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Binge-Eating: Wenn Essen zur Krankheit wird
4 Minuten
Hi Thomas! Magst du dich kurz vorstellen?
Hallo, mein Name ist Thomas, ich bin 25 Jahre alt und wohne in der Nähe von Köln. Ich studiere an der Universität zu Köln Französisch und Geschichte und bin inzwischen im 2. Semester des Masters, habe also schon 4 Jahre Studium hinter mir.
Mein Diabetes begleitet mich seit fast 6 Jahren – er wurde während meiner Zeit beim Bund diagnostiziert und ist seitdem mal bester Freund, mal größter Feind… Je nachdem, wie es halt gerade so läuft. Allerdings ist nicht nur allein der Diabetes mein steter Begleiter. Seit einiger Zeit kommt auch noch das so genannte Binge-Eating hinzu. Das macht die Behandlung des Diabetes noch ungleich komplizierter.

Du sagst, du hast eine Essstörung: Binge-Eating. Was genau bedeutet das?
Binge-Eating bedeutet wortwörtlich übersetzt so viel wie Ess-Gelage. Ich glaube, umgangssprachlich passt am besten der Begriff „Fressanfall“. Im Endeffekt handelt es sich um Heißhungerattacken, bei denen ein kompletter Kontrollverlust über das Essverhalten entsteht. Wo manche Leute vielleicht eine Tafel Schokolade essen würden, esse ich gleich zehn Stück auf einmal – und das innerhalb kurzer Zeit. Unvorstellbar? Nein, denn körperliche Signale werden einfach nicht mehr wahrgenommen. Erst später kommen dann die Folgen. Ausgelöst werden kann es dabei durch viele verschiedene Faktoren, zum Beispiel bestimmte Gefühlslagen, Handlungen o.ä. Im Endeffekt wird auch versucht, durch Essen andere Dinge, wie z.B. Trauer oder soziale Bindungen, zu kompensieren. Die Kalorienmenge, die schnell mal innerhalb einer Stunde vertilgt wird schwankt zwischen 5000 und 8000 kcal.
Wie hast du gemerkt, dass zu dem Diabetes eine andere Krankheit hinzugekommen ist? Gab es einen besonderen Auslöser?
Wie es bei mir zu diesem Verhaltensmuster kam, kann ich nicht sagen. Es hat sich einfach irgendwie eingeschlichen. Allerdings glaube ich, dass der Diabetes eine besondere Stellung bei der Entwicklung hat. Die besondere Fixierung auf Nahrungsmittel wegen ihres Kohlenhydratgehalts, die intensive Beschäftigung mit der Wirkung von Lebensmitteln – das hat dazu geführt, dass das Essen einen viel zu hohen Stellenwert eingenommen hat. Und dann kamen noch negative Gefühle, teilweise auch durch den Diabetes verursacht. Schließlich die unbewusste Erkenntnis meines Körpers, dass Essen ja gut geeignet ist, um Trauer zu bekämpfen. Und zack, fing es irgendwie an. Leider ist das Ganze auch ein ziemlicher Teufelskreis. Die negativen Emotionen sollen ja ursprünglich durch das Essen bekämpft werden, was auch kurzzeitig gut gelingt. Allerdings lösen die Folgen des Essanfalls erneut negative Emotionen aus, die mit Essen bekämpft werden. Und schon ist es ein Teufelskreis. So ging es bei mir seit mindestens 2 Jahren und wurde immer mehr zum Problem. Allerdings gab es zwischendurch immer wieder Phasen, in denen überhaupt keine Fressanfälle aufgetreten sind, teilweise monatelang, in denen ich mich von den Folgen des Binge-Eatings kurzzeitig wieder erholen konnte. Erst ein Klinik-Aufenthalt in der Motivations- und Akzeptanzgruppe Bad Mergentheim hat mir das Problem so richtig bewusst gemacht. Anschließend habe ich mich um einen Platz für eine ambulante Psychotherapie bemüht, in der ich mich seither versuche damit auseinanderzusetzen.
Das alles klingt nach vielen Problemen. Wie macht sich das Binge-Eating bei dir im Alltag bemerkbar?
Man kann die Folgen prinzipiell nach mehreren Faktoren unterscheiden. Zuerst wäre da die physische Seite: Nachdem ich 3 Monate lang eine Phase ohne Fressanfälle hatte, kamen sie Ende Oktober mit voller Wucht zurück. Ich habe innerhalb von 5 Wochen 12 Kilo zugenommen. Nach jedem Fressanfall geht es mir körperlich schlecht, ich bin schlaff, mir ist übel, ich bin müde und abgeschlagen. Hinzu kommen noch unkontrollierbare Blutzuckerwerte.
Kommen wir nochmal zu dem Bsp. der 10 Tafeln Schokolade. Hier hätten wir, je nach Kakaogehalt 5 KE pro Tafel + FPE. Wären bei 10 Tafeln 50 KE + FPE. Das zu kontrollieren ist unheimlich schwierig. Die Menge an KE und die Unberechenbarkeit durch die FPE machen ein normales „Wegspritzen“ unverhältnismäßig schwierig. Lediglich die Tatsache, dass ich eine Pumpe habe, erleichtert mir den Umgang damit. Aber selbst damit ist es extrem schwierig. Mein HbA1c leidet sehr darunter.
Psychisch gesehen ist das Ganze wie oben beschrieben ein echter Teufelskreis. Ich bin oft deprimiert, weil ich das Gefühl habe, zu schwach zu sein, um mich selbst zu kontrollieren. Und das führt wieder erneut zu Essattacken. Gleichzeitig sinkt das Selbstwertgefühl.
Wie fühlst du dich während und nach einer Essattacke?

Wie soll man das beschreiben? Es ist einfach so, als hätte sich vor der Essattacke eine enorme Menge psychischer Druck aufgebaut, der mit dem Beginn der Attacke nachlässt. Also ist es gewissermaßen eine Erleichterung und es entstehen natürlich auch Glücksgefühle dabei. Allerdings wird einem auch im selben Moment bewusst, wie selbstzerstörerisch das Verhalten eigentlich ist. Und dann kommen wieder die negativen Gefühle… Nun ja…
Es ist also ein richtiger Teufelskreis. Wie reagiert dein Umfeld darauf?
Ich sollte vielleicht vorher sagen, dass eigentlich niemand außer meiner Freundin darüber Bescheid weiß. Natürlich ist das Verhalten für unsere Beziehung ziemlich belastend, vor allem dadurch, dass ich stets unausgeglichen und launisch bin. Ich habe lediglich einmal mit meinen Eltern darüber gesprochen, aber irgendwie kam es dann nie wieder zur Sprache. Was den Freundeskreis betrifft, so weiß auch dort niemand Bescheid. Ich glaube, das ist auch das Spezielle daran – man is(s)t wirklich alleine.
Gibt es irgendwelche Möglichkeiten, die Essstörung erfolgreich zu bezwingen?
Ich versuche es seit geraumer Zeit, mithilfe einer Psychotherapie gegen die Essstörung vorzugehen. Bislang leider erfolglos. Selbst wenn es mal eine längere Zeit lang gut funktioniert, kommt sie irgendwann wieder zurück. Nichtsdestotrotz versuche ich weiter, dagegen vorzugehen und etwas zu ändern. Und genau das würde ich auch allen anderen Betroffenen raten: nicht einfach aufzugeben, sondern immer wieder von Neuem zu versuchen, dagegen anzukämpfen.
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loredana postete ein Update vor 1 Tag, 15 Stunden
Die Registrierung mit dem Geburtsjahr war echt sportlich. Wollte es schon fast wieder abbrechen.
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tefanie3010 postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Dia-Newbies vor 3 Tagen, 8 Stunden
Hallo, ich bin Stefanie, die Diagnose Typ 1, habe ich vor drei Monaten bekommen.
Ich merke wie es mir aktuell mit der Diagnose eher schlechter, als besser geht und meine Depression wieder da ist und ich auch eine neue Therapie starten werde. Ich habe aber das Gefühl, dass mich niemand Freundeskreis verstehen kann, weil niemand weiß, wie sehr diese Diagnose das Leben durcheinander bringt und ich auf so vieles aufpassen muss. Vor zwei Wochen hatte ich meine Schulung, tatsächlich fällt mir der Umgang mit dem Diabetes eher sogar schwerer. Eine Leichtigkeit (ist auch zu viel verlangt) ist nicht eingetreten. Sicherheit nur etwas.
Es gibt bei mir leider keine Selbsthilfegruppen vor Ort, darum habe ich mich nun entschieden, den Diabetes Anker beizutreten und hoffe auf Verständnis von “Gleichgesinnten”
Viele Grüße-
lena-schmidt antwortete vor 1 Tag, 14 Stunden
Hallo Stefanie, schön ,dass du da bist. Wir treffen uns zum virtuellen Austausch nächste Woche Donnerstag. Vielleicht hast du ja Zeit und kannst dich einwählen 🙂 Ich freue mich, wenn wir uns dort sehen. Liebe Grüße Lena
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moira antwortete vor 1 Tag, 12 Stunden
Hallo Stefanie! Ich weiß noch wie es nach meiner Diagnose war – es dauert bis da von Leichtigkeit die Rede sein kann. Und das Umfeld tut sich oft sehr schwer das alles zu verstehen. Es wird besser aber es braucht Zeit. Alles Gute
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tefanie3010 antwortete vor 19 Stunden, 59 Minuten
@lena-schmidt: Hallo Lena, ich habe angemeldet und steht auch fest im Kalender.
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tefanie3010 antwortete vor 19 Stunden, 56 Minuten
@moira: Danke dir, ja es ist nicht ganz leicht damit klarzukommen und du hast recht, das Umfeld stellt mir Unmengen an Fragen, aber die kann ich aktuell selbst nicht beantworten, weil ich selbst genügend habe und andere Prios. Am schlimmsten empfinde ich die gutgemeinten “Ratschläge”.
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