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Schon seit 15 Jahren findet jährlich die gemeinsame Jahrestagung JA-PED der Arbeitsgemeinschaft für Pädiatrische Diabetologie (AGPD) und der Deutschen Gesellschaft für Kinderendokrinologie und -diabetologie (DGKED) statt – 2021 zum ersten Mal rein virtuell.
In diesem Jahr war aufgrund der Corona-Pandemie alles anders: Die ursprünglich für November letzten Jahres in Stuttgart geplante Jahrestagung war auf Juni 2021 verschoben worden, in der Hoffnung auf eine Präsenzveranstaltung. Diese Hoffnung erfüllte sich nicht, da die Liederhalle in Stuttgart noch Impfzentrum und die Einschränkungen wegen COVID-19 noch zu restriktiv waren. Somit fand die JA-PED 2021 zum ersten Mal als rein virtuelle Fortbildung und als „summer edition“ statt.
Dr. Martin Holder (Diabetes) und PD Dr. Martin Bald (Endokrinologie), beide langjährige Oberärzte am Olgahospital, der Kinderklinik des Klinikums Stuttgarts, stellten in Zusammenarbeit mit den Vorständen der beiden Gesellschaften und der Kongressorganisation event lab. GmbH ein abwechslungsreiches und interessantes Programm zusammen.
Im ersten Plenarvortrag sprach Prof. Dr. Martin Heni von der Universitätsklinik Tübingen über die Insulinwirkung im Gehirn bei Menschen. Mittels der MEG (Magnetencephalographie) konnte in sehr aufwendigen Untersuchungen festgestellt werden, dass übergewichtige im Vergleich zu schlanken Menschen eine Insulinresistenz im Gehirn haben. Versuche mit hochdosiert gegebenem intranasalem Insulin zeigten, dass es insulinsensible Gehirnareale gibt, das Insulin im Gehirn die Glukoseproduktion der Leber unterdrücken, aber auch die Insulinproduktion aus den Betazellen des Pankreas stimulieren kann.
Das Insulin im Gehirn ist ein wichtiger langfristiger Regulator des Körpergewichts und der Körperfettverteilung. Besteht eine Insulinresistenz im Gehirn, sind viele Funktionen der Insulinwirkung gestört. Positiv ist, dass diese reversibel sein kann, z. B. kann die Insulinempfindlichkeit des Gehirns durch Sport verbessert werden.
Vor über 30 Jahren unterstützte zum ersten Mal im Rahmen eines Pilotprojektes eine speziell ausgebildete Kinderkrankenschwester, die spätere erste Diabetesberaterin am Olgahospital, den damaligen Diabetesarzt. Heute sind Diabetesberater und Diabetesberaterinnen im Diabetes-Team nicht mehr wegzudenken. Die Diabetesbehandlung ist Team-Arbeit, als erstes natürlich in der Familie, dann aber auch im Diabetes-Team der Klinik oder Praxis. Je besser das Team zusammenarbeitet, umso besser geht es den Patienten und Familien.
Durch Corona und den starken Digitalisierungsschub hat sich die tägliche Arbeit des Diabetes-Teams enorm verändert. Die Technik soll im täglichen Ablauf helfen und unterstützen, jedoch nicht belastend sein. Trotz dieser neuen Angebote sollten die Kinder und Jugendlichen noch Kind bzw. sie selbst sein dürfen und Eltern sollten trotz der digitalen Hilfen ihre Kinder rechtzeitig los- und selbstständiger werden lassen. Vielleicht ist ein neues Team-Mitglied, z. B. ein Physician Assistent IT, notwendig, das alle anderen Team-Mitglieder bezüglich der neuen Medien auf den neuesten Stand bringt und Familien unterstützen kann, mit der neuen Technik klarzukommen.
Wenn Kinder und Jugendliche mit Typ-1-Diabetes „verlernen“, Unterzuckerungen zu erkennen oder häufige Unterzuckerungen ohne klinische Symptome auftreten, kann eine spezielle Schulung, das „Hypo-Training“, hilfreich sein.
Durch diese ausführliche Schulung soll die Erkennung der Symptome einer Unterzuckerung verbessert werden, die Ursachen von Unterzuckerungen erkannt und die Aufmerksamkeit und Bereitschaft gestärkt werden, in jeder Situation sich mit einer möglichen Unterzuckerung auseinanderzusetzen. Die Technik hilft, Unterzuckerungen, besonders schwere, zu vermeiden: Eine Umstellung auf die Pumpentherapie senkt das Risiko für Hypoglykämien um das 4-fache, CGM-Systeme, vor allem diejenigen mit Insulinabschaltung bei drohender Hypoglykämie und die AID-Systeme, um mehr als 50 %.
Durch die Einführung der AID-Systeme (AID: automatische Insulindosierung) hat sich das Diabetes-Management in der Nacht erheblich gebessert. Egal, wie Kinder und Jugendliche in die Nacht gehen, die Morgenglukose ist in der Regel im Zielbereich.
Die Frage bleibt, wann man mit einem AID-System startet und für wen solche Systeme derzeit noch nicht in Frage kommen. Auch ist das traditionelle Konzept von „Basal“- und „Bolus“-Insulin mit der Anwendung solcher Systeme vorbei bzw. schwieriger zu unterscheiden. Auf jeden Fall sollte das bisherige eigene Verhalten an die neuen Systeme angepasst werden. Hier ist erheblicher Schulungsbedarf für Familien und Patienten zu erwarten.
Der Kontakt, Austausch und Vergleich von Diabeteszentren weltweit und zwischen unterschiedlichen Regionen ist faszinierend, aber auch fordernd. Leider fehlt bisher bei der Zusammenarbeit verschiedener nationaler Diabetesregister eine gemeinsame Struktur. Internationale Vergleiche machen die Interaktion zwischen der Erkrankung Typ-1-Diabetes, dem jeweiligen Gesundheitswesen und der Gesellschaft deutlicher. Diabetes-Technologie und neue Medikamente können international entwickelt werden, eine Evaluation sollte aber dann auch international erfolgen.
Mit 726 registrierten Teilnehmern nahmen an dieser virtuellen Tagung so viele Teilnehmer teil wie noch nie. Jedoch haben viele die Präsenz und direkte Austauschmöglichkeiten vermisst. Die Organisatoren haben versucht, mit kurzen Filmbeiträgen über das Olgahospital, die Automobilstadt Stuttgart, mit Gesprächen mit dem Organisten der Stiftskirche, einem Winzer vom Remstal, einem Sternekoch und dem Zauberkünstler Topas lokales Kolorit auf ihrer Seite „Das A und O von Stuttgart“ zu vermitteln. Als positiv an diesem Format wird gesehen, dass alle Vorträge und Symposien registrierten Teilnehmern noch bis Ende September zur Verfügung stehen.
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Erschienen in: Diabetes-Eltern-Journal, 2021; 12 (3) Seite 6-7
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