kundtuung“ alle Gerätschaften von den entsprechenden Außendienstmitarbeitern ausgehändigt bekommen.
Meine Diabetologin leitete das damals alles für mich mit Nachdruck in die Wege. Obwohl ich nie dauerhaft schlechte Werte hatte, war ich von Beginn an tief beeindruckt, wie stark die Blutzuckerwerte sich durch die Pumpe verbessern ließen. Bis heute frage ich mich, warum das nicht einfach jedem Diabetiker angeboten wird.
In Teil 2 von Vivis Reihe „Das Privileg Schwangerschaft“ geht es um die erste Zeit mit Insulinpumpe und Glukose-Sensor und Blutzuckerschwankungen während der Schwangerschaft: Das Privileg Schwangerschaft – Teil 2
In Teil 3 von Vivis Reihe „Das Privileg Schwangerschaft“ geht es um die ersten Monate nach der Geburt und ihre Teilnahme an verschiedenen Studien zur Diabetes-Früherkennung: Das Privileg Schwangerschaft – Teil 3
Im 4. und letzten Teil von Vivis Reihe „Das Privileg Schwangerschaft“ geht es um ihre Erfahrungen beim Stillen und sie zieht ein Fazit ihrer beiden Schwangerschaften mit den 10 wichtigsten Fakten: Das Privileg Schwangerschaft – Teil 4
Auch in Friederikes Artikel „Diabetische Lebensphasen“ geht es um Gedanken über eine mögliche Schwangerschaft mit Typ-1-Diabetes.
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 6 Tagen, 17 Stunden
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina -
gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 1 Tag
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus-
darktear antwortete vor 1 Woche, 5 Tagen
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
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moira antwortete vor 1 Woche, 1 Tag
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
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hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 2 Tagen
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
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lena-schmidt antwortete vor 1 Woche, 4 Tagen
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
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connyhumboldt antwortete vor 6 Tagen, 12 Stunden
Besorge Dir Pflaster die über Tattoos geklebt werden, wenn die neu gestochen sind! Oder Sprühpflaster das Stomapatienten benutzen!
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Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig