„Les Cols“: Archaik trifft Avantgarde

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„Les Cols“: Archaik trifft Avantgarde

Das Echt essen-Gasthaus im Januar: In der Küche des Les Cols in Olot (Katalonien) werden die archaischen bäuerlichen Traditionen geschickt in die Neuzeit transformiert.

Ein außergewöhnliches Restaurant ist das „Les Cols“ – und das gleich dreifach: Seine Architektur vereinigt Altes und Avantgarde ungeheuer stilsicher und elegant; ein Kunststück, das den Katalanen immer wieder gelingt – und die katalanische Hauptstadt Barcelona zu einer der spannendsten Metropolen der Welt macht. Außergewöhnlich ist auch die Küche des „Kohls“, so die wörtliche Übersetzung; eine Küche, welche die archaischen bäuerlichen Traditionen geschickt in die Neuzeit transformiert. Außergewöhnlich ist auch die Lage, denn Olot liegt nicht an der quirlig-reichen Küste der Costa Brava, sondern rund 50 Kilometer entfernt im ländlichen Hinterland am Fuße der Pyrenäen.

Wie in dieser abgelegenen Gegend so ein elegantes Restaurant bestehen kann, habe ich nicht herausgefunden. Vielleicht gibt es einen Mäzen, ich weiß es nicht. Ist auch egal, genießen Sie einfach mit mir Fotos und Impressionen einer faszinierenden kulinarischen Inszenierung.

Herzstück des „Les Cols“: Das alte Landhaus

Auch hier verbinden sich Tradition und Moderne. Hier ist das Restaurant mit seiner hypermodernen Einrichtung; hier ist der mondäne „Goldsaal“; hier ist die Küche, die mit allem glänzt, was eine hochdekorierte Gastronomie braucht. Im Garten vor dem Haus wird in der warmen Jahreszeit der Aperitif mit den selbstgebackenen Fladen aus der Eiweißbombe Buchweizen serviert.

Picken zum Plaisir der Gäste: Hühner

Wieder ein ungewöhnlicher Kontrast: Direkt vor den großen Fensterscheiben, wo die Gäste an modernen Tischen sitzen, picken sichtbar freilaufend die Hühner, deren Eier im Gasthaus serviert werden. Weil das Glas spiegelte, habe ich die Hühner direkt draußen fotografiert – sehr zum Vergnügen der spanischen Gäste, die meine Liebe zum Echten nur mit Kopfschütteln quittierten. Dafür habe ich noch einen Garten entdeckt, wo das angebaut wird, was dem Gasthaus den Namen gibt: Kohl.

Goldener Käfig, kulinarisch gewandet: Speisesaal

Immer leicht kühl und distanzierend wirken die Tische und Stühle aus dem eloxierten Material. Dennoch geht ein faszinierend-morbider Reiz von diesem Raum aus – und ich stelle mir vor, wie es ist, hier im Schein von Kerzen zu tafeln.

Immer im Vorwärtsdrang: Fina Puigdevall (rechts)

Ein ungeheuer motivierendes, quirliges Energiebündel ist Fina Puigdevall, die Chefin des „Les Cols“. Mit Hingabe und Leidenschaft zeigt sie ihr Gasthaus – und mit einem ganz besonderen Stolz das „Garten-Restaurant“, ein filigran in die Landschaft inszeniertes architektonisches Meisterstück aus gemauerten Steinen, Plexiglas und Stahlröhren, durch die Wasser fließt – und das Gebäude so auf natürliche Weise kühlt. Dass ich das alles so genau besichtigen durfte, verdanke ich meinen Freunden Gerlinde und Peter Ziller, die fließend katalanisch sprechen – und die Mentalität dieses stolzen Volkes, das mit dem restlichen Spanien wenig anfangen kann, gut verstehen, auch wenn sie nicht jede nationalistische Volte gutheißen.

Wildpilze auf der Suche nach den Drei Königen: Tortell d´Olot

Eine authentische Küche der Saison, die mit dem historischen Erbe spielerisch umgeht, serviert Fina Puigdevall. Zu sehen an diesem Gericht, das die wilden Pilze der Gegend kombiniert mit einer Sauce aus Pinienkernen – und dazu ein traditionelles Gericht zitiert: Tortell, das in ganz Spanien (und teilweise auch bei uns) servierte Gebäck zu Drei König, wo an sich ein goldener König eingebacken ist. Der fehlte bei uns, dafür war das „Gebäck“ unter den Salatblättern auch nicht pappig süß.

Meer mit Land vermählt: Ei in Thunfischsauce

Charakteristisch für die katalanische Küche ist die Melange aus „Mare e Montagna“, die Verbindung aus Wasser und Land – hier demonstriert an einem eigenen Ei, das zwei Stunden bei 40 Grad pochiert wurde, butterweich schmeckt und prächtig mit der Sauce aus Mayonnaise und Thunfisch harmoniert.

Rund 15 Gerichte mit allen kleinen Vor-, Nach- und Hauptspeisen umfasst das Menü, das trotzdem einigermaßen leicht daherkommt – und für den Aufwand mit 85 Euro korrekt und gästefreundlich kalkuliert ist. Nur einige ausgewählte Gerichte zeige ich davon, nicht alles müsste meiner Meinung auch so authentisch sein, wie es ist. So gibt es etwa Tintenfisch aus der Dose, mit der an sich richtigen Begründung, früher gab es für die Leute in Olot auch keinen frischen Fisch zu kaufen.

Spiel mit Texturen: Variation vom Kürbis

Ein ironischer Hinweis auf Ferran Adria ist der Begriff „Texturen“. Denn mit Texturen hat dieser Koch, den eine sensationssüchtige Gastropresse jahrelang zum besten Koch der Welt stilisierte, die echten Lebensmittel so lange chemisch traktiert, bis sie ernährungsphysiologisch so wertlos waren wie gedroschenes Stroh. Inzwischen hat Adrias „El Bulli“ längst geschlossen – und Fina Puigdevall zeigt in ihrem 50 Kilometer vom „El Bulli“ entfernten Gasthaus ganz klassisch, wie sich ein Kürbis fünffach ohne chemische Mätzchen variieren lässt: Mit Olivenöl gegart; als Mousse; roh; als Roulade; mit Brotkrusten paniert. Eine verbindende Sauce aus schwarzen Oliven fasst die einzelnen Elemente sämig zusammen.

Pil-Pil adelt den Bacalau: Stockfisch mit Fischsauce

Eine herrliche Interpretation des Traditionsgerichtes Bacalau, dem getrockneten Kabeljau. Seine Würze verleiht dem Gericht die Pil-Pil-Sauce, zubereitet aus der Haut des Fisches; dazu ein wenig Speck, heißes Pfeffer-Öl und Muskat-Traube – für mich das beste Gericht des Menüs.

Selbst aufgezogen, raffiniert serviert: Ente

Im eigenen Fett als Confit gegart ist die selbst aufgezogene Ente, serviert mit einer intensiven, Vanille gewürzten Sauce. Dazu Birnen und ein Birnengelee, was das schwere Gericht leichter verträglich macht.

Wer Lust auf noch mehr Deftiges verspürt, wird in der Altstadt von Olot fündig. Vor Jahren noch völlig heruntergekommen, inzwischen mit EU-Geldern saniert, finden sich dort schöne Geschäfte für herrliche Würste, heimische Käse und verführerisches Gebäck.

Viel Eiweiß, wenig Fett: Eis aus Hüttenkäse

Eine witzige Idee: Aus dem körnigen Frischkäse ein Eis herzustellen – natürlich hier raffiniert verfeinert durch Walnüsse und ein nicht-süßes Tomatenmousse. Ein krönender Abschluss eines außergewöhnlichen Essens.

Fazit: Ein Gasthaus, das eine ganz eigene kulinarische Welt erschafft. Sicher keine Küche für jeden Tag, aber eine, die zeigt, wie sich die Elemente des Heimischen klug inszenieren lassen. Wobei die Variation vom Kürbis auch bei uns die Gemüseküche bereichern würde.

Dass nicht alles, was glänzt, golden ist, symbolisiert für mich der „Goldsaal“ – ein ironischer Verweis auf unsere Gesellschaft, die sich güldener gibt, als es um sie bestellt ist. Aber das sind trübe teutonische Gedanken, die Fina Puigdevall schlicht so vertreiben würde: Mit einem herzhaft-kehligen Lachen.

Wer mit Fina Puigdevall in Zukunft schaut, glaubt: Tot vabé

Restaurant Les Cols
Ctra. de la Canya, 17800 Olot (Girona), Tel.: 0034 972 269 209, Internet: www.lescols.com

von Hans Lauber
E-Mail: aktiv@lauber-methode.de
, Internet: www.lauber-methode.de

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  • gingergirl postete ein Update vor 3 Tagen, 20 Stunden

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    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

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    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

  • hexle postete ein Update vor 4 Tagen, 23 Stunden

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

  • tako111 postete ein Update vor 1 Woche, 1 Tag

    Fussschmerzen lassen leider keine Aktivitäten zu!

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