5 Minuten
Der Mensch will Abwechslung und Herausforderungen: Wer dies nur beim Essen hat und sonst nicht, bei dem läuft etwas falsch im Leben. Denn auf Dauer machen kulinarische Alltagsversüßer nicht glücklich, sondern Hosen enger und Blutzuckerwerte schlechter. Mit kleinen Veränderungen lässt sich viel bewirken.
Leckereien streicheln die Seele und bringen Abwechslung, wenn gerade sonst nichts Spektakuläres passiert. Nur leider schleichen Sie sich klammheimlich ins Leben und werden zur Gewohnheit.
Endlich fertig mit der Arbeit, jetzt nach Hause, schnell etwas essen und dann rauf aufs Sofa. Denn gleich beginnt die neue Doppelfolge der Lieblingsserie. Danach noch den gewohnten Krimi und dann geht’s ins Bett. In der Werbepause werden die neuen Grillwürstchen von einem der Seriendarsteller beworben. Lecker, so eine Wurst, mal sehen, was der heimische Kühlschrank noch zu bieten hat. Schnell was rausholen, denn schon geht’s weiter.
Leider geht es dieses Mal nicht so fesselnd voran wie sonst. Nur nicht ausschalten, es könnte ja doch noch was Interessantes passieren. Aber ein Blick in den Süßigkeitenschrank ist noch drin. Denn beim Knabbern fällt es gar nicht so auf, dass die aktuelle Folge einfach nur langweilt. Im Lauf des Abends wurde die Snackschale mehrfach aufgefüllt. Und die vermeintliche Ablenkung hat sich zur regelrechten Fressattacke gemausert…
Ähnlich geht es vielen auf Bahn- oder Autofahrten. Kaum auf dem Bahnsitz oder im Auto, wird Proviant ausgepackt. Das lenkt zumindest etwas vom stupiden Fahren ab. Nicht nur in der Freizeit, auch am Arbeitsplatz durchbricht der Snack nebenbei die alltägliche Routine. Und weil Nüsse so lecker waren, gleich noch ein paar hinterher. Irgendwann im Lauf des Tages ist die Tüte leer und man fragt sich: “Nüsse, wo seid ihr geblieben?”
Haben Sie sich in einer dieser Situationen erkannt? Dann wird es Zeit, das Übel beim Schopf zu packen und aktiv etwas zu verändern. Denn zufrieden macht das auf Dauer nicht – weder den Bauch noch den Geist oder Ihren Blutzucker. Selbst Kleinkinder werden heute ständig kulinarisch bespaßt – sei es mit einem Keks, der Flasche oder einem Eis. Maulen die Kleinen im Kinderwagen oder zu Hause, gibt es etwas zu essen. Das ist der völlig falsche Weg, denn so lernen sie bereits in ganz jungen Jahren, dass temporärer Leerlauf oder Langeweile mit Essen überbrückt werden.
Keine Panik, denn Sie sind mit Ihrem Schicksal nicht allein: Laut Umfragen isst fast ein Drittel der Erwachsenen aus diesem Beweggrund statt wegen Hungers. Nur: Satt machen all diese Snacks leider nicht – und zufrieden auch nicht. Das Hochgefühl ist nur von kurzer Dauer – der Katzenjammer, wenn Hose und Rock kneifen und spannen, umso größer. Letztlich sind es die lästigen Gewohnheiten, die dazu verleiten, immer wieder in diese Fallen zu tappen.
Es wird also allerhöchste Zeit, Gewohnheitstierchen, Schweinehund und kulinarischen Langeweile-Highlights den Kampf anzusagen. Allerdings wird es zunächst einmal etwas Arbeit sein – und anstrengend: Denn der Mensch weicht nur ungern von seinen Ritualen ab. Damit Sie vom Dauersnacken wegkommen, gibt es ein paar erklärungsbedürftige Fakten:
Haben Sie keine Angst vor längeren Esspausen; der Körper kann problemlos auch mal drei bis vier Stunden ohne einen Happen auskommen. Ausnahmen sind Unterzuckerungen. Und selbst dann muss es nicht die halbe Packung Kekse oder Gummibärchen sein, um den Blutzucker wieder in Balance zu bringen.
Wer auf einmal Magenknurren verspürt, sollte trotzdem erst einmal abwarten und ein Glas Wasser trinken. Denn die Magenmeldung kann auch damit zusammenhängen, dass es ungewohnt ist, nicht ständig im Verdauungsmodus zu sein. Es ist oft einfach eine Trainingssache: Wer regelmäßig, also zu bestimmten Zeiten genug isst, hat zwischendurch meist kein Hungergefühl. Der Magen knurrt dann tatsächlich eher zu seinen gewohnten Zeiten – praktisch wie eine innere Uhr.
Auch vor der eigentlichen Mahlzeit etwas zu trinken, füllt bereits den Magen. Und dann heißt es, langsam zu essen. Ein echtes Sättigungsgefühl setzt meist erst nach etwa 20 Minuten ein – in der Zeit lässt sich so einiges verputzen.
Also: Ohne Veränderung ändert sich auf Dauer nur die Anzeige auf Ihrer Waage – und zeigt kontinuierlich etwas mehr an. Auch das Maß an Schuldgefühlen, persönlicher Verachtung, Unzufriedenheit und Frust nimmt zu. Dazu gesellen sich körperliche Gefahren wie Gewichtszunahme, zunehmende körperliche Einschränkungen aufgrund des Übergewichts, erhöhte Blutfett- und Harnsäurewerte.
Oft gelingt es schon mit kleinen Änderungen, Großes zu bewirken. Als Erstes fühlt man sich mental besser, dann auch körperlich beschwingter und leichter. Gedanken sind nicht nur negativ, denn es gilt, neue Herausforderungen zu meistern. Zunächst ist es wichtig, selbst zu erkennen, wo der Hase im Pfeffer liegt – sprich, wo Langeweile- und Gewohnheitsfallen lauern. Schreiben Sie dazu zwei Wochen auf, was Sie wann und in welcher Menge gegessen haben, am besten ergänzt mit Smileys, die Ihre Gemütslage widerspiegeln. Das geht schnell, macht aber deutlich, wann, warum und wie viel einverleibt wird.
Primär geht es jetzt nicht darum, möglichst bewusst zu essen, sondern die bisherigen alltäglichen Gewohnheiten zu erfassen und auch zu entlarven. Es geht also neben Hauptmahlzeiten auch um Snacks oder Leckereien unterwegs, am Arbeitsplatz oder vor dem Fernseher. Analysieren Sie nach dieser Zeit das Tagebuch realistisch: Sind es immer die Fallen während der Autofahrt, am Arbeitsplatz, beim Zappen durch die TV-Kanäle oder beim Arbeiten am Computer?
Wer glaubt, alles auf einmal ändern zu müssen, ist auf dem Holzweg. Kontinuierlich und mit kleinen Schritten geht es erfolgreicher an neue Gewohnheiten. Thema Fernsehen: Schauen Sie am besten nur noch die Sendungen, die Sie wirklich interessieren. Und ist der Beitrag langweilig: ausschalten. Das fällt am Anfang schwer, wird aber mit der Zeit leichter. Bei einer Serie verpasst man trotzdem nicht den Anschluss. Manchmal hilft es, der TV-Langeweile zu entkommen, wenn man einfach aufsteht, woanders hingeht oder auf der Stelle walkt. Das durchbricht den bohrenden Gedanken an Essen und lenkt wunderbar ab.
Gut ist auch, beispielsweise einem Hörbuch zu lauschen: Es kurbelt das Kopfkino an, und hier muss man sich genau konzentrieren, um der Handlung folgen zu können. Das geht ohne Werbepause und Naschereien. Hörbücher sind auch toll bei Fahrten mit der Bahn oder im Auto. Wer hier generell nichts isst, programmiert sich direkt so, dass diese Aktivität nicht mit Essen verknüpft wird.
Hilfreich ist es auch, einfach eine Flasche Wasser dabeizuhaben. Wenn die Lust auf Knabbern steigt, trinken Sie einfach etwas – denn es geht um Beschäftigung. Das ist auch beim Lesen von Büchern oder Magazinen möglich.
Machen Sie eine Liste, was längst einmal gemacht werden muss: bügeln, Schränke und Schubladen aufräumen, Pflanzen umtopfen, Fotos und Papiere oder die Ordner im Computer sortieren. Auch ein neues, spannendes Hobby durchbricht langweilige Routinen und hält von ungewolltem Essen ab. Übrigens: Im Schnitt dauert es etwa 6 Wochen, bis ein neu erlerntes Verhalten praktisch automatisiert übernommen wird. Und dafür ist es nie zu spät, ganz gleich, wie alt man ist. In diesem Sinne – viel Freude im neuen Leben!
von Kirsten Metternich
Diätassistentin DKL/DGE, Rwedaktion Diabetes-Journal
Hildeboldstraße 5, 50226 Frechen-Königsdorf,
Tel.: 0 22 34/91 65 41, Fax: 0 22 34/91 65 42,
E-Mail: info@metternich24.de
Website: www.metternich24.de
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2016; 65 (8) Seite 23-25
Geschichten, Gemeinschaft, Gesundheit: Der Diabetes-Anker ist das neue Angebot für alle Menschen mit Diabetes – live, gedruckt und digital. Der Diabetes-Anker und die Community sind immer da, wo du sie brauchst. Für alle Höhen und Tiefen.
Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.
Beliebte Themen
Ernährung
Aus der Community
Push-Benachrichtigungen