SWEET – für eine besser Kinderdiabetologie weltweit

3 Minuten

© Thomas Danne
SWEET – für eine besser Kinderdiabetologie weltweit

Weltweit gibt es nach wie vor Ungleichheiten in Bezug auf das Niveau und den Zugang zu spezialisierter multidisziplinärer Diabetesversorgung und -schulung für Kinder und Jugendliche, die sich nicht allein dadurch erklären lassen, wie vermögend ein Land ist.

2008 startete mit Unterstützung einer EU-Förderung im Bereich der öffentlichen Gesundheit das SWEET-Projekt (2008-11) mit 12 Diabeteszentren in Europa. “SWEET” ist ein Akronym und steht für “Better control in Pediatric and Adolescent diabeteS: Working to crEate CEnTers of Reference”. Es zielt darauf ab, eine vergleichbare, qualitativ hochwertige Versorgung für alle Kinder mit Diabetes zu fördern. Inzwischen ist SWEET e. V. ein gemeinnütziger Verein mit Sitz in Hannover.

SWEET pflegt enge Verbindungen zu wissenschaftlichen Organisationen wie der International Society for Pediatric and Adolescent Diabetes (ISPAD) und hat ein weltweites Netzwerk von bisher 154 Diabeteszentren mit gemeinsamen Zielen in 62 Ländern auf allen Kontinenten aufgebaut. Dabei unterstützt SWEET den Gedanken “Nichts über uns ohne uns”. Deswegen nahmen an der 15. Jahrestagung in Paris sowohl Menschen teil, die mit Diabetes leben, als auch internationale Diabetes-Teams, und Vertreter der Industrie.

Betroffene, Profis und Industrie gemeinsam an einem Tisch

Dort diskutierten sie auf Grundlage weltweiter Registerdaten und wissenschaftlicher Analysen über die Ungleichheiten beim Zugang zur Diabetesversorgung und -behandlung.Für die Datenerhebung, die statistische Analyse und das Benchmarking arbeitet SWEET mit Reinhard Holl und Stefanie Lanzinger von der Universität Ulm zusammen. Anonymisierte Daten der in den SWEET-Zentren betreuten Patienten werden zweimal im Jahr zentral analysiert. Von insgesamt 105.854 Kindern und Jugendlichen mit Diabetes wurden so bisher insgesamt 1.243.555 Behandlungstermine ausgewertet.

In einer Publikation der 10-Jahres-Follow-up-Daten der weltweiten Zentren zeigte sich eine Senkung des durchschnittlichen HbA1c-Wertes von 8,4 % auf 7,9 %, eine Verringerung der schweren Hypoglykämien von 3,8 % auf 2,4 % und eine verstärkte Nutzung von Diabetestechnologie bei den SWEET-Teilnehmenden. Um die Sichtweise der Betroffenen noch besser erfassen zu können, fiel auf der Pariser Tagung der Startschuss für ein “Patient-Related Outcome”-Projekt, bei dem Jugendliche mit Typ-1-Diabetes und ihre Eltern in den teilnehmenden Zentren zu ihren Erfahrungen befragt werden sollen.

Eines der SWEET-Ziele: Referenzzentren etablieren

Um zertifizierte Referenzzentren für die pädiatrische Diabetologie zu schaffen, wurde ein sogenanntes Peer-Review-Programm entwickelt. Dafür suchen Teammitglieder aus bereits etablierten Referenzzentren die Kandidaten-Zentren auf. Einerseits geht es dabei darum, zu prüfen, ob ein Zentrum zum Referenzzentrum werden darf. Andererseits aber auch um einen gegenseitigen Austausch, um voneinander zu lernen.

Darüber hinaus ermöglicht es diese Zusammenarbeit zwischen den Diabeteszentren, standardisierte Datensätze gemeinsam zu erfassen, zu bearbeiten und auszuwerten (grenzüberschreitende Forschung). Dies verbessert die Situation für Kinder und Jugendliche mit Diabetes unabhängig von ihrem Wohnort.

Neue Leitlinien in der Kinderdiabetologie

Die pädiatrische Diabetesbehandlung entwickelt sich ständig weiter und SWEET bietet eine ideale Plattform, um die Auswirkungen dieser Veränderungen zu untersuchen. Vor ein paar Monaten wurden die internationalen ISPAD 2022 Clinical Practice Consensus Guidelines zu zahlreichen Aspekten der Behandlung junger Menschen mit Diabetes veröffentlicht. 250 Autorinnen und Autoren aus mehr als 55 Ländern haben zu den Leitlinien beigetragen, viele von ihnen arbeiten in SWEET-Zentren. Zu den übergreifenden Prinzipien all dieser neuen Leitlinien gehört der Einsatz von Technologie sowie eine individuelle, personenzentrierte Behandlung.

Auch in Deutschland wird von einer Leitliniengruppe eine deutsche Version erarbeitet, die auf die besonderen nationalen Gegebenheiten eingeht. Federführend sind hier die Kinderdiabetologen Ralph Ziegler aus Münster und Martin Holder aus Stuttgart. Denn obwohl die meisten Länder die ISPAD Leitlinien empfehlen, werden diese bei weitem nicht in allen Orten umgesetzt. Hauptgründe sind Sprachbarrieren und fehlende Resourcen, die Leitlinien an den lokalen Kontext anzupassen.

Fortschritte in Prävention und Früherkennung von Typ-1-Diabetes

Technologische Fortschritte haben auch die Vorhersage und Prävention von Typ-1-Diabetes gefördert. Der jüngste Meilenstein, die erste regulatorische Zulassung eines Medikaments zur Behandlung von Typ-1-Diabetes im Frühstadium ab einem Alter von 8 Jahren, wird wahrscheinlich zu einem Paradigmenwechsel in der Behandlung führen. Screening-Programme für die Allgemeinbevölkerung zur Bestimmung des Typ-1-Diabetes-Risikos werden ausgeweitet.

Kooperative Typ-1-Diabetes-Netzwerke, wie sie in Deutschland schon seit langem etabliert sind, testen Maßnahmen zur Verzögerung des Krankheitsprozesses in allen Krankheitsstadien. Sie bieten neue Herausforderungen in der Kinderdiabetologie. Auch in der Zukunft werden Daten, Diskussionen und Forschung die Grundlage für die Arbeit an der Mission und Vision von SWEET bleiben, dem etablierten weltweiten Kinderdiabetes-Register.


von Prof. Dr. Thomas Danne

Erschienen in: Diabetes-Eltern-Journal, 2023; 11 (2) Seite 8-9

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  • insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 1 Woche

    Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 2 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

    Uploaded Image
    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 3 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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