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Lange wurde rotes Fleisch verdammt. Doch nun soll das plötzlich nicht mehr gelten. Was ist da los, fragt sich unser Kolumnist Hans Lauber und schaut genau hin.
Schon wieder fällt ein scheinbar felsenfestes Dogma der offiziellen Ernährungslehre: Jahrelang galt der Verzehr von Lamm-, Rind- und Schweinefleisch als erhöhtes Risiko für Krebs, vor allem im Darm, weshalb der Verzehr von Fleisch und Wurst minimiert werden sollte. Doch nun legt ein internationales Forscherteam im Fachblatt „Annals of Internal Medicine“ gleich mehrere Meta-Analysen vor, die belegen sollen, dass diese Zusammenhänge nicht eindeutig seien – weshalb nun empfohlen wird, einfach weiter zu essen wie bisher.
Nun, so richtig verstanden habe ich diese Empfehlung sowieso nicht, weil nie eine wirklich stichhaltige Begründung geliefert wurde, was am roten Fleisch im Gegensatz zum Geflügel, denn so schädlich sein soll. Sicher, es wurde vermutet, dass das Eisen im Farbstoff Myoglobin des roten Fleisches Entzündungen begünstigen soll, was aber nie stichhaltig, das heißt experimentell, bewiesen wurde. Auch wurde nie über die Qualität gesprochen, denn es macht schon einen Unterschied, ob ich Fleisch von einem artgerecht gehaltenen Tier oder von einem aus der Massentierhaltung, wo auch Medikamente eingesetzt werden, verzehre.
Die Kehrtwende bei der Fleischempfehlung reiht sich ein in eine ganze Kette von Fehlurteilen der Ernährungsexperten, siehe Kasten. Wie kommt es zu diesen fatalen Fehlern? Fehler, die etwa im Falle der Fruktose dazu geführt haben, dass sehr viele Menschen dick wurden – und Übergewicht ist eine wesentliche Diabetes-Ursache. Meiner Meinung liegt das daran, dass die meisten Empfehlungen auf der Basis von Studien getroffen werden. Studien aber unterliegen sehr stark subjektiven Interessen, was ich aus eigener Erfahrung gleich doppelt gut kenne: Als Ersteller und Besteller von Studien.
So habe ich für das Basler Forschungsinstitut „Prognos“ als Ökonom selbst an Studien mitgearbeitet – und lernte dort den Begriff „Erkenntnisleitendes Interesse“ kennen. Besagt, dass die Institute, die von den Aufträgen leben, im Hinterkopf haben, welches Ergebnis den Auftraggebern besonders nützt. Und als Marketingdirektor eines großen TV-Senders habe ich sehr viele Studien in Auftrag gegeben – und hatte immer eine sehr klare Vorstellung davon, welche Ergebnisse ich brauchen könnte.
Was wären die Alternativen? Fast alle Studien werden von der Industrie, etwa den Pharmafirmen, in Auftrag gegeben. Es müssten unabhängige Untersuchungen erstellt werden. Aber so etwas ist sehr teuer, weshalb solche Studien vom Staat bezahlt werden müssten, was sich gerade im Lebensmittel- und Pharmabereich lohnen würde. Denn dann ließe sich etwa nachweisen, wie Naturmittel ähnliche Wirkungen wie Tabletten erzielen – oft ohne Nebenwirkungen. So wäre es einmal interessant zu erforschen, wie Trigonella foenum graecum, also Boxhornklee, die Sensitivität des Insulins erhöht.
Endokrinologen verstärkt einzusetzen, wäre eine zweite Alternative. Denn diese „Hormonforscher“ wissen sehr gut über die Abläufe im Körper Bescheid – und vertrauen nicht in erster Linie den wechselbalgigen Studien. So könnten sie bezüglich des Fleisches einmal untersuchen, was passiert, wenn Fleisch gegessen wird. Das darf natürlich nicht von der Fleischindustrie finanziert werden, sondern muss von unabhängigen Wissenschaftlern kommen.
Generell plädiere ich dafür, wenig Fleisch zu essen – und dann nur Bestes, also möglichst Ökologisches aus natürlicher Haltung. Ich esse es etwa ein- bis zweimal die Woche, wobei ich auch fette Stücke liebe. Denn so wird das Steak saftiger und Fett ist halt auch ein unschlagbarer Geschmacksträger.
Wild steht bei mir in der kälteren Jahreszeit ganz weit oben auf dem Speisezettel. Erstens ist es Bio pur – und es enthält die Aminosäure Taurin, die bei der Fettverbrennung hilft. Aber möglichst kein Wild aus Treibjagden, denn das ist völlig übersäuert, was ungesund – und dem Geschmack abträglich ist.
Entwickeln Sie eine gesunde Distanz dazu. Wenn Sie es verstanden haben, dem Süßen weitgehend zu widerstehen, dann können Sie ganz stark Ihren Instinkten vertrauen – und bitte das Essen vor allem auch als Genuss sehen.
Den Ernährungsempfehlern rate ich zu Demut. Denn es ist schon bemerkenswert, wie sie im Brustton der Überzeugung Weisheiten verkünden – und wenn sie sich als falsch erweisen, ist von den angeblichen Experten nichts mehr zu hören. Ein Phänomen, das auch dem Münchner Ernährungswissenschaftler Dr. Nicolai Worm aufgefallen ist, der schreibt:
„Warum kommt eigentlich kompetente Kritik an den etablierten, aber offenkundig unhaltbaren „offiziellen“ Ernährungsempfehlungen nicht auch einmal aus der Riege der berühmten deutschen Ernährungsprofessoren und Lehrstuhlinhaber?“
Fruktose ist guter Zucker
Mit leuchtenden Augen schilderten mir Ärzte, dass der Fruchtzucker der gute Zucker sei. Ja, es wurde selbst auf Diabetes-Kongressen vom nützlichen „Diabetiker-Zucker“ gesprochen. Die Grundlage für diese Empfehlung liegt in der Tatsache, dass die Fruktose den Blutzucker weniger schnell ansteigen lässt, was die Ausschüttung des dickmachenden Insulins bremst. Allerdings lässt der Fruchtzucker das Hunger-Hormon Ghrelin ansteigen, weshalb auch gesättigte Menschen Unmengen in sich hineinstopfen, besonders gerne Burger, die ja gerne mit Fruktose gesüßten Getränken verdrückt werden. Hinzu kommt, dass Fruktose die Entzündungen der Inselzellen begünstigt, was die tückische Insulinresistenz fördert, welche ganz stark für das explosionsartige Ansteigen des Typ-2-Diabetes verantwortlich ist.
Fett mach fett
„Entwickeln sie eine Fett-Phobie“, stand in der ersten Auflage meines Bestsellers „Fit wie ein Diabetiker“. Die Aussage stammt von einem Arzt, der damals mit seinen Vorträgen eine große Resonanz fand. Längst habe ich diese Empfehlung in den folgenden Auflagen entfernt, denn sie stimmt in dieser Totalität nicht. Inzwischen spricht sogar der renommierte Düsseldorfer Diabetologe Prof. Stephan Martin von einer „Fettlüge“. Denn mit der These Fett macht fett wurde vielfach davon abgelenkt, dass es die schnellen Kohlenhydrate aus dem Weißbrot, den durchgekochten Nudeln und den Süßgetränken sind, welche das Gewicht steigen lassen. Dagegen sind etwa die herzstärkenden Omega-3-Fette der Meeresfische so gesund, dass sich sagen lässt „Fett macht fit“.
Cholesterin ist schädlich
Als unumstößliche These galt jahrelang, dass das „böse“ LDL-Cholesterin der Auslöser für Arteriosklerose ist, was zum Herzinfarkt führen kann. Also wurde eine cholesterinsenkende Ernährung empfohlen, wobei vergessen wurde, dass der Körper 80 Prozent dieses Naturstoffes, der etwa zur Produktion von Hormonen dient, selbst herstellt; also wurden cholesterinsenkende Medikamente wie Statine verordnet. Doch nun stellt sich heraus, dass das böse LDL vielleicht gar nicht so böse ist; dass nur die oxidierten Teile des LDL schädlich sind, und dass die Arteriosklerose möglicherweise eine Entzündungsreaktion ist. Weshalb es möglicherweise sinnvoll sein kann, die Halsschlagader per Ultraschall zu untersuchen.
Eine profunde Analyse zu den komplexen Wirkungen des Cholesterins habe ich vor zwei Jahren mit dem Düsseldorfer Immunbiologen Prof. Hubert Kolb erstellt. Ein Beitrag, der immer noch hochaktuell ist!
von Hans Lauber
E-Mail: aktiv@lauber-methode.de
Internet: www.lauber-methode.de
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