Kinderknochen stark machen

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Kinderknochen stark machen

Der menschliche Körper besteht aus über 200 Knochen, die unterschiedlich groß und lang sind. Die Knochen haben zwei sehr wichtige Aufgaben: Das Skelett stützt den Körper und zudem schützen die Knochen die Organe. Was Insulin und dauerhaft zu hohe Werte mit dem Knochenauf- und -abbau zu tun haben, erklärt Dr. Louisa van den Boom.

Knochen ist nicht etwa tot und starr, nein, Knochen ist ein sehr lebendiges Gewebe. Im Knochen finden ständig Auf – und Abbauprozesse statt. Etwa, wenn der Knochen bricht oder auch während der Wachstumsphase von Kindern und Jugendlichen. Eigentlich baut sich der Knochen dauernd um: auf und wieder ab und an anderer Stelle wieder auf und wieder ab. Dies wird auch Remodeling genannt. Nur so kann er den täglichen Anforderungen an Stabilität und Festigkeit gerecht werden.

Remodeling durch Osteoblasten und Osteoklasten

Dafür sind zwei Zelltypen im Knochen hauptverantwortlich: die Osteoblasten für den Knochenaufbau und die Osteoklasten für den Knochenabbau (Osteo: griechisch für Knochen). Gesteuert werden diese Auf- und Abbauprozesse durch ganz viele Faktoren: Hormone, Ernährung, Vitamine/Mineralien und Bewegung.

Im Knochen erfolgt ein reger Umbau. Die Osteoklasten bauen alte Knochensubstanz ab, die Osteoblasten (Aufbau-Zellen) sorgen für den Neuaufbau von Knochensubstanz.

Vitamin D zum Beispiel fördert die Kalziumaufnahme aus dem Darm und die Kalziumeinlagerung in den Knochen. Kalzium und Phosphat sorgen für die Festigkeit des Knochens und machen ihn hart und stabil. Bis zu einem gewissen Grad ist Knochen übrigens biegsam; für die Elastizität sorgt das Eiweiß Kollagen.

Im Kindesalter und in der Jugendzeit überwiegt der Knochenaufbau. Bis zum Alter von 25 Jahren ist die höchste Knochenmasse (Peak Bone Mass) erreicht. Danach halten sich Knochenaufbau und -abbau die Waage. Gerät dieses fein aufeinander abgestimmte System durcheinander, kann es zu einem vermehrten Knochenabbau kommen (Osteoporose oder Knochenschwund), und die Knochenmasse nimmt ab – damit steigt das Risiko für Knochenbrüche.

Was hat das mit Diabetes zu tun?

Ganz viel! Wie oben beschrieben sind viele Hormone für den Knochenaufbau mit verantwortlich. Zum Beispiel hat körpereigenes Insulin einen stimulierenden Einfluss auf die Osteoblasten. Auch über weitere Botenstoffe, die vermehrt gebildet werden, wenn die Bauchspeicheldrüse (Pankreas) Insulin ins Blut abgibt, werden die Osteoblasten angeregt, Knochensubstanz aufzubauen. Dieser Stimulus erfolgt nur durch körpereigenes Insulin. Das gespritzte Insulin hat nicht diese positive Wirkung auf die Osteo­blasten und damit auf den Knochenaufbau.

Weniger Vitamin D im Blut

Zudem weiß man, dass Kinder und Jugendliche mit Typ-1-Diabetes einen niedrigeren Vitamin D-Spiegel im Blut haben als stoffwechselgesunde Kinder. Ein niedriger Vitamin D-Spiegel kann dazu führen, dass weniger Kalzium in den Knochen eingelagert wird und der Knochen nicht so fest wird. Hohe Blutzuckerspiegel (Hyperglykämie) schaden den Osteoblasten und verhindern einen guten Knochenaufbau, d. h. je häufiger und länger der Blutzucker schlecht eingestellt ist, umso schlechter funktioniert die Knochenbildung.

Langfristig hohe Blutzuckerwerte (hohe HbA1c-Werte) führen zur vermehrten Bildung von Advanced Glycated Endproducts (AGEs), d. h. zu Proteinen, die durch Zuckermoleküle verändert sind. Diese stören die geordnete Kollagenvernetzung im Knochen und führen zu einer schwachen Knochenstruktur. Darüber hinaus kommt es durch dauerhaft zu hohe Werte zu einem vermehrten Abbau von Knochensubtanz, was zu einem Knochenmasseverlust führt und damit zu einer erhöhten Knochenbrüchigkeit.

Die Knochen stark machen

Der Knochenstoffwechsel ist also ein fein aufeinander abgestimmtes System, an dem viele Faktoren beteiligt sind und das leicht aus den Fugen geraten kann, wenn wir ihm keine Beachtung schenken. Wie können wir dem entgegenwirken? Der Fokus liegt auf der Vorbeugung (Prophylaxe). Ist der Knochen einmal brüchig oder die Struktur nicht fest und stabil, fangen die Probleme an und der Knochen bricht ganz leicht. Dann dauert es sehr lange, bis neue Substanz aufgebaut worden ist. Wehret den Anfängen und macht die Knochen stark!

Eine gesunde Ernährung mit Vitaminen und Mineralien ist ein wichtiger Grundpfeiler. Eine kalziumreiche Ernährung mit Käse, Joghurt und anderen Milchprodukten ist sehr knochenfreundlich. Essentielle Aminosäuren (kann der Körper nicht selbst herstellen, enthalten z. B. in Fleisch, Eiern und Milchprodukten) sind für einen gesunden Knochen sehr wichtig und werden zum Knochenaufbau unbedingt benötigt. Ein niedriger Vitamin D-Spiegel sollte mit Tabletten ausgeglichen werden. Gerade im Winter, wenn es draußen so gut wie gar nicht hell wird, kann der menschliche Körper selbst nur wenig Vitamin D bilden.

Die Knochendichte messen?

Eine generelle Empfehlung, die Knochendichte bei Kindern mit Typ-1-Diabetes messen zu lassen, gibt es nicht, da die Untersuchung mit einer Strahlenbelastung (durch Röntgenstrahlung) verbunden ist und das Ergebnis nichts an der grundsätzlichen Empfehlung zu einer knochengesunden Lebensweise ändern würde. Wichtig zu wissen ist, dass die Knochendichte noch nichts über die Knochenqualität und den Knochenstoffwechsel aussagt und in diesem Fall noch weitere Untersuchungen erforderlich sind.

An erster Stelle steht daher die Vorbeugung und damit die Stoffwechseleinstellung. Ein möglichst normnahes HbA1c ohne viele Hypoglykämien und mit relativ stabilen Glukoseverläufen ist eine Grundvoraussetzung für eine gesunde Knochenentwicklung. Auch der positive Einfluss von Bewegung/Sport sollte nicht unterschätzt werden. Kinder/Jugendliche müssen dafür keinen Leistungssport betreiben. Auch moderate Bewegung im Rahmen des alltäglichen Spielens ist förderlich für den Knochenaufbau und wirkt sich positiv auf die Knochengesundheit von Kindern/Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes aus.

Die gute Nachricht ist also: Wir können etwas tun, um die Knochen von Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes gesund zu halten und einer vermehrten Knochenbrüchigkeit vorzubeugen.


von Dr. med. Louisa van den Boom
Oberärztin der Allgemeinen Kinderheilkunde, Diabetologie,
Clementine Kinderhospital Frankfurt,
E-Mail: l.vandenboom@ckhf.de

Erschienen in: Diabetes-Eltern-Journal, 2018; 10 (3) Seite 12-13

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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 4 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

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    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 5 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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