5 Minuten
Für pädagogische Fachkräfte in Kindergarten und Schule hat der Patientenverband Diabetiker Baden-Württemberg e.V. (DBW) eine Schulung entwickelt, in der Kenntnisse über den Typ-1-Diabetes und seine Behandlung vermittelt werden. Ein wichtiges Thema in den zweieinhalb- bis drei Stunden sind haftungs- und schulrechtliche Aspekte. Die Fortbildungen finden jeweils im Kindergarten oder der Schule des betroffenen Kindes statt. Mehr über „DIAschulisch – Mit Diabetes in Kita und Schule“ erzählt Projektleiter Reiner Hub vom DBW im Interview.
Die Referenten von DIAschulisch kommen nach Terminvereinbarung in die Kindertagesstätte oder in die Schule und informieren unter Mitwirkung der Eltern über Typ-1-Diabetes und seine Behandlung, gehen auf haftungs- und schulrechtliche Fragen ein und geben Tipps für den Alltag mit Diabetes in Kindergarten oder Schule. Die ersten Fortbildungen wurden im Jahr 2016 durchgeführt. Unterstützt wird das Fortbildungsprojekt von der Krankenversicherung IKK classic. Wie kam es dazu, dass die Diabetiker Baden-Württemberg das Projekt übernommen haben? Was zeigen die Erfahrungen aus den ersten Schulungen?
Projektleiter Reiner Hub (links) mit drei Lehrerinnen und einem Lehrer einer Grundschule in Kernen (Remstal), die an einer DIAschulisch-Fortbildung teilgenommen haben.
Reiner Hub: Die Vorgeschichte: Ich war 35 Jahre als Typ-1-Diabetiker im Schuldienst tätig und habe das Leben des Diabetikers sowohl aus der Sicht des Betroffenen als auch aus der Sicht des Lehrers erlebt. In meiner langjährigen Tätigkeit als ehrenamtlicher Sozialreferent für DBW Diabetiker Baden-Württemberg habe ich auch viele Gespräche mit Eltern geführt, wie ihre Kinder im Kindergarten oder in der Schule betreut werden (können). Vor vielen Jahren habe ich auch schon auf Wunsch einer Nachbarin in der Grundschule meines Wohnorts eine solche Schulung durchgeführt.
Reiner Hub: Der letzte Anstoß kam vor zwei Jahren. Damals wurde ich auf ein Fortbildungsprojekt für Lehrer aufmerksam. Auf meinen Wunsch hin hat unser Verband dieses ein Jahr lang erprobt. Unserer Ansicht nach musste dieses Projekt jedoch erheblich verbessert werden. U. a.: Die Fortbildungen fanden nur an wenige zentralen Orten statt, was zu sehr geringer geführt hat (Wer geht auf Vorrat zu einer Fortbildung, die nichts mit dem eigentlichen Unterrichtsstoff zu tun hat, wenn es nicht einen konkreten Anlass gibt?); fehlende Inhalte zum Schulrecht, Kindergärten wurden nicht angesprochen, obwohl dort die Probleme noch viel größer sind; die betroffenen Kinder bzw. deren Eltern sind bei solchen Veranstaltungen nicht eingeplant; usw. In Jürgen Müller und Stefanie Wohlfahrt von der IKK classic haben wir zwei Partner gefunden, die voll hinter unseren Ideen zur Verbesserung stehen.
Reiner Hub: Unsere Verbesserungen sind im Einzelnen: Die Fortbildung findet in der Schule oder im Kindergarten des betroffenen Kindes statt. So hat keine Lehrkraft und keine Erzieherin eine Anreise. Alle Personen, die das Kind betreuen, können anwesend sein. Die Eltern haben die Möglichkeit, nach dem allgemeinen Teil der Fortbildung die besonderen Bedürfnisse ihres Kindes und die Gerätschaften wie Pen, Pumpe und Blutzuckermessgerät zu erläutern, falls das noch nicht vorher geschehen ist. Dies ist bei den bisher durchgeführten Fortbildungen auch sehr positiv aufgenommen worden.
Reiner Hub: Hauptbestandteil der Präsentation ist und bleibt natürlich das unbedingt nötige medizinische Wissen über Diabetes. Einen weiteren Schwerpunkt bilden schul- und haftungsrechtliche Aspekte, die etwa 15 Prozent der ganzen Fortbildung ausmachen. Gezielt sprechen wir im Zusammenhang mit der Medikamentengabe oder der Behandlung von Unterzuckerungen Fragen zur Haftung an.
Reiner Hub: Hierzu gehören zum einen wesentliche Inhalte zweier Regelwerke des baden-württembergischen Kultusministeriums zur Medikamentengabe durch Lehrer sowie über Nachteilsausgleiche. Außerdem wird ausführlich diskutiert, ob Lehrkräfte oder Kindergartenpersonal für Fehler haftbar gemacht werden können. Zur Schule gehören aber auch Fragestellungen wie:
Reiner Hub: Abhängig von den Beiträgen der Eltern dauert eine Fortbildung im Kindergarten etwa zweieinhalb Stunden, in der Schule drei Stunden. Dies entspricht auch den Vorgaben aus der Verwaltungsvorschrift unseres Kultusministeriums.
Reiner Hub: Wir haben inzwischen etwa 25 Personen in das Fortbildungsprogramm eingewiesen. Fast alle sind an Kinderkliniken tätige Diabetesberaterinnen.
Reiner Hub: Ganz klar: Nein! Uns liegt jedes Kind mit Diabetes am Herzen.
Reiner Hub: Diese Möglichkeit besteht natürlich, weil niemand zur Mithilfe gezwungen werden kann. Aus dem Feedback, das wir uns nach der Fortbildung geben lassen, geht aber klar hervor, dass jede fortgebildete Person das Kind unterstützen will.
Reiner Hub: Unser Projekt läuft jetzt erst richtig an. Von Januar bis April 2017 wurden 13 Schulungen durchgeführt oder fest terminiert; für 21 weitere Schulungen liegen Anfragen vor. Damit haben wir in kurzer Zeit viel mehr Personen erreicht als mit den zentralen Fortbildungen in 2015, die im Durchschnitt von jeweils weniger als zehn Personen besucht worden sind.
Informationen gibt es auch bei der
Geschäftsstelle DBW Diabetiker Baden-Württemberg e.V., Karlstr. 49a, 76133 Karlsruhe, Tel.: 0721/6807864-0, Fax: 0721/6807864-9, E-Mail: info@diabetiker-bw.de
, Internet: www.diabetiker-bw.de
Reiner Hub: Wir erhalten zunächst für die ersten zwei Jahre erhebliche finanzielle Unterstützung, ohne die ein solches Projekt für einen Verein wie uns nicht zu stemmen wäre. Dazu gehören die Kosten für die Ausbildung der Fortbildungskräfte, Reisekosten und Honorar für die Fortbildungskräfte, usw. Unsere Ansprechpartner, Herr Müller und Frau Wohlfahrt, sind im Marketing der IKK classic tätig. Sie konnten uns, die wir wenig Erfahrung mit der Presse haben, sehr viele wichtige Tipps zur Gestaltung einer Pressemitteilung geben. Aber auch viele weitere Ideen zur Öffentlichkeitsarbeit haben wir von beiden erhalten. Mit dazu gehört auch ein kurzes Video, das auf die Notwendigkeit einer Wissensvermittlung über Diabetes bei Kindern und Jugendlichen aufmerksam machen soll.
Reiner Hub: Schon in der Vergangenheit hatte ich gute Kontakte zum Kultusministerium. Daraus resultiert letztendlich auch, dass das Ministerium vor vier Jahren die oben genannte Verwaltungsvorschrift zur Medikamentengabe (hier nimmt der Diabetes mehr als die Hälfte des Raums ein!) erarbeitet hat. Die Teilnahme an unserer Fortbildung wurde vom Ministerium allen Schulen in einem Newsletter empfohlen. Wir selbst haben die regionalen Schulämter direkt informiert. Ähnliches gilt für die Unterstützung, die wir vom Städtetag und vom Gemeindetag sowie von den Landeskirchen für die Information der Kindergartenträger erhalten haben.
Interview: Nicole Finkenauer
10 Minuten
5 Minuten
Geschichten, Gemeinschaft, Gesundheit: Der Diabetes-Anker ist das neue Angebot für alle Menschen mit Diabetes – live, gedruckt und digital. Der Diabetes-Anker und die Community sind immer da, wo du sie brauchst. Für alle Höhen und Tiefen.
Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.
Beliebte Themen
Ernährung
Aus der Community
Push-Benachrichtigungen