Ketoazidose im Kleinkindalter wirkt sich auf die Hirnentwicklung aus

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Ketoazidose im Kleinkindalter wirkt sich auf die Hirnentwicklung aus

Wird ein Typ-1-Diabetes zu spät diagnostiziert, kann es durch Insulinmangel zu einer diabetischen Ketoazidose (DKA) kommen. Neue Studienergebnisse zeigen nun, dass sich diese akute lebensbedrohliche Stoffwechselentgleisung auf die Hirnentwicklung bei Kleinkindern auswirken kann. Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) unterstreicht daher die Notwendigkeit von Aufklärung, früher Diagnose und guter Versorgung.

Eine diabetische Ketoazidose (DKA) ist eine akute Stoffwechselentgleisung, die durch Insulinmangel hervorgerufen wird und die potentiell lebensbedrohlich sein kann. In einer Studie, deren Ergebnisse im Fachmagazin „Diabetes Care“ veröffentlicht wurden, hat ein US-amerikanisches Forscherteam unter Federführung von Dr. Tandy Aye von der Stanford University nun herausgefunden, dass eine schwere DKA bei Kindern zu kognitiven Einschränkungen führen kann.

Eingeschränkte Aufmerksamkeitsleistung nach schwerer DKA

Die Forscher haben Daten von 144 Kindern mit Typ-1-Diabetes im Alter von vier bis zehn Jahren untersucht. Von diesen Kindern haben die Forscher zu Studienbeginn und nach 18 Monaten einen Hirnscan und kognitive Tests gemacht und die Ergebnisse verglichen. Dabei zeigte sich ein Zusammenhang zwischen der Schwere der DKA, dem Gehirnwachstum und den kognitiven Leistungen. Zuvor gab es nur wenige wissenschaftliche Hinweise darauf, inwiefern sich die Stoffwechselentgleisung im Kleinkindalter auf die Gehirnentwicklung von Kindern mit Typ-1-Diabetes auswirkt.

„Eine mittelschwere bis schwere Stoffwechselentgleisung wirkt sich bei den Betroffenen negativ auf die Aufmerksamkeitsleistung aus – im Vergleich zur Gruppe der Kinder, die keine oder nur eine milde DKA hatten“, fasst Professor Dr. med. Andreas Neu, Vizepräsident der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG), die Ergebnisse zusammen. „Diese Erkenntnis ist alarmierend. Denn mehr als jedes fünfte Kind kommt bei Diabetesmanifestation mit einer Ketoazidose ins Krankenhaus, in rund sechs Prozent der Fälle liegt bereits eine schwere DKA vor.“

Ersten Symptome erkennen – mehr Aufklärung notwendig

„Die Studie zeigt, dass gerade im Kleinkindalter ein starker Insulinmangel und die dadurch bedingte Übersäuerung im Blut Folgen auf die Gehirnentwicklung und auf die Lern- und Konzentrationsfähigkeit haben kann“, ergänzt Privatdozent Dr. med. Thomas Kapellen aus Leipzig, Vorsitzender der „Arbeitsgemeinschaft Pädiatrische Diabetologie“ der DDG. Umso wichtiger sei es, die individuelle Diabetesschulung für Kinder und Eltern noch mehr im Blick zu haben: „Um eine DKA zu vermeiden, müssen Eltern die ersten Symptome erkennen können. Auch hier brauchen wir mehr Aufklärung.“

Neben vermehrtem Durst, starkem Harndrang, Gewichtsabnahme, Übelkeit und Erbrechen gehören auch eine beschleunigte Atmung sowie Azetongeruch der Atemluft zu den ersten Anzeichen einer DKA. Da es im weiteren Verlauf zu Muskelschwäche, Bewusstseinsstörungen oder einem diabetischen Koma kommen kann, gehören betroffene Kinder sofort in eine notärztliche Betreuung.

„Insbesondere während der jetzigen Corona-Zeit können klassische Symptome wie beschleunigte Atmung fehlgedeutet und für einen Atemwegsinfekt gehalten werden“, warnt Kapellen. „Hier kann wertvolle Zeit verstreichen bis die tatsächliche Ursache feststeht.“

Ketoazidose-Rate hat sich wärend des Corona-Lockdowns verdoppelt

So hat kürzlich eine im Fachmagazin JAMA erschienene Publikation deutscher Wissenschaftler gezeigt, dass sich hierzulande die Rate einer Ketoazidose bei Diabetesmanifestation von Kindern und Jugendlichen während des Corona-Lockdowns verdoppelt hat. Kleinkinder waren besonders betroffen. „In dieser Zeit bekam fast jedes zweite Kind eine verspätete Diagnose“, resümiert Professor Dr. med. Reinhard Holl, Mitautor der Studie und Koordinator des DPV-Registers.

Neben Fehlinterpretationen der Symptomatik durch Eltern oder Ärzte lasse sich dies auch auf die Angst vor der Ansteckung mit COVID-19 in Arztpraxen und Kliniken zurückführen. Der DDG-Experte aus Ulm warnt deshalb davor, dass eine weitere Welle zu einer ähnlichen Situation führt und fordert Eltern und alle, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, dazu auf, erste Warnsignale ernst zu nehmen und gegebenenfalls umgehend einen Kinderarzt oder eine Kinderklinik aufzusuchen.

Auf der bevorstehenden JA-PED am 5. November 2020, der gemeinsamen Online-Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft Pädiatrische Diabetologie (AGPD) und der Deutschen Gesellschaft für Kinderdiabetologie und Endokrinologie (DGKED), werden daher auch diese neuen Erkenntnisse ein wichtiges Thema sein.


Quelle: Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) | Redaktion

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