- Eltern und Kind
 
Kinder mit Diabetes: Pflegegeld nicht verschenken!
3 Minuten
											Unter welchen Umständen wird der Antrag auf Pflegegeld bewilligt? Ende 2012 gab es dazu ein Urteil des Sozialgerichts Osnabrück, das die Rechte der betroffenen Kinder erheblich stärkt.
Pflegeleistungen können Entlastung schaffen
Bei Kindern mit Typ-1-Dia-betes bleibt häufig ein Elternteil zur Pflege des Kindes zu Hause. Damit können erhebliche finanzielle Einschränkungen verbunden sein. Pflegeleistungen können eine teilweise Entlastung schaffen. Seit dem 1. Januar 2012 werden bei Pflegestufe I 235 Euro/Monat Pflegegeld bzw. 450 Euro als Sachleistung erbracht. Dies entspricht pro Jahr z. B. einem Pflegegeld von 2.820 Euro, häufig kann ein mehrjähriger Bezug erfolgen.
Pflegebedürftigkeit und Pflegestufe
Pflegebedürftig ist, “wer wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens, d. h. in den Bereichen der Körperpflege, der Ernährung, der Mobilität und dem Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung, auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höheren Maß der Hilfe bedarf.” (§ 14 SGB XI)
Kinder mit Diabetes sind regelmäßig in diesem Sinn pflegebedürftig. Die Voraussetzungen der Pflegestufe I erfüllen dabei solche Kinder, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität (sog. Grundpflege) für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich Hilfe brauchen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Bei Kindern ist für die Zuordnung der zusätzliche Hilfebedarf gegenüber einem gesunden gleichaltrigen Kind maßgebend.
Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere, nicht als Pflegekraft ausgebildete Person für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss wöchentlich im Tagesdurchschnitt mindestens 90 Minuten betragen, wobei auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen müssen. (§ 15 SGB XI) Dies ist häufiger Streitgegenstand mit den Pflegekassen.
Gerichte sehr restriktiv mit Gewährung von Pflegestufen
Das Bundessozialgericht hatte in Entscheidungen von 1998/1999 hierzu entschieden, dass das Kochen, die portionsgerechte Bemessung und Zuteilung von Diätnahrung sowie das Einkaufen, Berechnen, Zusammenstellen und Abwiegen der Nahrung nicht zur Grundpflege gehören. (BSGB 3 P 3/97 R; B 3 P 10/98 R; B 3 P 5/97 R) Gleiches sollte für das Spritzen von Insulin einschließlich der BZ-Messungen gelten (B 3 P 5/98 R).
In der Folge waren verschiedene Gerichte insgesamt sehr restriktiv mit der Gewährung von Pflegestufen umgegangen. Inzwischen haben jedoch verschiedene Sozialgerichte Familien mit einem an Diabetes erkrankten Kind wieder Pflegestufen zugestanden.
Neues Urteil stärkt Rechte betroffener Kinder
Das Sozialgericht Osnabrück hat in einem aktuellen Urteil vom 16. November 2012 (S 14 P 74/08) entschieden, dass bei der modernen Insulintherapie bei Insulinpumpenversorgung auch der Hilfebedarf für die Blutzuckermessung und die Insulingabe sowie der Mehraufwand für die Beaufsichtigung bei den Mahlzeiten als Hilfebedarf zu berücksichtigen sei, weil hier ein unmittelbarer zeitlicher und sachlicher Zusammenhang mit der Nahrungsaufnahme bestehe. Dadurch wurden die Rechte der betroffenen Kinder weiter erheblich gestärkt.
Tatsächlich besteht nach meiner Erfahrung aus entsprechenden außergerichtlichen und gerichtlichen Verfahren in zahlreichen Fällen ein begründeter Anspruch eines an Diabetes erkrankten Kindes zumindest auf die Pflegestufe I. Jeder Antrag erfordert jedoch eine Einzelfallentscheidung. Zwar ist nicht jede Hilfeleistung für die Pflegestufe berücksichtigungsfähig, zahlreiche Hilfestellungen sind es jedoch. Es kommt dennoch immer wieder vor, dass zwar auf diesen Grundlagen der erforderliche Hilfebedarf vorliegt, dies von den Pflegekassen jedoch nicht anerkannt wird. Lassen Sie sich dadurch nicht entmutigen.
Ihr Recht: Streit um die Pflege
Stellen Sie einen Antrag bei Ihrer Pflegekasse. Sie erhalten dann regelmäßig die Aufforderung, ein Pflegetagebuch einzureichen. Seien Sie bitte beim Erstellen der Pflegeprotokolle sehr sorgfältig; jede halbe Minute kann in der Schlussberechnung den Ausschlag geben.
Sodann wird durch einen Gutachter der Krankenkasse/MDK ein Gutachten erstellt. Wird dabei ein nur geringer oder gar kein Hilfebedarf festgestellt, ergeht ein ablehnender Bescheid. Legen Sie gegen diesen Bescheid Widerspruch ein. Wird der Widerspruch abschlägig beschieden, haben Sie die Möglichkeit der (fristgebundenen!) Klage vor dem Sozialgericht.
Das Verfahren vor dem Sozialgericht kann derzeit leider recht lange dauern. Sodann wird jedoch regelmäßig ein weiterer, gerichtlicher Gutachter bestellt und Ihr Anliegen ggf. durch Urteil entschieden. Erfahrungsgemäß haben Betroffene gute Chancen, wenn die beschriebenen Voraussetzungen vorliegen und Sie sich nicht durch die lange Verfahrensdauer abschrecken lassen.
Chancen und Risiken
Pflegegeld bzw. Sachleistung sind bei Obsiegen regelmäßig rückwirkend ab Antragstellung zu gewähren. Darüber hinaus können unter besonderen Voraussetzungen Rentenanwartschaften (§ 44 SGB XI; § 3 SGB VI), Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung (§ 44 SGB XI; SGB VII) sowie Förderung beruflicher Weiterbildung (§ 44 SGB XI; SGB III) erworben werden.
Die Kosten für einen Rechtsanwalt betragen im erstinstanzlichen Verfahren – je nach Umfang seiner Tätigkeit – ca. 600 bis 1.000 Euro. Gerichtskosten entstehen nicht. Wenn vorhanden, übernimmt ggf. die Rechtschutzversicherung die Kosten oder auch die Staatskasse durch Beratungshilfe/Prozesskostenhilfe (Antrag nötig).
Hinweise zur Krankenkasse
- Nach bisheriger Erfahrung werden Eltern, die geklagt haben, danach nicht von der GKV benachteiligt.
 - Die einmal anerkannte Pflegestufe wird beim Wechsel der Kasse übertragen, der durch den Wechsel notwendige Neuantrag für Hilfsmittel kann Probleme machen. Eltern sollten sich vorher informieren!
 
Der Artikel kann – im Hinblick auf seinen Umfang – die rechtlichen Probleme und Besonderheiten nur ansprechen, jedoch keine umfassende Rechtsberatung ersetzen.
von Rechtsanwalt Matthias Meyer
Erschienen in: Diabetes-Eltern-Journal, 2013; 6 (1) Seite 20-21
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 5 Tagen, 14 Stunden
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina- 
	
	darktear antwortete vor 4 Stunden, 52 Minuten
Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig 
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gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus- 
	
	darktear antwortete vor 1 Woche, 4 Tagen
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
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	moira antwortete vor 1 Woche
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
 
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hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 1 Tag
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
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	lena-schmidt antwortete vor 1 Woche, 3 Tagen
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
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	connyhumboldt antwortete vor 5 Tagen, 8 Stunden
Besorge Dir Pflaster die über Tattoos geklebt werden, wenn die neu gestochen sind! Oder Sprühpflaster das Stomapatienten benutzen!
 
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