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Kinder mit Diabetes sollen sich in Kindergarten und Schule gut aufgehoben fühlen – aber das ist noch längst nicht selbstverständlich. Noch immer gibt es viele Ängste bei pädagogischen Fach- und Lehrkräften, noch immer kommt es vor, dass ein Kind wegen des Diabetes nicht mit auf Klassenfahrt darf oder eine Schule oder Kita sogar die Aufnahme eines Kindes mit Diabetes ablehnt. Mit einem Förderpreis wurden nun in Rheinland-Pfalz Einrichtungen ausgezeichnet, die in puncto Inklusion auf einem guten Weg sind.
Es ist wichtig, die Einrichtungen ins Licht zu rücken, die sich auf den Weg gemacht haben, um Kinder mit Diabetes zu integrieren. Dies ist ein Anliegen der Mitglieder des Vereins „Hilfe für Kinder und Jugendliche bei Diabetes mellitus“: Anfang Mai wurde der Schul- und Kitaförderpreis an jeweils drei Kitas und Schulen aus Rheinland-Pfalz vergeben.
Die Idee für den Förderpreis ist entstanden durch das Engagement des Vereins in einem Pilotprojekt in Rheinland-Pfalz, in dem der Verein Seminare für pädagogische Fach- und Lehrkräfte landesweit angeboten hat. Diese Seminare – geleitet von qualifizierten Diabetesteams – bauen Ängste ab und zeigen auf, wie der Einsatz moderner Diabetestechnik den Alltag in Schule und Kita erleichtern kann.
Wissenschaftlich begleitet und evaluiert wurde das Projekt durch die Universität Landau. Mittlerweile ist aus dem Pilotprojekt eine Regelfortbildung für Erzieherinnen und Lehrkräfte geworden – und damit ist Rheinland-Pfalz das erste Bundesland, das solche Regelfortbildungen anbietet.
Die Preisverleihung fand im historischen Ambiente des „Hauses Burggarten“ im rheinhessischen Ingelheim statt und wurde durch die Bigband des Ingelheimer Sebastian-Münster-Gymnasiums musikalisch begleitet. Unter den jungen Musikern ist auch ein Jugendlicher mit Diabetes, wie Marlies Neese, Vorsitzende von „Hilfe für Kinder und Jugendliche bei Diabetes mellitus“, anmerkte. Sie und ihre Vorstandskollegin Dr. Dorothea Reichert, Diabetologin aus Landau, führten durch die Veranstaltung.
Mit dabei waren außerdem nicht nur die Vertreter der Diabetes-Unternehmen, die die Seminare unterstützen – wie Dexcom, Roche und Medtronic -, sondern auch Boehringer Ingelheim und NovoNordisk, die ebenfalls einen anteiligen Betrag für die Förderpreise zur Verfügung stellten.
Frau Dr. Reichert beleuchtete eindringlich warum und wieso das Pilotprojekt so wichtig ist, dass es der „Diabetes-Kinderhilfeverein“ zusammen mit den rheinland-pfälzischen Ministerien für Familie, Bildung und Gesundheit gestartet, organisiert, begleitet und betreut hat. Das Gesundheitsministerium hat zudem eine finanzielle Unterstützung zum Pilotprojekt geleistet.
„Für die Familien – und oft vor allem für die Mütter“, so Dr. Reichert, „ist es wichtig, dass Kinder mit Diabetes Kita und Schule ganz normal besuchen können, damit einer Berufstätigkeit weiter nachgegangen werden kann – besonders im Hinblick auf die Höhe der späteren Rente“. Und weiter: „Die Aufgaben in Kitas und Schulen wandeln sich, die pädagogischen Aufgaben nehmen zu, nie waren Kitas und Schulen so wichtig für eine funktionierende Gesellschaft.“
Kinder haben wachsende Probleme, Spielregeln einzuhalten, die ihnen nicht oder nur unzureichend vermittelt werden. Daraus resultieren dann auch die Probleme, mit einer Erkrankung umzugehen, bei der es vor allem um das Einhalten von Spielregeln gehe, so Dr. Reichert.
Dr. Reichert betonte, dass sich die Behandlung des Diabetes dank technischer Neuerungen deutlich verbessert habe. Pädagogische Hilfestellungen, wie sie in den Diabetes-Seminaren vermittelt würden, damit das betreuende Umfeld der Kinder mit Diabetes Sicherheit im Umgang mit der Krankheit gewinne, verhinderten eine Ausgrenzung und Alleinstellung von Betroffenen. Kinder dürften nicht ausgegrenzt werden, denn: „Ausgrenzung fördert die Nicht-Akzeptanz der Krankheit, mit verheerenden Folgen für die Zukunft dieser Kinder.“
Marlies Neese, Vorsitzende des Vereins, lenkte den Blick auf das Konzept der Seminare als „lernendes Modell“. Sie verwies darauf, dass sich seit dem Start des Projekts in der Diabetestechnologie viel getan habe, was Kindern und deren Betreuern den Alltag künftig erleichtern wird.
„Mit dem Förderpreis ausgezeichnet werden Einrichtungen, die sich auf den Weg gemacht haben, die Idee einer wirklichen Inklusion umzusetzen“, so Dr. Reichert. Die ersten Preise – jeweils 3000 Euro für die Gewinner in den Kategorien „Schulen“ und „Kitas“, 2000 Euro für die Zweit- und 1000 Euro für die Drittplatzierten – wurden übergeben von Vertreterinnen des Bildungsministeriums. Auffällig: Fast alle Auszeichnungen gingen in den Norden von Rheinland-Pfalz.
Ute Schmazinski-Damp, Referatsleiterin im Bildungsministerium und unter anderem zuständig für die Themen Schülergesundheit und Gesunde Schule an Grundschulen, zeichnete gemeinsam mit dem Verein folgende Schulen aus – und betonte, wie schwierig es gewesen ist, unter den Schulen, die sich beworben haben, überhaupt eine Abstufung vorzunehmen:
Ute Schmazinski-Damp hob die Ziele hervor, die das Ministerium mit den Diabetes-Fortbildungen verfolgt: Die Lehrkräfte sollen Handlungssicherheit erlangen, um die weit verbreiteten Ängste, etwas falsch zu machen oder belangt zu werden, auszuräumen. „Es war ein Wink des Schicksals, dass die am Pilotprojekt Beteiligten sehr engagiert mitgemacht und alle ihr Know-how eingebracht haben.“
Sie lenkte die Aufmerksamkeit zudem auf den großen Vorteil, dass die Seminare zu den Teilnehmern kommen, also in deren Region stattfinden. Möglich wird dies auch, weil die örtlichen AOKen auch weiterhin kostenlos Tagungsräume bereitstellen und sich am Service für die Teilnehmer beteiligen. Die pädagogischen Fachkräfte lernen so auch die Ärzte und Diabetesberaterinnen kennen, die in der Region Kinder mit Diabetes betreuen, und können sich nach dem Seminar noch mit Fragen an die Diabetes-Experten wenden.
Susanne Skoluda, Leiterin des Referats „Bildung und Erziehung in der Kita, Inklusion”, zeichnete folgende Kitas aus:
„Ich erlebe immer wieder, dass der Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz nicht immer gewährleistet ist – gerade für Kinder mit chronischen Krankheiten“, gab Susanne Skoluda zu bedenken. Oft sind unbegründete Ängste Grund für eine Nicht-Aufnahme. Wenn Eltern und Einrichtung gut zusammenarbeiteten, sei eine gelingende Inklusion möglich. Auch die Unterstützung des Trägers sei wichtig. Zur Preisverleihung brachte Frau Skoluda eine sehr positive Nachricht mit: Die Anschubfinanzierung für das Angebot der Regelfortbildungen am Pädagogischen Landesinstitut ist gesichert.
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