Kohlenhydrate: Von kleinen und großen Händen

3 Minuten

Kohlenhydrate: Von kleinen und großen Händen

Die Empfehlungen für eine gesunde Kohlenhydratmenge unterscheiden sich in den aktuellen Medien stark – auch weil Low-Carb-Diäten im Trend liegen wie Logi, Atkins oder eine “ketogene Ernährung”. Es kommt aber nicht auf die prozentuale Menge, sondern viel mehr auf die Art der Kohlenhydrate an.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) und die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) empfehlen in ihren aktuellen Leitlinien, täglich 50 bzw. 45 bis 60 Prozent der Gesamtenergiemenge in Form von Kohlenhydraten zu essen. Bei einem Tagesbedarf von rund 2 000 Kilokalorien entspricht das 225 bis 300 g Kohlenhydraten (entspricht 25 – 30 KE bzw. 19 – 25 BE). Begründet ist dies aus Studien, die auch die Komplexität von Kohlenhydraten berücksichtigen.

Das Risiko für viele ernährungsmitbedingte Krankheiten kann gesenkt werden durch eine hohe Aufnahme kohlenhydrathaltiger Vollkornprodukte sowie vieler Ballaststoffe – das sind unverdauliche Bestandteile pflanzlicher Nahrungsmittel. Die Gefahr von krankhafter Fettleibigkeit steigt dagegen vor allem durch zuckergesüßte Getränke wie Limonaden, Cola, Eistee und einen hohen Konsum energiereicher Fertigprodukte.

Wie sich Kohlenhydrate unterscheiden

Kohlenhydrate werden unterschieden bezüglich der Anzahl ihrer Zuckerbausteine, aus denen sie sich zusammensetzen: Einfach- und Zweifachzucker (Mono- bzw. Disaccharide) wie Traubenzucker (Glukose) und Haushaltszucker (Saccharose) eignen sich zum Beispiel, um den Blutzucker bei einer Unterzuckerung schnell ansteigen zu lassen. In allgemeinen Empfehlungen sollten sie nur eine untergeordnete Rolle spielen. Praktisch gilt es, ihren Anteil bei Diabetes unter 10 Prozent der täglichen Gesamtenergiemenge zu halten.

Eine Erhöhung des Blutzuckers durch rasch wirksame Kohlenhydrate führt zu einer schnellen und starken Insulinausschüttung; dies kann das Entstehen freier Sauerstoffradikale begünstigen und entzündungsfördernd wirken. Als ideale Kohlenhydratträger bieten sich Mehrfachzucker an(Polysaccharide): Diese müssen vom Körper zunächst in ihre Einzelteile zerlegt werden, bevor sie nach und nach ins Blut abgegeben werden. Die Folge ist ein langsamer Anstieg des Blutzuckers wie bei Vollkornbrot, Hülsenfrüchten oder Vollkornmüsli.

Praktisch ist es ganz einfach: Je mehr Ballaststoffe ein Lebensmittel enthält, desto günstiger ist es für den Verlauf des Blutzuckers. Zudem sättigen sie und können die Verdauung auf natürliche Weise anregen.

Auf die richtige Verteilung kommt es an

Bei der Verwendung von Mahlzeiteninsulin sowie der Einnahme bestimmter Diabetes-Medikamente wie Sulfonylharnstoffe ist die Abstimmung mit den tatsächlich gegessenen Kohlenhydraten notwendig. Das korrekte Einschätzen der Kohlenhydratmengen sollte geübt werden. Dazu bietet sich Wiegen kohlenhydrathaltiger Lebensmittel an – besonders wichtig für Typ-1-Diabetiker. Kohlenhydrat-Austauschtabellen oder Apps für das Smartphone können dabei unterstützen.

Die gleichmäßige Verteilung der gegessenen Kohlenhydrate über den Tag unterstützt gerade beim Typ-2-Diabetes die Therapie und kann zur langfristig normnahen Blutzuckereinstellung beitragen. Die Bauchspeicheldrüse wird durch eine gleichmäßige Anflutung von Kohlenhydraten im Blut entlastet.

Lesetipp

Die Diabetes-Journal-Nährwert-Tabelle: BE, KE und Kalorien auf einen Blick, von Kirsten Metternich www.medtrix-shop.de (10 €)

Neben der gegessenen Kohlenhydratmenge spielen deren Verarbeitungsgrad, Ballaststoffgehalt sowie die Kombination mit Fett und Eiweiß eine entscheidende Rolle. Der Blutzuckeranstieg kann stark verzögert sein gerade bei sehr ballaststoffreichen sowie fett- und eiweißhaltigen Mahlzeiten: zum Beispiel bei Erbsen- oder Linseneintopf, fettreichen Speisen wie Käsespätzle oder Pizza. Hier kann es notwendig sein, die benötigte Insulinmenge zeitverzögert zu spritzen.

Im Hinblick auf Ballaststoffe wird Diabetikern eine Tagesmenge von 40 g empfohlen. Allerdings zeigen sich auch bei geringeren Mengen positive Effekte auf Blutzucker und Sättigung. Eine regelmäßige bewusste Aufnahme vor allem unlöslicher Ballaststoffe kann eine vorhandene Insulin-Unempfindlichkeitverbessern. Lösliche Ballaststoffe wirken günstig auf den Glukose- und Fettstoffwechsel. Beide Arten sind in pflanzlichen Lebensmitteln enthalten; je weniger sie verarbeitet sind, desto besser ist es.

Hülsenfrüchte mehrfach pro Woche

Auch wenn sich manche Empfehlungen zunächst abstrakt anhören, ist die praktische Umsetzung gar nicht schwierig. Die tägliche Kohlenhydratauswahl sollte bevorzugt bestehen aus komplexen, also ballaststoffreichen Lebensmitteln. Dazu eignen sich gut Produkte aus dem vollen Korn wie Vollkornnudeln und Vollkornbrot, egal ob feinvermahlen oder grob. Haferflocken im Müsli bieten sich an. Beim Backen kann ein Teil des verwendeten Mehls der Type 405 durch eines mit höherem Ausmahlungsgrad (also mit höherer Type) ersetzt werden.

Hülsenfrüchte wie Linsen, Kichererbsen und Kidneybohnen sollten bis zu 4-mal pro Woche auf dem Speiseplan stehen. Dazu werden täglich 5 Portionen Gemüse und Obst empfohlen. Faustregel: kleine Hände – kleine Portion, große Hände – große Portion. Sparsam zugehen sollte es bei zuckerhaltigen Produkten wie Getränken, Süßigkeiten, Kuchen und Zucker.

Wie erwähnt, wird täglich eine Menge von maximal 10 Prozent der Gesamtenergiemenge aus zuckerhaltigen Lebensmitteln empfohlen. Praktisch entspricht dies beim täglichen Energiebedarf von 2 000 Kilokalorien gerade einmal 200 Kilokalorien. Wer einen halben Liter Limonade trinkt oder 40 g Schokolade oder Chips isst, hat dies schon erreicht.

Schwerpunkt „Essen bei Diabetes“


von Joana Greiner

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2017; 66 (5) Seite 26-27

Diabetes-Anker-Newsletter

Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.

Ähnliche Beiträge

Herz-Experten empfehlen: Acht Maßnahmen zum Schutz vor Herzinfarkt und plötzlichem Herztod

Die Koronare Herzkrankheit betrifft Millionen Menschen in Deutschland und ist Hauptursache für Herzinfarkt und plötzlichen Herztod. Kardiologen der Deutschen Herzstiftung nennen acht konkrete Maßnahmen zur Vorbeugung – von Blutdruck-Kontrolle bis Sport.
Herz-Experten empfehlen: Acht Maßnahmen zum Schutz vor Herzinfarkt und plötzlichem Herztod | Foto: Krakenimages.com – stock.adobe.com

4 Minuten

Diabetes-Anker-Podcast: Diabetes-Technologie – darum ist die Teilnahme an der neuen Umfrage zum dt-report 2026 so wichtig

Der jährliche dt-report zeigt, wie Menschen mit Diabetes moderne Technologien wie CGM- und AID-Systeme nutzen und bewerten. Im Podcast erklären Prof. Kulzer und Prof. Heinemann, warum es wichtig ist, das viele an der Umfrage teilnehmen. Die neue Erhebungsphase geht vom 1. November bis zum 15. Dezember 2025.
Diabetes-Anker-Podcast: Diabetes-Technologie – darum ist die Teilnahme an der neuen Umfrage zum dt-report 2026 so wichtig | Foto: Ludwig Niethammer / privat / MedTriX

2 Minuten

Keine Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Diabetes-Anker-Newsletter

Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.

Über uns

Geschichten, Gemeinschaft, Gesundheit: Der Diabetes-Anker ist das neue Angebot für alle Menschen mit Diabetes – live, gedruckt und digital. Der Diabetes-Anker und die Community sind immer da, wo du sie brauchst. Für alle Höhen und Tiefen.

Community-Frage

Mit wem redest du
über deinen Diabetes?

Die Antworten werden anonymisiert gesammelt und sind nicht mit dir oder deinem Profil verbunden. Achte darauf, dass deine Antwort auch keine Personenbezogenen Daten enthält.

Werde Teil unserer Community

Folge uns auf unseren Social-Media-Kanälen

Community-Feed

  • gingergirl postete ein Update vor 1 Woche

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

    Uploaded Image
    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 1 Woche, 1 Tag

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

  • tako111 postete ein Update vor 1 Woche, 5 Tagen

    Fussschmerzen lassen leider keine Aktivitäten zu!

Verbände