Fleisch ist nicht gleich Fleisch!

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Fleisch ist nicht gleich Fleisch!

Ein riesiges Echo hat eine WHO-Meldung zur Erhöhung des Krebsrisikos durch Fleisch ausgelöst. Nur über zwei wirklich wichtige Fragen wurde kaum diskutiert, findet Kolumnist Hans Lauber

Wenn’s um die Wurst geht, werden die Deutschen plötzlich hellwach: Selten hat es einen solchen Aufschrei in den Medien gegeben, als nach einer Meldung der WHO, dass der Konsum von Fleisch und Wurst ein erhöhtes Krebsrisiko nach sich zieht. Viele dieser Beiträge habe ich gelesen – und wundere mich über zwei Dinge: Erstens: Welcher pathophysiologische Mechanismus dahintersteckt wurde kaum erläutert. Und zweitens: Es wurde kaum differenziert zwischen Fleisch und Wurst und noch weniger zwischen guten und schlechten Fleischwaren.

Zur Pathophysiologie: Auch ein erhöhtes Diabetesrisiko wird seit langem mit dem Verzehr von Fleisch in Verbindung gebracht – genau so wie nun aktuell ein erhöhtes Krebsrisiko. Aber was denn wirklich diese krankhaften Veränderungen im Körper auslöst, weiß niemand so wirklich. Sicher, es wird auf Studien verwiesen. Nur, damit lässt sich vieles beweisen – und oft genau so gut widerlegen. Immer noch scheint die Wissenschaft nicht stringent beweisen zu können, welche Wirkungen das Fleisch im Körper auslöst.

Auch „Deutschlands oberster Ernährungsforscher“, Prof. Gerhard Rechkemmer, Präsident der Bundesforschungsanstalt für Ernährung, hatte in einem ganzseitigen Interview mit der FAS vom 1. November leider nur einen Offenbarungseid zu leisten, warum das Krebsrisiko laut WHO um 18 Prozent steigt, wenn täglich 50 Gramm Wurst oder 100 Gramm Fleisch gegessen wird: „Worauf diese Erhöhung basiert, was mich als Wissenschaftler besonders interessiert, ist noch gar nicht veröffentlicht“.

Das Eisen in der Wurst kann Entzündungen auslösen

Gerne gebe ich dem Ernährungswissenschaftler bis zur Veröffentlichung einige Hinweise, die ich meinem Buch „Zucker zähmen“ entnehme: „Die in der Wurst schlummernden gesättigten Fette begünstigen die Entstehung von freien Radikalen, die sich negativ auf den Stoffwechsel der Zellen auswirken. Verstärkt wird dieser Prozess durch das Eisen im Farbstoff Myoglobin des roten Fleisches. Die daraus resultierende Eisenüberladung des Körpers mit dem Depot-Eisen Ferritin begünstigt wiederum Entzündungen, die eine wichtige Rolle als Diabetes-Beförderer spielen“. Entzündungen gelten aber auch als eine wichtige Ursache für die Entstehung von Krebs.

Wie gesagt, was ich zitiere, sind die Ergebnisse meiner intensiven Recherchen mit Ärzten und Wissenschaftlern, keine gesicherten Erkenntnisse. Aber das Argument mit den inflammatorischen Prozessen, also den Entzündungen, erscheint plausibel – und es wäre gerade in einer so emotional geführten Debatte wie dem Fleischverzehr wünschenswert, wenn sich die Experten nicht immer nur auf Studien kaprizieren würden, sondern sich stärker mit Ursachen-Wirkungen-Kaskaden beschäftigten. So könnten die Menschen besser einschätzen, was tatsächlich im Körper passiert.

Also, niemand weiß so genau, was das Fleisch im Körper auslöst. Noch weniger ist aber bekannt, welche unterschiedlichen Arten von Fleisch welche Effekte auslösen. Denn „das Fleisch“ gibt es nicht, was leider in den Studien praktisch nicht berücksichtigt wird. Da ist auf der einen Seite das Fleisch der riesigen Tierfabriken, wo mit Wachstumsförderern, häufig genverändertem Futter vor allem Schweine industriell auf engstem Raum turbogemästet und mit Antibiotika vollgepumpt werden. Oft werden diese armen Schweine dann auch noch unter skandalösen Umständen durch Europa gekarrt – was nicht nur jeder Tierethik Hohn spricht, sondern das Fleisch mit Stresshormonen anreichert, es also dramatisch übersäuert – und Übersäuerung ist eine wesentliche Ursache für Entzündungen.

Frei laufende Tiere strotzen vor fitten Fetten

Es sind kranke Methoden, mit denen hier Lebensmittel erzeugt werden, die längst keine Mittel zum Leben, sondern eher tendenziell gesundheitsgefährdend sind. Auch weil dieses Billigfleisch wegen des lächerlich niedrigen Preises auch noch in Unmengen verschlungen wird. Auf der anderen Seite stehen Erzeuger, die Schweine draußen frei laufen und sich ihr Futter selbst suchen lassen, die richtige Muskeln aufbauen können. So eine Sau schmeckt nicht nur großartig, sondern sie strotzt auch vor Herz schützenden Omega-3-Fetten. Ein ähnlicher Effekt stellt sich bei ökologisch im Freien gehaltenem Vieh ein, weshalb „das Fettsäuremuster von Weidemilch günstiger ist als in der konventionellen Milch“, so Prof. Rechkemmer in Sonntags-FAZ, der FAS. Vor allem Kühe, die würzige Kräuter fressen, haben besonders viele der wertvollen Fette, wie Forscher der Zürcher Eliteuniversität ETH herausfanden.

Wer solches Fleisch in Maßen, also ein- oder zweimal die Woche in nicht zu großen Portionen isst, der hat kaum etwas zu befürchten, da mögen die Studien sagen, was sie wollen. Etwas anders sieht es mit der Wurst aus, ein Grundnahrungsmittel im Wurstland Deutschland. Da kann auch hartgesottenen Fleischfreunden die Lust vergehen. Warum, das hat in einem großartigen Beitrag für die „Süddeutsche“ am 31. Oktober der Meisterkoch und Metzgermeister Vincent Klink aus Stuttgart dargelegt: „Würde eine wirklich neutrale Institution unter dem deutschen Wursthimmel zu Gericht sitzen, müssten von 100 verarbeiteten Fleischprodukten, Würzmarinaden und sonstigen Derivaten 80 davon mit einem Totenkopfaufkleber versehen werden“.

Wurst am besten nur beim „Metzger des Vertrauens“ kaufen

Als Beweis für diese kühne These liefert er das Beispiel des fast überall verwendeten Nitritpökelsalzes: „Es handelt sich um das starke Gift Natriumnitrit (tödliche Dosis etwa vier Gramm). Es wird mit Kochsalz einigermaßen verträglich vermengt. Wenn jedoch eine Chemikalie so giftig ist, kann auch der verdünnte Aggregatzustand nicht gesund sein“. Da hat Vincent Klink, dessen kluge Heimatküche ich seit Jahrzehnten schätze, recht – weshalb es sich dringend empfiehlt, Wurst tatsächlich nur bei dem berühmten, dramatisch vom Aussterben bedrohten „Metzger des Vertrauens“ zu kaufen.

Übrigens: Tückische Zusatzstoffe finden sich auch in vielen vegetarischen und vor allem veganen Fertigprodukten – was mit ein Grund sein könnte, dass auch die Liebhaber fleischloser Ernährung ein relativ großes Krebs-Risiko haben. Das ist ja fast schon eine kleine Rache daran, dass viele Vegetarier ihre fleischlosen Würste liebend gern in täuschend echter, „wurstiger“ Form verzehren, was die Wurstfirma Rügenwalder plötzlich auch zu einem Produzenten vegetarischer Erzeugnisse werden lässt.

Lauber´s Hanswurst mit Bockshornklee und Stevia-Ketchup

Da lobe ich mir lieber eine echte deutsche Currywurst. Eine besonders gute Selbstgemachte mit weniger Fett und fittem Bockshornklee empfehle ich in meinem aktuellen Buch „Heimatküche für Diabetiker“. Dort steht auch das Rezept für ein Ketchup, das statt dick machendem Zucker pflanzliche Stevia verwendet. „Lauber´s Hanswurst“ schmeckt gut – und tut gut!

Mehr Infos zur „Heimatküche“ finden Sie hier.


von Hans Lauber
E-Mail: aktiv@lauber-methode.de

Website: www.lauber-methode.de

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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

  • gingergirl postete ein Update vor 1 Woche, 3 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

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    • darktear antwortete vor 1 Woche

      Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 1 Woche, 5 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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