- Eltern und Kind
Diabetes und Pubertät
4 Minuten
Wenn die Hormone ins Spiel kommen, ändert sich vieles. Welchen Einfluss die Pubertät auf die Diabeteseinstellung hat und welche Sorgen unbegründet sind, erklärt Dr. Nicolin Datz. Und sie gibt Tipps, wie Eltern und Kinder diese Zeit gemeinsam gut meistern können. Gut zu wissen: Nach der Pubertät beruhigt sich die Stoffwechsellage wieder.
Was heißt eigentlich Pubertät? Schlägt man in einem medizinischen Wörterbuch nach, findet man folgende Erklärung: „Pubertät wird der Lebensabschnitt genannt, in dem die Geschlechtsreifung stattfindet und im weiteren Verlauf der ausgewachsene fortpflanzungsfähige Körper entsteht“.
Hormonell gesehen kommt es in der Pubertät zur Ausschüttung von Geschlechtshormonen: Bei den Mädchen ist dies das Östrogen, bei den Jungen das Testosteron. Diese führen zu Veränderungen des menschlichen Körpers: zur Entwicklung der inneren und äußeren Geschlechtsorgane.
So wirken die Hormone
Diese Hormone haben neben ihren geschlechtstypischen Eigenschaften jedoch weitere Auswirkungen: Sie setzen die Insulinwirkung herab. Dies bedeutet, dass in der Pubertät verhältnismäßig MEHR Insulin notwendig ist, um eine gute Stoffwechsellage zu erreichen. Hinzu kommt, dass die Hormone Östrogen und Testosteron in sehr schwankender Konzentration im Körper kreisen und ihre Wirkung somit nicht vorhersehbar ist – folglich kommt es zu stärker schwankenden Blutzuckerwerten.
Neben den Geschlechtshormonen wird in der Pubertät ein weiteres Hormon vermehrt ausgeschüttet: das Wachstumshormon. Es ist verantwortlich für den Wachstumsschub in dieser Phase des Lebens. Daneben führt es jedoch auch zu einer Herabsetzung der Insulinwirkung. Das Wachstumshormon wird regulär frühmorgens ausgeschüttet und führt somit zu erhöhten Blutzuckerwerten beim Aufstehen, dies nennt man auch Dawn-Phänomen (= Sonnenaufgangs-Phänomen). Dieses Problem beklagen viele Jugendliche, wenn sie in der Pubertät sind.
Ein weiterer Faktor, der hier erschwerend hinzukommt, ist, dass das Wachstumshormon pulsatil (d. h. nicht regelmäßig, sondern schwankend) ausgeschüttet wird. Die Blutzuckerwerte schwanken also und sind nicht regelmäßig jeden Morgen erhöht. Die Phase des stärksten Wachstums und somit der stärksten Sekretion von Wachstumshormon liegt bei Jungen etwa im Alter von 14 Jahren, während Mädchen im Jahr vor der ersten Regelblutung ihren Wachstumsspurt haben. In diesen Phasen sind dann auch die Insulindosen zur Nacht entsprechend anzupassen.
Basalinsulin dosieren – eine Herausforderung
Die Dosierung des Basalinsulins zur Nacht wird somit zu einer Herausforderung. Oft muss auf ein anderes, länger wirkendes Insulin ausgewichen werden, das dann insbesondere die hohen Morgenwerte abfangen kann. Bei Kindern mit Insulinpumpentherapie muss in diesem Fall die Basalrate in den frühen Morgenstunden entsprechend erhöht werden.
Durch die genannten hormonellen Einflüsse steigt der Insulinbedarf in der Pubertät deutlich an: von vorher ca. 1 IE/kg/Körpergewicht pro Tag auf ca. 1,2 – 1,5 Einheiten/kg Körpergewicht/Tag.
Es ist also für die Jugendlichen aufgrund der hormonellen Situation nicht einfach, in der Pubertät einen guten HbA1c -Wert zu erreichen. Nach Abschluss der Pubertät kann das Insulin wieder reduziert werden, da die Stoffwechsellage sich beruhigt.
- Regelmäßige und engmaschige Vorstellungen beim zuständigen Diabetologen, um die Insulindosierung zu überprüfen und anzupassen.
- Regeln und Grenzen setzen, um den Drang nach Freiheit und zunehmender Selbständigkeit einerseits zu unterstützen, andererseits aber nicht unkontrolliert zu lassen.
- Schulungsmöglichkeiten der Jugendlichen durch das Diabetesteam wahrnehmen
Viele Eltern und auch Jugendliche machen sich Gedanken darüber, ob sich Kinder mit Diabetes genauso entwickeln wie Kinder ohne Diabetes. Viele fragen, ob es z. B. zu einem verminderten Wachstum oder zu einer fehlerhaften Pubertätsentwicklung kommt. Hier ist festzuhalten, dass es bei Kindern mit Diabetes zu einem verzögerten Eintritt der Pubertätsentwicklung kommen kann, sie sich im weiteren Verlauf jedoch völlig normal entwickeln.
Wachstumsverzögerungen hingegen treten bei Kindern mit Diabetes nur auf, wenn die Stoffwechsellage über einen langen Zeitraum schlecht eingestellt ist und der Körper durch Insulinmangel unterversorgt ist.
Neben der hormonellen Problematik ist auch die psychosoziale Komponente nicht zu vernachlässigen. Pubertierende Jugendliche streben nach Unabhängigkeit und wollen erwachsen sein. Es kommt zu einer Gratwanderung zwischen „Wie erwachsen WILL ich sein?“ und „Wie erwachsen BIN ich?“; oder auch „Was WILL ich selbst machen?“ und „Was KANN ich selbst machen?“. Freunde sind für die Jugendlichen unheimlich wichtig und sie möchten ihre Zeit mit ihnen verbringen.
Wunsch nach mehr Freiheit
Bei Kindern mit Diabetes bedeutet das: Sie haben keine Lust mehr, immer wieder nach den Blutzuckerwerten gefragt zu werden, sie wollen nicht ans Messen und Spritzen erinnert werden, sie wollen nicht „brav“ abends mit den Eltern zu Hause essen. Was sie wollen ist: Den Diabetes alleine managen, mit ihren Freunden chillen wie alle anderen auch, Pizza und Burger essen, nicht immer bevormundet werden.
Es ist jetzt wichtig, ihnen auf der einen Seite die Freiheit und Verantwortung teilweise zu übertragen, ihnen aber auch nach wie vor bestimmte Regeln und Grenzen zu setzen, damit die Insulintherapie nicht vernachlässigt wird. Zunehmend sollte auch die Integration des Diabetes in den zukünftigen, zunehmend erwachsenenähnlichen Alltag eine Rolle spielen: Beruf und Diabetes, Führerschein und Diabetes sind Themen, die besprochen werden müssen.
Im Rahmen der zunehmenden Selbstständigkeit im Therapiemanagement ist auch die Thematisierung diabetesbedingter Folgeerkrankungen wichtig. Bisher sind sie wahrscheinlich nur wenig damit konfrontiert worden.
All diese Themen sind nicht nur durch die Eltern zu leisten, sondern sollten auch im Rahmen der Schulung der Jugendlichen durch das Diabetesteam unterstützt werden. Es gibt ein Jugendschulungsprogramm für Jugendliche mit Diabetes, das speziell für diese Altersklasse konzipiert worden ist und allen Jugendlichen bei der Bewältigung der pubertären Hürden helfen soll.
Die Pubertät ist die Phase der Geschlechtsreifung.Die Geschlechtshormone führen neben der geschlechtlichen Entwicklung zu einer Herabsetzung der Insulinwirkung. Auch das Wachstumshormon wird in der Pubertät vermehrt ausgeschüttet. Die morgendliche Freisetzung dieses Hormons führt zu hohen Blutzuckerwerten beim Aufstehen.
In der Pubertät sind höhere Insulinmengen notwendig und es kommt zu starken Schwankungen der Blutzuckerwerte. Psychologische Komponenten, wie der Wunsch nach zunehmender Selbstständigkeit und Unabhängigkeit, erschweren eine gute Sotffwechseleinstellung
von Dr. med. Nicolin Datz, Hannover
Oberärztin Pädiatrie III, Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Krankenhaus „Auf der Bult“
Kontakt:
Janusz-Korczak-Allee 12, 30173 Hannover, E-Mail: datz@hka.de
Erschienen in: Diabetes-Eltern-Journal, 2014; 7 (1) Seite 22-23
Diabetes-Anker-Newsletter
Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.
Ähnliche Beiträge
- Leben mit Diabetes
Insulencerin Nina Joachim: Offen sein und Mut machen
11 Minuten
- Aktuelles
Druckfrisch: die Themen im Diabetes-Anker 11/2025
4 Minuten
Diabetes-Anker-Newsletter
Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.
Über uns
Geschichten, Gemeinschaft, Gesundheit: Der Diabetes-Anker ist das neue Angebot für alle Menschen mit Diabetes – live, gedruckt und digital. Der Diabetes-Anker und die Community sind immer da, wo du sie brauchst. Für alle Höhen und Tiefen.
Community-Frage
Mit wem redest du
über deinen Diabetes?
Die Antworten werden anonymisiert gesammelt und sind nicht mit dir oder deinem Profil verbunden. Achte darauf, dass deine Antwort auch keine Personenbezogenen Daten enthält.
Werde Teil unserer Community
Community-Feed
-
insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 1 Woche
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina -
gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 2 Tagen
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus-
darktear antwortete vor 1 Woche, 5 Tagen
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
-
moira antwortete vor 1 Woche, 1 Tag
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
-
-
hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 3 Tagen
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
-
lena-schmidt antwortete vor 1 Woche, 5 Tagen
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
-
connyhumboldt antwortete vor 6 Tagen, 21 Stunden
Besorge Dir Pflaster die über Tattoos geklebt werden, wenn die neu gestochen sind! Oder Sprühpflaster das Stomapatienten benutzen!
-


Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig