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Im ersten Teil des Interviews hat Steffie Wolf darüber gesprochen, warum sie zusammen mit ihrem Mann Florian ihre Ernährung auf Low Carb – High Fat umgestellt hat. Auch von ihren Erfolgen bei der Gewichtsabnahme hat sie berichtet. Im zweiten Teil geht es jetzt um die praktische Umsetzung: Welche Alternativen zu kohlenhydratreichen Lebensmitteln gibt es? Dauert das Kochen jetzt länger?
In Teil 1 des Interviews erzählt Steffie Wolf von ihrer Entscheidung für Low Carb – High Fat.
Low Carb – High Fat im Alltag: Welche Alternativen zu kohlenhydrathaltigen Zutaten habt ihr gefunden?
Früher haben wir zum Frühstück gerne Toastbrot oder Brötchen gegessen; das geht auch schön schnell. Jetzt ist es in der Regel so, dass wir Quark essen mit unterschiedlichen Früchten. Für den Crunch kommt ein Löffel Selfmade-Müsli dazu. Manchmal gibt es einfach Rührei oder Spiegelei, z. B. mit Avocado und anderem Gemüse dazu. Ich habe auch schon mal ein Eiweißbrot gekauft. Das ist kein richtiger Ersatz für ein normales Brot, aber man kann es ganz gut essen. Fürs Frühstück läuft das eigentlich sehr gut, am Wochenende brunchen wir meistens, dann gibt es vielleicht auch mal einfach ein paar Bohnen mit etwas dazu. Also es fehlt eigentlich nichts, das ist das Lustige daran.
In der Fastnachtszeit haben wir ganz gerne mal einen Berliner gegessen – es gibt auch einen richtig guten Bäcker bei uns. Wir hatten uns zunächst überlegt, das machen wir als Ausnahme, so als Verwöhntag, aber wir haben festgestellt: Eigentlich haben wir gar keinen Appetit darauf. Anscheinend hat sich auch der Geschmack verändert. Das Empfinden für Süßes ist anders geworden. Zum Beispiel merken wir, dass Dinge plötzlich süß schmecken, die früher nie süß geschmeckt haben. Wir schmecken jetzt die natürliche Süße viel mehr.
Bei den Hauptmahlzeiten gibt es z. B. statt Nudeln (aus Getreide) jetzt eben Nudeln aus Gemüse. Oft lassen wir auch einfach die Sättigungsbeilage weg. Was bei uns gut funktioniert hat, ist, viele Hülsenfrüchte zu verwenden, als Beilage oder auf einem Salatteller. Auch als Suppenbindung kann man gut pürierte weiße Bohnen nehmen. Ich habe auch mit verschiedenen Böden für Pizza und Flammkuchen experimentiert. Rezepte mit Chia-Samen oder Leinsamen – das war leider nicht unser Geschmack. Jetzt haben wir von einer Bekannten eine schöne Variante übernommen: Quark, Eier und Käse zusammenmixen, diese Masse als Boden vorbacken und dann belegen. Das kann man wirklich wunderbar als Ersatz für einen herkömmlichen Pizza- oder Flammkuchenteig nehmen und die Masse ist relativ simpel herzustellen. Übrigens kann man den Boden für eine Pizza auch aus Blumenkohl oder mit Thunfisch machen. Statt Burgerbuns aus Weizenmehl backen wir Cloud Bread. Die kann man nach Gusto auch mit Quark machen und mit etwas Sesam oder schwarzen Zwiebelsamen bestreuen.
Braucht Ihr jetzt länger, um die Mahlzeiten zuzubereiten? Wie ist Deine Einschätzung?
Man stellt sich um. Es ist nicht so, dass es sehr viel mehr Zeit in Anspruch nehmen würde. Wir kochen heute halt noch sehr viel mehr als früher. Natürlich kann man nicht so einfach eine Pizza aus dem Eisschrank holen oder schnell die Nudeln in den Topf schmeißen. Wobei: Eine Zucchini für Gemüsenudeln zu hobeln, ist auch nicht so wahnsinnig aufwendig, und der Aufwand für die Soße bleibt ja gleich.
Macht Ihr manchmal auch Ausnahmen? An Fastnacht hättet Ihr ja auch einen Kreppel/Berliner gegessen, wenn Ihr Lust darauf gehabt hättet …
Wir haben auch schon Ausnahmen gemacht, z. B. an Weihnachten, als wir eingeladen waren. Und im Urlaub in Frankreich haben wir zum Frühstück auch mal ein Stückchen von dem selbstgebackenen, sehr leckeren Brot gegessen. Aber dann nimmt man eine kleine Scheibe oder ein kleines Stück – und genießt es. Und man macht es nur selten, weil man eben nicht aus diesem Prozess der Ketose herauskommen will. Wenn man es zu sehr übertreibt, ist man für eine Woche oder zwei Wochen aus diesem Fettverbrennungsbereich raus.
Aber es ist nicht unbedingt nötig, Ausnahmen zu machen. Wir haben festgestellt, dass man in jedem Restaurant fragen kann, ob Gerichte anders serviert werden. Man sucht sich dann etwas aus, das man gut essen kann, und kann außerdem fragen, ob man statt der Beilage Salat bekommen kann oder eben nur Gemüse. Bis jetzt hat es immer gut funktioniert. Wir sagen auch: „Das Brot lassen wir weg.“ Oder: „Bitte keinen Reis.“
Habt Ihr neue Lieblingsrezepte gefunden?
Also der Flammkuchen, da habe ich gehört, den soll es öfter mal geben. Der geht auch relativ fix, es ist keine große Vorbereitungszeit notwendig. Wir kochen ja auch nicht so viel anders als vorher, nur eben mit etwas geänderten Zutaten. Es hat sich ein bisschen verschoben, der Gemüseanteil ist noch etwas größer geworden. Vorher hat man auch mal schnell abends Nudeln gekocht, ein paar Tomaten dazu, vielleicht noch ein Pesto – das geht einfach fix. Jetzt wird eben Gemüse zu Nudeln gehobelt. Zur Grillsaison ist übrigens ein „Fake“-Kartoffelsalat dazugekommen. Statt Kartoffelscheiben verwenden wir Kohlrabi. Der Salat wurde bereits erfolgreich an nicht LCHF-lern getestet. Im Diabetes-Journal gibt’s immer wieder Rezepte, die mich inspirieren, wie z. B. den Kräutersalat mit Feta und Wassermelone (Ausgabe 07/15). Daraus ist für Grillabende eine Variante ohne Brunnenkresse, Erdnüsse und Kürbiskerne, dafür aber mit Stangensellerie, frischer roter Chili und einer leckeren Himbeervinaigrette entstanden. Herrlich erfrischend…
Und was ist mit Kuchen und Süßigkeiten?
Essen wir so gut wie gar nicht. Das haben wir mehr oder weniger komplett abgeschafft. Ich habe letztens aber mal einen Bananenkuchen gebacken. Die Bananen mussten weg, da war die Frage: Was mach‘ ich jetzt damit? Den Teig habe ich komplett ohne Mehl gemacht, nur mit Mandeln und Nüssen. Das einzige, was an mehlartigen Kohlenhydraten dran war, war das Backpulver. Man kann nicht viel davon essen, aber durch Quark und Eier wird der Kuchen sehr schön saftig.
Hat sich denn noch etwas an eurer Ernährung geändert?
Wir essen jetzt mehr Gemüse – aber auch mehr Fleisch und Wurst. Der Grund dafür ist, dass ja manche anderen Lebensmittel weggefallen sind. Wir versuchen natürlich, nicht übermäßig viel zu essen, aber es ist schon etwas mehr.
Gibt es denn – vom Abnehmen abgesehen – noch andere körperliche Auswirkungen? Hast Du auch Dein Ziel erreicht, dass es mit dem Diabetes besser klappt?
Ich habe weniger Unterzuckerungen, weniger Schwankungen. Der HbA1c hat sich durch die Ernährungsumstellung eigentlich nicht verändert, aber es ist nicht gekauft durch die vielen Unterzuckerungen. Der HbA1c-Wert bildet den Mittelwert der letzten drei Monate ab. Es kann allerdings ein relativ gleichförmig Blutzuckerverlauf oder aber auch eine Berg- und Talfahrt mit vielen hohen und vielen niedrigen Werten dahinterstecken. Das erkennt man am HbA1c-Wert aber an sich nicht. Von daher habe ich zumindest schon mal ein Teilziel erreicht.
Also soll der HbA1c-Wert auch noch etwas runter?
Es wäre schön, ihn noch ein bisschen weiter zu senken. Ich bleibe dran!
Es ist doch aber erst einmal wichtig, nicht mehr so starke Schwankungen zu haben …
Genau, und diese Unterzuckerungen ermüden ja auch. Wenn du nachts eine Unterzuckerung hast, bist du am nächsten Tag durchgekaut. Und ich habe eben wieder ein ganz anderes Körpergefühl. Wenn über 13 Kilo weg sind – das macht sich schon bemerkbar. Das sind bis jetzt immerhin etwa 54 Butterpäckchen. Die habe ich vorher mitgetragen. Würde ich die 54 Butterpäckchen in einen Rucksack tun, würde ich deutlich merken, was ich vorher mit mir herumgeschleppt habe.
Es soll jetzt aber noch ein bisschen weiter gehen. Und es wird, denke ich, eine lebenslange Veränderung oder zumindest eine lange Veränderung sein. Das war mir aber von vorneherein klar, dass ich nicht wieder ins alte Schema zurückfallen kann, denn dann würde ich wahrscheinlich wieder zunehmen und schnell vielleicht sogar noch mehr wiegen als mein Ausgangsgewicht vor der Umstellung auf Low Carb.
Anders zu essen, weniger Kohlenhydrate zu mir zu nehmen, tut ja aber nicht weh. Für uns ist es ein guter Weg, es so zu machen. Ich denke, nach zehn Monaten kann man auch sagen: Man fühlt sich mit dieser Art der Ernährung wohl oder nicht. Nach dieser Zeit weiß man auch: Man kann es durchhalten oder nicht. Spannend war es in der Weihnachtszeit. Normalerweise hatten wir da auch Plätzchen und Lebkuchen, und jetzt zum ersten Mal nicht. Aber es hat auch nichts gefehlt. Ich konnte an den Dingern gut vorbeigehen, ohne zu sagen: Schade. Das habe ich mir vorher nicht vorstellen können. Ich hatte auch ein bisschen Angst, dass ich auf Pasta und Kartoffeln mit einer schönen Soße nicht verzichten könnte. Aber es hat sich herausgestellt: Ich kann es doch.
Ohne mein FGM (FreeStyle Libre) und die damit verbundene Möglichkeit, schnell, unkompliziert und vor allem so häufig wie gewünscht und nötig die Glukosewerte abzurufen, wäre eine solche Umstellung m. E. nicht unmöglich, aber doch sehr, sehr viel schwieriger zu managen.
Wie ist es, diese Traditionen aufzugeben? Es ist ja nicht nur so, dass man in der Weihnachtszeit Plätzchen isst, man backt ja vielleicht auch gerne selbst welche.
Auf alle Fälle. Es ist unendlich viel leichter, wenn man das zusammen macht, so wie ich mit meinem Mann. Wenn man nicht extra jeden einzeln bekochen muss. Der eine versteht den anderen auch, wenn es mal irgendwo hakt und nicht mehr weitergeht.
Hättest Du es aber auch allein gemacht?
Ich hätte es auch allein gemacht. Für mich war die Entscheidung: Ich mache es, und dass Florian mitmacht, ist natürlich das Sahnehäubchen obendrauf gewesen.
Es ist dann auch leichter, durchzuhalten …
Absolut. Und statt Chips oder ähnlichem haben wir Nüsse da oder knabbern ein Stückchen Käse, und das funktioniert recht gut.
Interview: Nicole Finkenauer
Nicole Finkenauer-Ganz | Redaktion Diabetes-Journal
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