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Sie sind kalorienfrei und nur in pflanzlichen Lebensmitteln enthalten. Ohne sie würde der Körper in vielerlei Hinsicht in Schieflage geraten, denn Pflanzenfasern sind lebenswichtig. Besonders bei Diabetes können sie aktiv dazu beitragen, den Blutzucker in positive Bahnen zu lenken. Mehr noch: Sie helfen dabei, besser satt zu werden, und tun auch dem Darm gut. Essen Sie täglich, so oft es geht, etwas mit Ballaststoffen. Ihr Körper freut sich darüber.
Einen Namen mit solch negativer Assoziation wie “Ballast” haben sie eigentlich nicht verdient. Bekannt sind sie auch als Pflanzen- oder Nahrungsfasern oder, wie es im Englischen heißt: Dietary Fiber, oft einfach nur Fiber (amerikanisches Englisch) bzw. Fibre (britisches Englisch) genannt. Was zunächst wie ein Ballast für den menschlichen Organismus erscheint, entpuppt sich als natürliche Unterstützung für einen gesunden Stoffwechsel. Denn nach dem Essen werden sie im Dünndarm nicht oder nur zu einem bestimmten Grad von körpereigenen Enzymen abgebaut – mit der Folge, dass sie entweder nicht komplett oder unverdaut über den Stuhlgang wieder ausgeschieden werden. Sie sind also vereinfacht betrachtet kleine Helfer, die im Körper wichtige Dienste erledigen, um sich nach getaner Arbeit entweder aufzulösen oder in ihrer Ursprungsform den Körper im Zuge der Verdauung wieder zu verlassen.
Da Ballaststoffe bis auf eine Ausnahme nur in pflanzlichen Produkten vorkommen, können Menschen, die vegan, vegetarisch, gluten- oder laktosefrei leben, sie auch problemlos und in ausreichender Menge essen. Aus dem tierischen Bereich ist Chitin ein Ballaststoff. Dies ist ein Bestandteil der Körperhülle von Schalentieren wie Krabben, Hummer und Garnelen als auch Insekten und Spinnen. Doch als natürlicher Beitrag zur täglichen Versorgung mit Ballaststoffen spielt Chitin in unseren Breitengraden keine Rolle. Allerdings kann es industriell Verwendung finden. Hauptlieferanten von Ballaststoffen sind Gemüse, Salat, Früchte, Hülsenfrüchte und Nüsse, außerdem Getreideprodukte, besonders aus dem Bereich der Vollkorngetreide, sowie Kleie oder Flohsamenschalen.
Ballaststoffe werden in zwei Gruppen unterteilt: lösliche und unlösliche Pflanzenfasern. Zu den löslichen Fasern zählen beispielsweise Pektin, Inulin oder Beta-Glucan. Sie binden Flüssigkeiten wie Wasser, quellen auf und können eine Konsistenz wie Gel entwickeln. Deshalb finden sie sich zum Beispiel in Formula-Drinks zum Abnehmen, da die Gel-Konsistenz zum Magenfüllen und Sättigen beiträgt. Außerdem sind sie hilfreich bei Durchfall und auch bei Verstopfung. Besonders reich an löslichen Fasern sind geriebene Möhren und Äpfel, Erdbeeren, Bananen sowie Hafer und Gerste. Unlösliche Fasern sind Zellulose, Lignin und Hemizellulose. Dies sind Bestandteile, die aktiv die Verdauung unterstützen, denn sie lockern die Stuhlkonsistenz.
Ohne sie würde eine geregelte und entspannte Verdauung brachliegen. Denn Ballaststoffe, ganz gleich ob löslich oder unlöslich, sind entscheidend dafür. Sie nehmen Einfluss darauf, wie lange Nahrung im Magen und Darm verweilt, wie weich oder hart der Stuhl ist (je weicher, desto besser), aber auch, wie oft der Darm entleert wird. Im Schnitt sind ein bis zwei Toilettengänge mit Stuhlgang ein gesunder Richtwert. Die Fasern helfen im Darm, die Anzahl und Variabilität der gesunden Bakterien zu erhöhen. Mittlerweile ist bekannt, dass der Darm eine wichtige Schaltzentrale, zum Beispiel im Hinblick auf ein intaktes Immunsystem, darstellt. Außerdem helfen die Fasern dabei, Blutzucker-Verläufe positiv zu beeinflussen. Zudem binden sie Gallensäuren im Darm, was helfen kann, erhöhte Cholesterin-Spiegel im Blut zu reduzieren.
Bei all den positiven Wirkungen im Körper ist es sinnvoll, jeden Tag genug davon zu essen. Liegt die Empfehlung für stoffwechselgesunde Erwachsene bei 30 Gramm täglich, wird Menschen mit Diabetes eine Tagesmenge von 40 Gramm empfohlen. Tatsächlich werden deutlich weniger verzehrt. Laut Angaben der Nationalen Verzehrsstudie II essen Frauen hierzulande 18 und Männer 19 Gramm Pflanzenfasern täglich. Beide liegen also deutlich unter den Empfehlungen der Fachgesellschaften DDG (Deutsche Diabetes Gesellschaft) und DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung).
Ein Zuviel an Ballaststoffen zu essen, kann zu Blähungen führen. Das legt sich schnell, wenn der Darm sich an ein Plus dessen gewöhnt hat. Viel höher aber liegt die Rate derer, die deutlich zu wenige Ballaststoffe essen. Dabei zeigen sich zwar keine Mangel-Symptome, allerdings würde sich eine Verstopfung (Obstipation) entwickeln und der Toilettengang würde stets zur schmerzhaften und nicht gut funktionierenden Tortur. Auch das Risiko für das Entstehen verschiedener Erkrankungen, wie Darmkrebs, Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen, kann sich beim Fehlen oder dauerhaften Mangel von Ballaststoffen erhöhen. Ganz wichtig ist, bei Essen mit vielen Ballaststoffen genug zu trinken. Praktisch ist, auf einen Esslöffel Kleie oder eine Portion Ballaststoffe im Lebensmittel ein Glas Wasser zusätzlich zu trinken.
Die einfachste Möglichkeit, Ballaststoffe zu essen, wären Gemüse und Obst. Besonders reich damit bestückt sind Brokkoli, alle Kohlgemüse, Sauerkraut, Möhren, Artischocken, Bohnen und Schwarzwurzeln. Bei Obst sind es Beerenfrüchte, Nektarinen und Pfirsiche, Birnen und Äpfel sowie getrocknete Früchte wie Dörrpflaumen oder Apfelringe. Auch Hülsenfrüchte, Nüsse, Vollkorngetreide, Haferflocken sowie ölhaltige Samen sind reich an Fasern. Praktisch essen Sie am besten täglich drei Portionen frisches oder tiefgekühltes Gemüse und eine bis zwei Portionen Salat oder Rohkost. Wählen Sie statt Grau- und Weißbrot besser Brot aus Roggen- oder Weizenvollkorn. Auch selbst gemachtes Müsli oder Porridge aus ganzen Haferflocken und Obst sind ideal. Lassen Sie sich zwei- bis dreimal pro Woche ein leckeres Gericht mit Erbsen, Bohnen oder Linsen schmecken. Sparen Sie bei Fetten wie Butter oder Sahne und knabbern dafür täglich 20 bis 30 Gramm Nüsse. Statt Chips, Flips, Kräcker und Co bieten sich Snackgemüse und Gemüsesticks an. Beim Backen lässt sich ein Teil des weißen Mehls durch Vollkornmehl, Low-Carb-Alternativen oder gemahlene Nüsse ersetzen. In Milchprodukte lässt sich ein Löffel Haferkleie, Leinsamen oder Weizenkleie einfach und schnell einrühren. Trinken Sie dazu ein Glas Wasser extra, damit die wertvollen Pflanzenfasern im Körper ihre Dienste in vollem Umfang leisten können.
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2023; 72 (2) Seite 74-77
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