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Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit Diabetes durch ein multiprofessionelles und qualifiziertes Team? Diese Forderung wird in Deutschland noch nicht ausreichend umgesetzt. Die Integration in Kitas und Schulen? Auch hier gibt es Defizite.
Auf diese Missstände macht die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) anlässlich des Weltkindertages am 20. September 2020 aufmerksam. In einer Online-Pressekonferenz diskutierten Experten, wie es um die Versorgungssituation bestellt ist und warum Kinder und Jugendliche mit Diabetes weiterhin gesellschaftlich benachteiligt sind.
In den vergangenen 25 Jahren hat sich durch die Verwendung von Glukosesensoren, Insulinpumpen, intelligenten Insulinabgabesysteme, Messgeräten mit Bolus-Rechnern und schnell wirksamen Insulinen die Diabetestherapie erheblich verbessert. „Gleichzeitig haben sich die Rahmenbedingungen für ein effektives Diabetesmanagement verschlechtert“, berichtet Professor Dr. rer. nat. Karin Lange, 2. Vorsitzende der AG „Diabetes und Psychologie“ der DDG.
Der Grund: „In der ambulanten Versorgung sind interdisziplinäre Teams, bestehend aus Kinderdiabetologinnen und Kinderdiabetologen, Psychologinnen und Psychologen und Diabetesassistentinnen und Diabetesassistenten, selten vorgesehen und finanziert. Auch der stationäre Sektor kann dies nur unzureichend abfedern, da entsprechende Strukturen an universitären Einrichtungen oder Kinderkliniken ebenso unzureichend gegenfinanziert und defizitär sind.“
So gut moderne Therapien und Technologien auch sind, sie stellen hohe Ansprüche an einen strukturierten Alltag der Familien, Erziehungskompetenz, Selbstdisziplin, Selbstmanagement und das Verständnis komplexer Zusammenhänge. Die Psychologin verweist dabei auf die Fragebogenstudie AMBA [1], die die Bedürfnisse betroffener Familien eruiert hat: „Familien sind in ihrem Alltag oft überfordert. Sie benötigen neben der therapeutischen auch psychosoziale Unterstützung, um diese Mehranforderungen ausreichend zu bewältigen“, erklärt Lange, Leiterin der Forschungs- und Lehreinheit Medizinische Psychologie an der Medizinischen Hochschule Hannover.
Auch nationale und internationale Leitlinien [2] fordern, Betroffenen ein multiprofessionelles Diabetesteam zur Seite zu stellen, das nicht nur auf Stoffwechselwerte achtet, sondern auch die seelische Gesundheit und die Fähigkeit zum Selbstmanagement im Alltag fördert. „Deutschland besteht jedoch aus einem Flickenteppich an Maßnahmen und Regelungen, die diese Familien unterstützen – insbesondere in ländlichen Regionen gibt es nur wenig Unterstützung [3]“, so Lange.
Auch Erziehende und Lehrkräfte sind häufig überfordert. „Die Eingliederung in Schule und Kindergarten von an Typ-1-Diabetes erkrankten Kindern bereitet immer größere Probleme“, führt Privatdozent Dr. med. Thomas Kapellen, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft pädiatrische Diabetologie (AGPD) der DDG, aus. Mittlerweile stehen für das Personal in Kita und Schulen zwar gut strukturierte Schulungsprogramme zur Verfügung (Edukids), es fehlt aber an einer bundeseinheitlichen Regelung zur Finanzierung dieser essenziellen Leistung. In den meisten Fällen wird diese ehrenamtlich, durch Spendengelder oder Querfinanzierung innerhalb der Diabeteseinrichtung erbracht.
„Wie sich der Start für Kinder mit Typ-1-Diabetes in Kita oder Schule gestaltet, ist auch von Faktoren wie dem Bundesland, den jeweiligen kommunalen Strukturen, der betreuenden Einrichtung, der Kommunikationsfähigkeit der Eltern sowie der Ausstattung, den Mitteln und der Präsenz des betreuenden Diabetesteams abhängig“, so Kapellen. „Es gleicht also einem Glücksspiel, ob Kinder und Jugendliche mit Diabetes eine gute Rundum-Versorgung erhalten oder nicht.“
Hinzu kommt, dass im Vergleich zu stoffwechselgesunden Altersgenossen fast doppelt so viele Kinder mit Diabetes trotz altersgemäßer kognitiver Fähigkeiten zum Besuch einer Förderschule gedrängt werden. Viele Kinder werden darüber hinaus von Ausflügen, Feiern und Klassenfahrten ausgeschlossen – in der Grundschule ist etwa jedes vierte Kind betroffen. [3]
Quelle: Deutsche Diabetes Gesellschaft
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