Eine Balkanrundreise mit Diabetes im Gepäck

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Eine Balkanrundreise mit Diabetes im Gepäck

Zwei Wochen bin ich mit dem Auto erst quer durch Deutschland und dann durch die Balkanländer Kroatien, Montenegro und Bosnien und Herzegowina gedüst. Knapp 5000 Kilometer in 2 Wochen klingt nach Abenteuer, oder? Das war es auch – und dann kam ja auch noch der Diabetes dazu! Im Folgenden möchte ich euch von ein paar Diabetes-Situationen auf der Reise erzählen.

Blutzucker-Check bei den Plitvicer Seen (unten) und Diabetes im Gepäck beim Štrbački Buk in Bosnien und Herzegowina (oben) / Quelle: Lea Raak

Vorbereitungen für die Reise

Für die Reise habe ich, was den Diabetes angeht, keine völlig neuen Vorbereitungen getroffen. Wie üblich habe ich lieber zu viel von allen Utensilien dabeigehabt; außerdem hatten wir eine Kühlbox, die in den Zigarettenanzünder des Autos gesteckt werden konnte und so die ganze Zeit gekühlt hat. Dort drin wurde die kostbarste Fracht, mein Insulin, gelagert. Ich habe auch eine größere Menge an Traubenzucker, Fruchtgummi und Energieriegeln mitgenommen, nur für den Fall, dass es in abgelegeneren Gegenden keine meiner „Lieblingshypohelfer“ gibt. Natürlich sind Säfte und Cola immer eine Option, aber für mich eher eine Notlösung. (Die Sorge war jedoch recht unbegründet; Traubenzucker bekannter Marken gab es selbst in den kleinsten Lädchen auf den Dörfern.)

Die ersten Tage lief es wirklich wunderbar mit meinen Zuckerwerten, normalerweise ist es im Urlaub ja doch recht unberechenbar, sei es wegen ungewohnter Zeiten, des ungewohnten Essens oder der Unternehmungslust und damit verbunden viel „Ausdauersport“ für den Diabetes.  Doch meine Werte blieben sehr beständig 95% der Zeit in meinem Zielbereich. Ich konnte diesem neugewonnenen Frieden kaum trauen, aber war auch glücklich damit, meinen Urlaub unbeschwert genießen zu können. 

Unterzuckerungen ohne Worte 😉 / Quelle: Lea Raak

Mein Lieblings-Unterzuckerungssnack

Natürlich waren einige kleinere Unterzuckerungen dabei, die ich jedoch recht schnell abfangen konnte. Außerdem hatte ich so die Möglichkeit, ganz viel von meinem Lieblingsobst zu essen, ohne es zu berechnen: Feigen! Die gab es dort an jedem Straßenrand und sie ließen mein Herz jedesmal höherschlagen. Ich weiß nicht genau, weshalb, aber Feigen zu essen macht mich wirklich sehr froh. 😉

Unterzuckerungschaos im Urlaub?

Die erste brenzlige Situation ereignete sich auch nach einem Essen. Wir haben in unserer Ferienwohnung in Montenegro glutenfreie Pasta und vegane Bolognese dazu gekocht (übrigens ein super leichtes Ding für jede Reise ohne viele Utensilien!). Meine Reisebegleitung ist gluten-intolerant und hatte Reisnudeln mitgebracht. Da Reis bei mir und vielen anderen Menschen mit Diabetes ordentlich reinhaut, habe ich (eigentlich) ganz normal gespritzt. Wir haben dann gegessen und ich bin danach duschen gegangen.

Nach der Dusche fühlte ich mich plötzlich richtig merkwürdig, als würde ich gerade träumen und wäre gar nicht richtig anwesend. Dann hat auch schon das Dexcom gepiept und mir 46 mg/dl (2,6 mmol/l) mit zwei Pfeilen nach unten angezeigt! Mit 7 noch wirkenden Einheiten Insulin! Mir wurde langsam schwindelig, der Raum fing an, sich zu drehen, und kalter Schweiß brach aus. Ich habe in Rekordgeschwindigkeit eine Rolle Traubenzucker „inhaliert“ und danach die Notfall-Cola getrunken. Zum Glück war ich nach einer Weile wieder bei 100 mg/dl (5,6 mmol/l) angekommen, aber so eine heftige und schnell fallende Unterzuckerung hatte ich schon lange nicht mehr und war auch dementsprechend fertig mit der Welt. Die Katzenbabys auf unserer Terrasse haben mich schnell wieder etwas aufgemuntert. Trotzdem hat mir die Situation ziemliche Angst gemacht, denn ich hatte keine Notfallspritze parat und zudem waren wir in einem kleinen Örtchen in der Natur, kein Arzt oder Krankenhaus in unmittelbarer Nähe. Ich bin sehr froh, dass alles gut ausgegangen ist – meine Notfallspritze werde ich dennoch bei der nächsten Reise im Gepäck haben!

Das dörfliche Leben in Bosnien und Herzegowina / Quelle: Lea Raak

Plötzliche Sensorausfälle und andere Dilemmas

Ein anderes Dilemma ist mir in Kroatien passiert. Kurz vor dem Schlafengehen ist mein Sensor plötzlich ausgefallen, 2 Tage früher als geplant. Und wie es dann immer so ist, sind auch genau dann meine Teststreifen leer gewesen. Alles kein Problem, denn ich hatte ja Ersatz dabei! Allerdings lag dieser Ersatz im Kofferraum unseres Autos, welches ein Stückchen weiter weg stand. Die Schuld liegt in diesem Fall eindeutig bei mir und ich habe meine Ersatzsachen danach auch in meinem Rucksack verstaut. Mitten in der Nacht musste ich dann also zu unserem Auto latschen und einen neuen Sensor einsetzen. War auch klar, dass ich genau in dem Moment unterzuckerte.

Diabetes on the Beach 😉 / Quelle: Lea Raak

Wir waren auch öfter am Strand und ich wurde immer sehr interessiert beäugt, trug ich doch schließlich gleich 2 kleine Geräte an meinem Körper zur Schau. Da es teilweise bis zu 36°C warm war, haben es nicht alle meine Omnipods bis zum Ende ihres 3-tägigen Lebens geschafft und sind vorher einem Gemisch aus Wasser, Schweiß und Sonnencreme zum Opfer gefallen. Da war ich dann doppelt froh, so viel Ersatz eingepackt zu haben! Den Müll habe ich übrigens wieder mit nach Deutschland genommen und hier entsorgt, weil ich mir in den Ländern unsicher war, wie z.B. Nadeln im Restmüll gehandhabt werden. 

Montenegro ist ein Paradies! / Quelle: Lea Raak

Ein kleines Fazit:

Zu der Reise kann ich sagen, dass mir vor allem Montenegro und Bosnien und Herzegowina wahnsinnig gut gefallen haben! Landschaftlich wunderschön und touristisch noch nicht allzu überlaufen bieten die Länder eine wunderbare Alternative für den Sommerurlaub in einem heißen Land. Und das geht auch ganz ohne Fliegen! Wer mit dem Auto in diese Länder fährt, sollte sich jedoch der sehr lockeren und schnellen Fahrweise der Montenegriner*innen bewusst sein und außerdem kein Problem mit unasphaltierten, engen und löchrigen Straßen haben, die oft sehr kurvenreich durch die Berge führen.

Kennt ihr solche oder ähnliche Situationen mit dem Diabetes auch aus dem Urlaub? Lasst es mich in den Kommentaren wissen!


Neben dem Reisen interessiert sich Lea vor allem für die Aufklärung über Typ-1-Diabetes, dafür war sie u.a. auf einem Workshop für junge Patientenvertreter*innen für chronische Erkrankungen: Ihr Erfahrungsbericht!

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  • hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid

    • mayhe antwortete vor 5 Tagen

      Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike

    • @mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid

    • Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike

  • Wir freuen uns auf das heutige virtuelle Community-MeetUp mit euch. Um 19 Uhr geht’s los! 🙂

    Alle Infos hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-november/

  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

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