- Eltern und Kind
Wenn Diabetes und ADHS zusammenkommen
3 Minuten
SowohlADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung) als auch Diabetes Typ 1 haben genetische Ursachen und treten häufiger in Kombination auf. Außerdem verläuft die Reifung des Gehirns bei Diabetes manchmal anders. Das kann verschiedene Ursachen haben: Der Alltag mit Diabetes führt oft zu einer Überstimulation. Ständig muss man die Glukosewerte im Kopf haben, die KE-Tabelle usw. Hinzu kommen Zweifel, ob man auch alles richtig macht, und Frustrationen, wenn man keine Fehler entdecken kann und die Einstellung trotzdem nicht funktioniert. Das Gehirn kommt kaum zur Ruhe, ähnlich wie bei ADHS. Es entsteht Stress, und unter Stress kann niemand klar denken, die Hirnreifung wird weiter verzögert. Bei ADHS ist u. a. die Fähigkeit zu seriellen Handlungen gestört. Die Betroffenen können außerdem schlecht vorausplanen, sich Ziele setzen und das eigene Handeln an die aktuellen Erfordernisse anpassen. Selbstkontrolle und Arbeitsgedächtnis sind also gestört. Und genau diese Funktionen sind bei einer chronischen Erkrankung wie Diabetes Typ 1 erforderlich.
Das Zusammenspiel zwischen ADHS und Diabetes
Dass Zucker im Gehirn wirkt, weiß jeder, der mal von einer Über- in eine Unterzuckerung (Hypoglykämie) gerutscht ist. Und auch für das Insulin kann man im Gehirn Rezeptoren nachweisen. Auch wenn durch Blutzuckerschwankungen meist keine bleibenden Schäden entstehen, kann man sich vorstellen, dass sie die Hirnreifung beeinflussen können. Das Gehirn ist ein Organ und steht in ständigem Austausch mit allen Organen.
Auch wenn es heute Systeme zur automatisierten Insulindosierung (AID-Systeme) gibt, die die Stoffwechseleinstellung erheblich erleichtern: Das wichtigste Hilfsmittel ist und bleibt bei Diabetes das Gehirn. Wir wissen heute, dass bei ADHS die Hirnreifung prinzipiell nicht anders verläuft als bei Menschen ohne ADHS, aber zeitlich verzögert. Die Ritualisierung, die Automatisierung gewisser Handlungen benötigt länger, braucht mehr Übungsrunden. Bei Diabetes sollte aber genau dies möglichst früh reif sein. So kommt es im Sinne eines Teufelskreises zu einer Verstärkung der ADHS-Symptome. ADHS, welches bei vielen Menschen nur unterschwellig vorhanden ist, tritt nun zutage und macht das Leben mit Diabetes umso schwerer.
Medikamentöse Therapie – zumindest vorübergehend
Und wie man einem Menschen mit einer Sehstörung eine Brille verordnet, so benötigt ein ADHS-Patient zumindest für eine gewisse Zeit eine Brille, um seine Hirnzellen besser zu sortieren, um alle eintreffenden Reize besser filtern zu können, um alltägliche Tätigkeiten zu ritualisieren. Der Erfolg führt dann wiederum zu einer positiven Verstärkung der Entwicklung, zu Selbstwirksamkeit und Selbstbewusstsein. Was man einmal gelernt hat, geht so schnell nicht wieder verloren. Eine medikamentöse Therapie ist meist nicht lebenslang notwendig bei ADHS.
Gerade beim sich noch entwickelnden jugendlichen Gehirn kann dies Folgen für das gesamte spätere Leben haben. Das Gefühl, etwas stets zu versuchen, aber nicht erfolgreich meistern zu können, führt zu einer fortdauernden Frustration. Der junge Mensch entwickelt ein geringes Selbstwertgefühl, verdrängt und resigniert und empfindet permanenten Stress. Ständige Frustrationen können im ungünstigen Fall sogar zu Depression, zu Aggression, zu Suchtmittelgebrauch oder sonstigen psychischen Störungen wie Bulimie oder Anorexie führen. Auch Übergewicht ist eine Substanzabhängigkeit, die Droge heißt in diesem Fall oft Zucker. Die Therapie solcher Störungen im jungen Erwachsenenalter ist deutlich schwieriger und oft langfristig erfolglos, da der Beginn stets in der Kindheit und Adoleszenz liegt. Deswegen sind eine frühe Diagnose und Therapie dringend erforderlich.
Nach ADHS fahnden!
Wenn Eltern einen entsprechenden Verdacht haben, sollten sie den betreuenden Kinder-Jugend-Arzt darauf ansprechen. Bei einer chronischen Erkrankung wie Diabetes mellitus Typ 1 lohnt es sich oft, auch eine ADHS in Betracht zu ziehen, zumindest dann, wenn die Stoffwechselziele trotz ausreichenden Wissens über Diabetes nicht erreicht werden können, wiederholt Hypoglykämien oder Ketoazidosen, also Übersäuerungen des Körpers bei hohen Glukosewerten, auftreten oder bei Übergewicht ein Double-Diabetes vorliegt. Letzterer ist das gleichzeitige Vorliegen eines Typ-1- und eines Typ-2-Diabetes.
Selbstverständlich können auch Blutzuckerschwankungen zu Konzentrationsproblemen oder Impulsivität führen. Bestanden jedoch Auffälligkeiten bereits vor der Diabeteserkrankung oder liegen solche in der Familie (Eltern, Geschwister) vor, liegt wahrscheinlich eine psychische Erkrankung wie ADHS vor.
Nach diagnostischer Bestätigung einer ADHS sollte man nicht nur eine Psychotherapie beginnen, sondern begleitend zeitnah auch eine medikamentöse Therapie mit möglichst langwirksamen Stimulanzien erwägen. Die Idee, die Pubertät einfach auszusitzen, funktioniert bei Diabetes nicht. Es gibt keine Auszeit vom Diabetes, die Folgeerkrankungen sind möglicherweise irreversibel! Eine erfolgreiche Therapie der ADHS kann man bei Patienten mit Diabetes messen und zwar an der Verbesserung des Stoffwechsels, zum Beispiel am HbA1c oder am Glukoseverlauf (Time in Range).
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 1 Woche
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina -
gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 2 Tagen
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus-
darktear antwortete vor 1 Woche, 5 Tagen
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
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moira antwortete vor 1 Woche, 1 Tag
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
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hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 3 Tagen
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
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lena-schmidt antwortete vor 1 Woche, 5 Tagen
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
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connyhumboldt antwortete vor 6 Tagen, 21 Stunden
Besorge Dir Pflaster die über Tattoos geklebt werden, wenn die neu gestochen sind! Oder Sprühpflaster das Stomapatienten benutzen!
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Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig