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Systeme zur Automatischen Insulindosierung (AID) können das Stoffwechsel-Management und den Alltag verbessern und vereinfachen. Doch wie sieht es in außergewöhnlichen Situationen aus, etwa wenn Kinder einer heftigen Erkältung oder einem Magen-Darm-Infekt bekommen? Mit den richtigen Anpassungen können AID-Systeme auch bei akuter Krankheit eine große Entlastung sein und die Glukosewerte stabilisieren. Diabetes-Beraterin Sarah Biester erklärt, worauf zu achten ist.
Die Automatische Insulindosierung (AID) ist eine enorme Unterstützung bei der Behandlung des Typ-1-Diabetes. Ein AID-System ist eine Kombination aus Glukosesensor, Insulinpumpe und einem Algorithmus, der die Insulinabgabe steuert, wahlweise über eine App oder ein anderes Gerät. Basierend auf einer Prognose für die nächsten 20 bis 30 Minuten wird alle 5 bis 10 Minuten die Insulinabgabe an den aktuellen Glukosewert angepasst.
Durch diese individuelle Insulinabgabe werden Glukoseschwankungen minimiert und Unterzuckerungen oft vermieden oder abgemildert. Die Systeme reagieren schnell und zuverlässig auf Glukoseveränderungen und entlasten die Kinder und Jugendlichen. In vielen Alltagssituationen ist ein AID- System eine große Unterstützung. Die Glukosewerte bleiben vermehrt im Zielbereich von 70-180mg/dl (3,9-10mmol/l). Dazu braucht es ein sorgfältig angelegtes Infusionsset sowie einen Glukosesensor, der kontinuierlich misst und störungsfrei sehr genaue Glukosewerte überträgt. Es ist wichtig, dass Sie die Funktionen und Grenzen Ihres Systems gut kennen. Grundsätzlich muss bei den meisten Systemen nach wie vor die Eingabe von Kohlenhydraten und eine Bolusabgabe 10 bis 20 Minuten vor der Mahlzeit erfolgen.
Prüfen und aktualisieren Sie mit Ihrem Diabetesteam regelmäßig folgende Parameter:
Im manuellen Modus sollten weiterhin die Basalrate, die Korrekturfaktoren und das Kohlenhydrat-Insulin-Verhältnis hinterlegt sein. Auch wenn Sie ein AID-System nutzen, bleibt es wichtig, bestimmte Situationen zu planen und die Insulinpumpe auf den aktuellen Bedarf einzustellen. Dazu gehören veränderte Glukoseziele beispielsweise bei Bewegung, Sport oder Krankheit.
Im letzten DEJ wurde von Max berichtet, der einen fieberhaften Infekt mit hohen Glukosewerten hatte. Er fühlte sich unwohl und entwickelte trotz Korrektur über die Pumpe eine diabetische Ketoazidose, die mit Hilfe des Vaters und des Diabetesteam richtig behandelt wurde, so dass es Max schnell wieder besser ging. Wie sollte man sich nun bei Krankheit verhalten, wenn man ein AID- System trägt? Welche Parameter sind zu prüfen?
Wenn ein Kind oder Jugendlicher erkrankt, verändert sich auch fast immer die Insulinempfindlichkeit bzw. der Insulinbedarf. Manche Erkrankungen führen zu einem erhöhten, andere zu einem verringerten Insulinbedarf. AID-Systeme reagieren sofort und geben mehr oder weniger Insulin ab. Eine erste Empfehlung ist somit, die automatische Funktion der Pumpe laufen zu lassen. AID-Systeme können aber den Gesundheitszustand nicht erfassen und reagieren somit möglicherweise langsamer, als wenn Eltern oder Jugendliche selbst die Situation einschätzen und einen hohen Glukosewert korrigieren würden. Daher ist es wichtig, genau zu prüfen, in welcher Situation sich das Kind befindet.
Haben Kinder oder Jugendliche einen Magen-Darm-Infekt mit Erbrechen und Durchfall, kann es zu niedrigeren Glukosewerten kommen. Nahrung wird gar nicht oder nicht vollständig aufgenommen. Der Körper muss das Energiedefizit aus seinen Reserven ausgleichen. Das macht er mit einer Mobilisation der Fettreserven. Dabei entsteht Keton. Wenn zu wenig Insulin im Körper ist, kann dies zu einer diabetischen Ketoazidose (DKA) führen, die unbehandelt lebensbedrohlich wird. Signale für eine beginnende DKA sind Übelkeit, Bauchschmerzen und Erbrechen. Diese Symptome hat man aber auch häufig bei einem Magen-Darm-Infekt.
Mit einer einfachen Ketonmessung im Blut kann Klarheit geschaffen und die richtige Behandlung begonnen werden. Bei geringer Kohlenhydratzufuhr oder beim Fasten entstehen sogenannte Hungerketone. Diese Hungerketone können durch Flüssigkeits- und Nahrungsaufnahme wieder verschwinden. Das AID-System kann so programmiert werden, dass ein höheres Glukoseziel eingestellt wird. Das ist dieselbe Funktion, die man bei Sport und Bewegung wählt.
Prüfen und aktualisieren Sie mit Ihrem Diabetesteam regelmäßig folgende Parameter:
Ein Abschalten der automatischen Abgabe bei niedrigen Glukosewerten mit Keton ist grundsätzlich nicht erforderlich. Das Gute an diesen Systemen ist, dass es auch in der Krankheitssituation alle 5 bis 10 Minuten Anpassungen vornimmt und die Insulinmengen anhand der Werte und des Trends passgenau berechnet werden. Wird in den manuellen Modus umgeschaltet, muss die Glukose gut kontrolliert werden, um sicherzustellen, dass die programmierte Basalrate für diese Situation passend ist, also weder zu hoch noch zu niedrig.
Alternativ kann natürlich die Basalrate temporär im manuellen Modus erhöht oder gesenkt werden. Wenn diese Funktion aber nicht mehr erinnert wird, weil man immer nur mit einem AID System behandelt wurde, lassen Sie die automatische Funktion an, halten Sie Rücksprache mit dem Diabetesteam, erhöhen Sie den Zielwert, geben Sie Flüssigkeit mit Kohlenhydraten (Tee mit Zucker, Schorlen) und kontrollieren Sie regelmäßig Glukose- und Ketonwerte.
Alle Kinder und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes sollten heutzutage ein Keton-Messgerät zu Hause haben. Es funktioniert wie ein Blutzuckermessgerät mit speziellen Keton-Teststreifen. Urinteststreifen, die Keton anzeigen, sind heute nicht mehr zu empfehlen, da die Messung nicht den aktuellen Zustand abbildet.
Kinder und Jugendliche mit einem fiebrigen Infekt haben häufig stark erhöhte Glukosewerte. Sowohl der Flüssigkeits- als auch der Insulinbedarf sind erhöht. In der Praxis zeigt sich, dass AID-Systeme auch diese hohen Werte gut ausgleichen können. Eventuell braucht es jedoch zusätzliche Korrekturen, insbesondere bei hohen Glukosewerten in Kombination mit Ketonen.
Bei hohen Glukosewerten (>250 mg/dl bzw. >14 mmol/l) und Keton-Werten über 0,6 mmol/l erhöhen Sie die Flüssigkeitszufuhr (0,5-1 Liter pro Stunde), prüfen bzw. wechseln Sie Ampulle, Schlauch und Katheter und verabreichen Sie Korrekturinsulin laut Plan als Bolus oder als separate Injektion. Liegt der gemessenen Keton-Wert über 1,5 mmol/l benötigt der Körper mehr Korrekturinsulin als sonst. Als Richtwert dient die doppelte Korrekturmenge. Halten Sie in diesem Fall Rücksprache mit Ihrem Diabetesteam, da das AID-System schon kontinuierlich Insulin abgegeben hat.
Wenn die Glukosewerte sinken und auch der Keton-Wert rückläufig ist, können leicht verdauliche KH oder Flüssigkeit mit KH gegeben werden. Außerdem können Sie im AID-System den Zielwert erhöhen, um die Insulinzufuhr und automatische Korrekturen zu reduzieren. Stellt sich keine Besserung ein, halten Sie Rücksprache mit dem Diabetesteam und schalten möglicherweise in den manuellen Modus um. Sollte Ihr Kind bei erhöhten Keton-Werten erbrechen oder die Aufnahme von Flüssigkeit verweigern, sollten Sie gemeinsam mit ihm ins Krankenhaus fahren oder den Rettungswagen rufen.
Grundsätzlich hat die Erfahrung bisher gezeigt: die AID-Systeme sind auch bei Krankheit eine große Entlastung und führen zu deutlich stabileren Glukoseverläufen als wenn alles manuell eingegeben werden muss. Behalten Sie den Blutzucker und die Keton-Werte im Blick und kontaktieren Sie bei Fragen Ihr Diabetesteam.
von Sarah Biester
Erschienen in: Diabetes-Eltern-Journal, 2022; 14 (1) Seite 10-12
5 Minuten
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