- Eltern und Kind
Teplizumab kann Eigenproduktion von Insulin bei Diabetes-Manifestation erhalten
3 Minuten

Anfang des Jahres hatten wir im Diabetes-Eltern-Journal (1/2023) bereits über den Paradigmenwechsel in der Behandlung des Typ-1-Diabetes gesprochen: Nach der Zulassung des Medikaments Tzield mit dem Wirkstoff Teplizumab in den USA als erstes Medikament zur Behandlung vor Ausbruch der klassischen Symptome (Stadium 2 des Typ-1-Diabetes) liegt der Fokus aktueller Forschung auf der Behandlung der zugrundeliegenden Autoimmunität.
Teplizumab bei Manifestation
Über 1500 Teilnehmerinnen und Teilnehmer (in Präsenz oder virtuell) nahmen an der 49. Tagung der internationalen Kinderdiabetesgesellschaft ISPAD in Rotterdam (Niederlande) teil. Als Highlight wurde die neue Studie parallel am 18. Oktober 2023 präsentiert und in der wichtigsten medizinischen Fachzeitschrift "New England Journal of Medicine" veröffentlicht. Während die Zulassungsstudie bei Kindern ohne manifesten Diabetes die Notwendigkeit einer Insulintherapie im Mittel um fast drei Jahre verzögerte, wurden nun die Daten hinsichtlich des Erhalts der Restfunktion mit einer zweimaligen 12-tägigen intravenösen Tzield-Gabe bei Kindern im Alter von 8 bis 17 Jahren bei Diabetes-Manifestation und 26 Wochen später vorgestellt. Einschlusskriterium der Studie PROTECT (Provention Bio’s Type 1 Diabetes Trial Evaluating C-Peptide with Teplizumab) war eine nicht länger als sechs Wochen zurückliegende Diagnose eines Typ-1-Diabetes. Außerdem mussten Diabetes-Autoantikörper im Blut nachgewiesen sein.
Mehr C-Peptid auch bei Behandlung nach Manifestation
An 61 Zentren in Nordamerika und Europa (deutsche Beteiligung: Augsburg, Bielefeld, Dresden, Hannover, Heidelberg, Freiburg) wurden 328 Patientinnen und Patienten untersucht. Als Maß für die noch vorhandene Restfunktion wurde die C-Peptid-Antwort auf eine Standardmahlzeit untersucht; das C-Peptid ist eine Eiweißkette, die bei der körpereigenen Produktion von Insulin entsteht.
Die 217 mit Teplizumab Behandelten hatten in Woche 78 signifikant höhere stimulierte C-Peptid-Spiegel als jene 111, die ein Placebo erhielten. 95 Prozent der mit Teplizumab Behandelten behielten am Ende der Studie einen klinisch bedeutsamen C-Peptid-Spitzenwert von 0,2 pmol/ml oder mehr, verglichen mit 79 Prozent derjenigen, die ein Placebo erhielten. Diese Rest-Eigenproduktion von Insulin wird als klinisch relevant eingestuft, da sie später die Zahl der Unterzuckerungen (Hypoglykämien) begrenzen kann.
Geringerer Insulinbedarf unter Teplizumab
Insgesamt lief die Studie während der COVID-19-Pandemie, welches die Durchführung insbesondere beim Erfassen der (seltenen) Hypoglykämien und der Auswertung der Daten des kontinuierlichen Glukose-Monitorings (CGM) erschwerte. So zeigten sich keine signifikanten Unterschiede in den erfassten klinischen Daten, wobei sich allerdings eine positive Tendenz zugunsten von Tzield zeigte. Eine schwere Hypoglykämie trat bei 13,4 Prozent der mit Teplizumab Behandelten und bei 16,2 Prozent derer in der Placebo-Gruppe auf. Die Zeit im Zielbereich der Glukosewerte war im Mittel 5 Prozent besser in der Teplizumab-Gruppe, erreichte aber keine statistische Signifikanz. Korrespondierend zum Erhalt der Restfunktion blieb der Insulinbedarf in der Teplizumab-Gruppe mit täglich 0,46 Einheiten/kg etwas niedriger als in der Placebo-Gruppe mit 0,59 Einheiten/kg. Auch beim HbA1c-Wert gab es keine Unterschiede. Er besserte sich in der Teplizumab-Gruppe auf 6,97 % und in der Placebo-Gruppe auf 7,07 %. Bei der Diagnose hatte der HbA1c-Wert bei 8,90 % beziehungsweise 9,18 % gelegen. Unerwünschte Ereignisse traten bei 99,5 Prozent der Patientinnen und Patienten mit Teplizumab und 97,3 Prozent derjenigen mit Placebo auf. Dazu gehörten Kopfschmerzen, Magen-Darm-Beschwerden, Hautausschlag und niedrige Zahlen bestimmter weißer Blutkörperchen, der Lymphozyten. Alle Nebenwirkungen waren aber nur vorübergehend.
Was folgt aus den Ergebnissen der Studie?
Der CD3-Antikörper Teplizumab hatte in einer früheren randomisierten Studie bei Kindern und Erwachsenen, bei denen mindestens zwei Autoantikörper vorhanden waren, den Zeitpunkt bis zur klinischen Diabetes-Manifestation mit Notwendigkeit einer Insulinbehandlung (Stadium 3 des Typ-1-Diabetes) im Mittel um 2,7 Jahre verlängert. Dies bewog die US-Arzneimittelbehörde FDA im November 2022 zur Zulassung von Teplizumab im Stadium 2. Während in den USA inzwischen schon weit über 100 Patienten zur Verzögerung des klinischen Typ-1-Diabetes im (Vor-)Stadium 2 behandelt wurden, ist noch keine Entscheidung über eine Zulassung in Europa gefallen. Das Studienergebnis, dass Teplizumab auch im Stadium 3, also unmittelbar nach der Entgleisung des Stoffwechsels, die Restproduktion von Insulin (C-Peptid) teilweise erhalten kann, unterstützt das Konzept, dass mit Teplizumab eine Modulation der zugrundeliegenden Autoimmunkrankheit möglich ist. Vergleicht man die Ergebnisse des Tzield-Einsatzes bei Manifestation mit den Ergebnissen im Frühstadium der Erkrankung, spricht aber vieles dafür, das Medikament möglichst früh im Krankheitsverlauf einzusetzen.
EDENT1FI – Erkennung von Typ-1-Diabetes im Frühstadium
Daher wird in dem neuen Projekt EDENT1FI die Durchführbarkeit einer Früherkennung von Typ-1-Diabetes im präklinischen Stadium bei 200 000 Kindern in ganz Europa untersucht werden. Dies umfasst die Bewertung des psychosozialen, medizinischen und wirtschaftlichen Einflusses einer solchen Früherkennung in verschiedenen europäischen Gesundheitssystemen und Bevölkerungen. In EDENT1FI – kurz für "European action for the Diagnosis of Early Non-clinical Type 1 diabetes For disease Interception"– haben sich 28 Partner aus 12 Ländern mit Vertretern aus Akademie, Industrie und Patientenorganisationen zusammengeschlossen. Ziel des fünfjährigen Projekts ist es, in Zukunft europaweit den Zugang zu krankheitsverzögernden oder präventiven Maßnahmen zu gewährleisten.
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gingergirl postete ein Update vor 2 Tagen, 22 Stunden
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus -
hexle postete ein Update vor 4 Tagen, 2 Stunden
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
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