- Eltern und Kind
Kinder mit Diabetes und deren Familien: Wünsche der Betroffenen
3 Minuten

Dank intensiver Forschung gibt es viele wertvolle Erkenntnisse und Entwicklungen, die das Leben mit Diabetes erleichtern. Die beiden Autorinnen sagen, welche Forschungsthemen aus Sicht betroffener Kinder und Familien auch noch wichtig wären.
Aktuelle Zahlen gehen davon aus, dass in Deutschland ca. 30.000 Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 0 und 19 Jahren an Typ-1-Diabetes erkrankt sind. Während die Prävalenz für Typ-1-Diabetes (also die Häufigkeit der Erkrankung) zwischen 0 und 19 Jahren im Jahr 2006 noch ca. 0,13 Prozent betrug, gehen Hochrechnungen davon aus, dass diese sich bis zum Jahr 2026 verdoppelt.
Diese Zahlen werfen neue Fragen auf und bedeuten für die Gesellschaft, die Politik und die Forschung neue Herausforderungen, denen es sich zu stellen gilt.
Geschichte der Diabetesforschung
Bedenkt man, dass der Typ-1-Diabetes vor nicht ganz 100 Jahren noch nicht behandelt werden konnte, haben wir der Forschung einiges zu verdanken. Der bisher größte Meilenstein in der Diabetesforschung war die Isolierung von Insulin in unzerstörter Form aus dem Gewebe einer tierischen Bauchspeicheldrüse und die anschließende erfolgreiche Behandlung diabetischer Hunde. Das war im Jahr 1921 und ist den kanadischen Forschern Frederick Banting und Charles Best zu verdanken.
Nachdem das Insulin entdeckt war, ging es auch in der Entwicklung neuer Technologien für die Diabetestherapie rasch voran. Während man um 1900 noch ca. einen Viertelliter Blut benötigte, um den Blutzuckerwert mittels eines Kolorimeters zu bestimmen, benötigen die modernen Blutzuckermessgeräte hierfür nur noch einen kleinen Blutstropfen.
Trotz der vielen neuen Forschungsergebnisse zum Insulinstoffwechsel und der rasanten Entwicklung in der Medizintechnik müssen sich unsere Kinder mit Diabetes heute immer noch mehrmals täglich in die Fingerkuppe stechen, um den Blutzucker zu messen, – und sie müssen sich Insulin injizieren.
Wünsche der Betroffenen
Wenn man ein Kind mit Typ-1-Diabetes fragt, was es sich von der Diabetesforschung in Zukunft wünscht, dann ist “Heilung” häufig die erste und auch einzige Antwort. Wissenschaftler forschen weltweit nach den Ursachen für den autoimmunologischen Prozess gegen die insulinbildenden Zellen. Und auch in vielen anderen Bereichen wird geforscht, z. B. in der Entwicklung neuer Heilungsansätze, neuer Medikamente und Therapieformen.
Aus unserer Sicht sollte in Zukunft – neben diesen Aspekten – die familiäre Bewältigung, die Auswirkungen der Diagnose und der Therapie auf die Lebensqualität des Kindes und der Familie sowie die Möglichkeiten zur Förderung der Selbstständigkeit der Betroffenen intensiver erforscht werden.
Die Lebensqualität wird derzeit selten als Endpunkt in klinischen Studien erhoben und bewertet. Es stellt sich bei der Entwicklung neuer Medikamente und Therapieformen aber auch die Frage, wie sie sich auswirken – auf die individuelle Psyche und die Lebensqualität des Kindes sowie auf dessen Umgebung. Man sollte immer berücksichtigen, dass unsere Kinder weder in einem Diabeteszentrum, einer Diabetesambulanz noch in einem Studienzentrum leben: Sie leben zu 99 Prozent der Therapiezeit außerhalb solcher Zentren in ihrem gesellschaftlichen Umfeld.
Verantwortung der Medien
Dank neuer Medien verbreiten sich wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Diabetesforschung auch schnell in der “Allgemeinbevölkerung”. Dies ist aus unserer Sicht auch wünschenswert.
Bevor man jedoch neue Forschungsergebnisse für die Allgemeinbevölkerung veröffentlicht oder kommuniziert, sollte man sich die Frage nach der Auswirkung der jeweiligen Information auf die Kinder mit Diabetes, auf uns als Familie und auf die Gesellschaft stellen. Die übergreifende Frage ist, ob und wie unserer Kinder und wir als Familie sowie die Allgemeinbevölkerung diese neu gewonnenen Erkenntnisse realistisch einschätzen und bewerten können?
Schlagzeilen richtig einordnen – oft schwer
Schlagzeilen wie “Diabetes bald heilbar” oder “Insulin für Diabetiker als Pille” sind wichtig, um auf das Krankheitsbild und auf neue sowie innovative Forschungsergebnisse aufmerksam zu machen. Schaut man genauer hin, fällt auf, dass häufig nicht nach Diabetesform (Typ 1 oder Typ 2) unterschieden wird und auch nicht, ob die Ergebnisse aus Tier- oder aus Humanstudien gewonnen wurden.
Des Weiteren fällt es oft schwer, die Qualität einer Studie und die daraus gezogene Aussage bewerten zu können. Uns wurde schon mehrfach berichtet, dass Familien mit Aussagen konfrontiert wurden wie: “Ich habe gelesen, dass man das jetzt heilen kann”. Die Bedeutung neuer Forschungserkenntnisse einzuordnen, ist für die Allgemeinbevölkerung, für die Betroffenen und für uns als Familie oft schwer.
Neuerkrankte finden sich vielleicht schwerer mit der Diagnose ab und finden schwerer in einen Therapiealltag hinein, weil sie hoffen, sich in naher Zukunft wegen der Heilungschancen nicht mehr mit dem Diabetes auseinandersetzen zu müssen. Zudem müssen Hoffnungen der Kinder und Jugendlichen mit Diabetes, die über neue Therapiemöglichkeiten lesen, häufig enttäuscht werden, da Produkte noch gar nicht auf dem Markt sind oder zunächst noch nicht für Kinder und Jugendliche (unter 18 Jahre) zugelassen sind.
Aufgaben für einen Verein
Für uns als Vertreterinnen eines Vereins für Kinder und Jugendliche mit Typ-1-Diabetes (www.diabeteskinder-ulm.de) bedeutet dies, weiterhin Angebote für die Kinder und Jugendlichen sowie für ihr Umfeld zu schaffen, um diese in einem selbstständigen Umgang mit ihrer Erkrankung zu fördern.
Zudem ist weiterhin eine intensive Öffentlichkeitsarbeit notwendig, um in der Bevölkerung ein Verständnis für die Erkrankung und Therapie zu erreichen. Hierzu sind nicht nur regelmäßig stattfindende Fortbildungen für Lehrer und Kindergärtner notwendig, sondern auch Pressemeldungen, die über den Alltag der betroffenen Kinder und Jugendlichen berichten. Eine gut informierte Allgemeinbevölkerung bietet unseren Kindern den Rahmen für eine gesunde Entwicklung – mit und trotz Diabetes.
von von Dr. jur. Anja Bratke und Dr. biol. hum. Stephanie Brandt
Erschienen in: Diabetes-Eltern-Journal, 2015; 8 (1) Seite 16-17
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nina33 postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Diabetes Typ 3c vor 1 Tag, 10 Stunden
Hallo guten Abend ☺️
Ich heiße Nina, bin 33j jung und Mama von drei zauberhaften Mädels.
Und vor kurzem bekam ich die Diagnose Diabetes Typ 3c. Nach 5 Jahren – 11 Bauchspeicheldrüsen Entzündungen und schwangerschaftsdiabetes 2024, hat meine Drüse nun fast aufgegeben.. Ich bin irgendwie froh diese Schmerzen nicht mehr zu haben, aber merke wie schwer der Alltag wird. denn hinzukommt noch dass ich alleinerziehend bin.
Aktuell komme ich überhaupt nicht klar mit der ganzen Situation, täglich habe ich hunderte Fragen die niemand beantworten kann. Dass ist mehr als verrückt.
Wie habt ihr euch gefühlt in dem Moment als es diagnostiziert wurde?Ich freue mich sehr auf einen netten Austausch und eure Erfahrung.
Liebe Grüße, schönen Abend
Nina 🙂-
wolfgang65 antwortete vor 20 Stunden, 15 Minuten
Willkommen Nina, …
da hast du ja sich schon einiges hinter Dir. Wie schaut es bei Dir mit Mutterkindkur aus, auch in hinblick einer Diabetesschulung. Hast du guten Diabetologen, Teilnahme DMP, Spritzt du selber oder Pumpe, auch hier gibt es viele Fragen. Wie sieht es mit Selbsthilfegruppen bei Euch aus. …
Oder Forum? Gerade am Anfang, wo noch alles neu ist, – ist es schon eine tägliche Herausforderung, – da kann es hilfreich sein kleine Ziele sich zu setzen. Dabei finde ich die Aktzeptanz am wichtigsten, oder auch sich selber spritzen zu müssen, oder das Weg
lassen bzw. bändigen des Naschen … etc. Kleine Schritte …Viele Fragen bekommst du auch in eine Diabetes-Schulung beantwortet,
falls noch nicht gemacht, spreche das bei Deinem Diabetologen an!Über weiteren Austausch bin ich auch erfreut, schildere ruhig deine Bausstellen, … doch letztendlich sollte Dein Arzt das beurteilen.
LG
Wolfgang
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swalt postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Dia-Newbies vor 2 Tagen, 15 Stunden
Hallo zusammen. Ich möchte mich erst einmal vorstellen. Ich bin “noch” 59 Jahre, und habe wahrscheinlich seit 2019 Diabetes. Ich würde mir wünschen, endlich angekommen zu sein. Wahrscheinlich seit 2019, weil ich in einem Arztbrief an meinen damaligen Hausarzt zufällig auf den Satz: “Diabetes bereits diagnostiziert” gestoßen bin. Ich habe meinen Hausarzt dann darauf angesprochen und wurde mit “ist nicht schlimm” beschwichtigt.
Lange Rede. Ich habe einen neuen Hausarzt und einen sehr netten Diabetologen, bei dem ich jetzt seit 4 Jahren in Behandlung bin. Ich vertrage die orale Therapie nicht und spritze ICT. Dennoch bin ich in diesem Thema immer noch absoluter Neuling. Natürlich habe ich viermal im Jahr ein Gespräch mit meinem Diabetologen. Das hilft aber im täglichen Umgang nicht wirklich. Auch die anfangs verordnete Schulung war doch sehr oberflächlich und das war es. Ich kenne nicht die Möglichkeiten, die mir zustehen. Ich habe mir alles, was ich zu wissen glaube aus Büchern angelesen. Irgendwie fühle ich mich allein gelassen, irgendwie durchgerutscht. Ich kenne niemanden in meinem Bekanntenkreis, der Diabetes hat und die nächste Selbsthilfegruppe ist über 50 km entfernt.
Und so bin ich jetzt hier gelandet. Ich möchte wissen, wie ihr das handhabt, damit ich verstehe, was ich richtig mache und was falsch. Damit ich weiß, dass ich nicht allein damit lebe.-
lena-schmidt antwortete vor 1 Tag, 18 Stunden
Hallo Dia-Newbie 🙂 Schön, dass du den Weg zum Diabetes Anker gefunden hast. Ich bin Lena, die Community-Managerin hier und bis sich ein paar Community-Mitglieder bei dir melden, kannst du die Zeit vielleicht mit diesem Artikel überbrücken (https://diabetes-anker.de/behandlung/behandlung-des-diabetes-diese-buecher-und-materialien-helfen-weiter/). Vielleicht findest du noch wichtige Infos für dich, um deinen Alltag zu vereinfachen. 🙂 Ansonsten findest du beim Diabetes-Anker auch fundiertes Wissen zum Thema ICT von Expert:innen aber auch von Menschen mit Diabetes…Viele Grüße Lena
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