- Ernährung
Teil der TDM: Streuobst
7 Minuten
Vor Vitalität strotzen Äpfel und Birnen von Streuobstwiesen. Weil sie nicht gespritzt werden, sind sie bio pur. Wolfgang Sprich aus Kandern macht daraus wertvolle Säfte – und er weiß, warum dieser Gesundheitsschatz gefährdet ist.
Was für ein putziger Name für eines unserer wertvollsten Lebens-Mittel: Streuobst. Gemeint sind damit alte, hochstämmige Bäume, die in einem lockeren Verbund wachsen. Bis in die 1950er-Jahre waren die Früchte dieser Bäume hochwillkommen, wurde alles geerntet, eingelagert, zu Saft verarbeitet. Doch das änderte sich stark, als immer mehr Obst aus der ganzen Welt importiert wurde; als immer häufiger statt den nicht einfach zu erntenden Hochstämmern Intensivkulturen mit niedrigen Bäumen angelegt wurden, die aber meist gespritzt werden müssen. Hinzu kam, dass durch gezielte Rodungsprämien gerade die prächtigsten alten Bäume gefällt wurden.

Wolfgang Sprich aus Kandern bei Lörrach weiß über die alten Sorten bestens Bescheid. Hat er doch in drei langen Wintern rund um die berühmte Töpferstadt über 13 000 Bäume exakt kartographiert – und zwar nicht nur Apfel- und Birnenbäume, sondern auch Kirschen, Quitten, Walnüsse und Zwetschgen, eine großartige private Bestandsaufnahme eines wichtigen Kulturguts. Aber der gelernte Gärtner verarbeitet auch das Obst, macht daraus hervorragende, sortenreine Säfte. Die presst er im nahen Elsaß in einer sehr sauber arbeitenden Kelterei, die es ermöglicht, auch kleine Chargen von nur 70 Kilo zu verarbeiten – und dann präzise abzufüllen, sodass sogar ein einzelner Baum eine ganze Abfüllung ergeben kann. Lediglich auf 78 Grad werden die Säfte erhitzt, um sie haltbar zu machen. Auch wird kaum gefiltert, sodass ein Großteil der Vitalstoffe erhalten bleibt.
Warum Streuobstäpfel wahre Vitalbomben und Lebensspender sind
- Weniger Spritzmittel: Auch Bio-Obst wird meistens behandelt, Streuobst kaum, so dass es Bio pur ist.
- Mehr Antioxidantien: Weil die Bäume nicht gespritzt werden, müssen sie ohne „chemische Hängematte“ auskommen – müssen also selbst für den Schutz gegen Fressfeinde und Pflanzenkrankheiten sorgen, weshalb sie mehr Sekundäre Pflanzenstoffe wie etwa antioxidatives Quercetin bilden, was uns wiederum vor Arteriosklerose schützt.
- Mehr Vitamine: Einige alte Sorten wie etwa der Berlepsch enthalten im Vergleich zu Supermarktsorten eine vielfache Menge an Vitamin C, was gegen freie Radikale wirkt, was die Haut schützt, dem Krebs und der Demenz vorbeugt.
- Weniger Allergien: Viele moderne Sorten begünstigen den Ausbruch von Allergien. Verträglicher sind da oft (wobei es dafür leider keine Garantie gibt, wie ich aus eigener leidvoller Erfahrung weiß) alte Sorten, die noch mehr Polyphenole enthalten. Heute sind die oft teilweise weggezüchtet, damit die Äpfel weniger sauer schmecken.
- Weniger Zucker: Einige alte Sorten, wie etwa Alkmene, Champagner Renette, sind nicht so süß. Außerdem hilft die hier besonders stark enthaltene Phytinsäure, den Blutzucker im Gleichgewicht zu halten.

- Mehr Geschmack: Streuobstäpfel wachsen meist langsamer, können also mehr Geschmacksstoffe bilden – und ich bin immer wieder überrascht, welche Aromenvielfalt in diesen alten Sorten steckt. Eine Vielfalt, welche die gängige Ware aus den Supermärkten nicht bieten kann, wo vor allem die Sauer- und Bitterstoffe herausgezüchtet wurden. Aber gerade diese Stoffe helfen dem Stoffwechsel auf die Sprünge. Weiterer Vorteil: Viele alte Sorten sind gut lagerbar.
- Mehr Tiere: Wahre Paradiese für Bienen, Hummeln, Schmetterlinge sind die alten Bäume und ihre nicht überdüngten Wiesen. Manche Vogelarten, wie etwa Eulen, Fledermäuse können nur in alten, teilweise abgestorbenen Bäumen brüten. Aber genau diese Bäume werden in den „modernen“ Apfelplantagen sofort beseitigt.
- Mehr Vielfalt: Noch vor 100 Jahren gab es über 1 500 genutzte Apfelsorten bei uns – inzwischen konzentriert sich das wesentliche Angebot auf ein knappes Dutzend. Das schränkt auch das Gesundheitspotential ein, weil jeder Apfel eine andere Verteilung der wertvollen Inhaltsstoffe hat – und sich die Vitalwirkungen gegenseitig ergänzen, weshalb es sich empfiehlt, die Sorten zu wechseln.
Schlummernde Apotheke der Natur: Streuobst
Am Gravierendsten wirkt sich die Artenverknappung aber auf die genetische Vielfalt aus. Genau diese genetische Vielfalt brauchen wir aber, wenn wir noch gezielter als bisher die alten Sorten für gesundheitliche Zwecke nutzen wollen. Denn anstatt hunderte von Millionen für die Arzneiforschung auszugeben, wäre es sinnvoll, die alten Sorten auf das in ihnen schlummernde Gesundheitspotential abzuklopfen.
Wie wichtig der Artenreichtum ist, hat der früherer Umweltminister und Öko-Vordenker Klaus Töpfer für das Bahnmagazin klug auf den Punkt gebracht: „Artenreichtum ist genau das, was das Wort sagt: Reichtum“.

Über vier Stunden bin ich mit Wolfgang Sprich im Eggenertal bei Kandern unterwegs. Es ist eines der schönsten Täler im Wein-gesegneten Markgräflerland zwischen Basel und Freiburg, wo im Frühjahr die Menschen begeistert hinpilgern, um die wunderbare Kirschblüte zu bewundern. Zuerst sind wir oben beim „Steinenkreuzle“, von wo wir einen phantastischen Blick auf die Reben, die Bäume und den Schwarzwald haben. „Hier lässt sich der Wandel der Landschaft sehr gut beobachten“, erläutert Sprich: „Denn immer mehr Streuobstflächen verschwinden und werden durch Intensivkulturen ersetzt“. Sagt es – und zeigt mir die gleichmäßigen Baumbepflanzungen der Plantagen, die sich auch auf meinem Bild gut ausmachen lassen.
Aber noch stehen viele prächtige Bäume – und Wolfgang spricht mit Engagement und Leidenschaft darüber, hebt immer wieder einen Apfel auf, schneidet ihn entzwei, lässt probieren. Auch wenn er sich nicht so nennt, ist er in den rund zehn Jahren, wo er sich mit dem Streuobst beschäftigt, zum Apfelkundler, zum Pomologen geworden. Natürlich ist er nicht blauäugig und zeigt mir, dass nur noch die wenigsten alten Bäume gepflegt werden: „Die müssten fachmännisch beschnitten werden, damit sie wieder größere Früchte tragen, die noch besser schmecken“. Geschieht das nicht, sterben die Bäume langsam, weshalb dieser Gesundheitsschatz höchst gefährdet ist.
Superfood der Traditionellen Deutschen Medizin: Urobst
Rund 150 Bäume nennt er sein eigen, viele andere darf er nutzen. Denn leider kümmern sich viele Besitzer nicht mehr um die Bäume, was auch daran liegt, dass sie extrem schwer zu ernten sind. Leitern hinein zu stellen geht kaum, es grenzt an Lebensgefahr. Am besten wäre es mit Hubstaplern, sage ich. Aber da schüttelt der Gärtner nur den Kopf, denkt an die Kosten. So ganz verstehe ich das nicht, da wachsen Gesundheitsschätze vor unserer Haustür – und wir importieren Acerola-Kirschen und Goji-Beeren als vermeintliche Heilbringer. Vielleicht müssen wir unser so unterschätztes Obst ganz anders darstellen, müssen es als Superfood deklarieren. Müssen statt dem putzigen Namen Streuobst ganz andere Bezeichnungen wählen – wobei mir gleich eine einfällt, nämlich Urobst.
Klingt abwegig? Finde ich nicht, denn wenn es darum geht, das gesundheitliche Potential unserer traditionellen Lebens-Mittel zu erschließen, braucht es auch neue Formen des Marketings.
Eine botanische Besonderheit zeigt mir Wolfgang Sprich zum Schluss unseres Rundgangs: Ein Baum mit zwei Obstsorten. Das kenne ich noch aus meiner Kindheit, wo der Opa auf einen Baum noch ein Edelreis „gepfropft“ hat. Heute wird das Verfahren wohl nur noch selten angewandt, doch mich fasziniert es, wie flexibel die Natur ist, und wie zusammenwächst, was ursprünglich nicht zusammengehört – wie etwa hier die alten Sorten Kohlenbacher und Churz Fuure.

Natürlich und gottseidank ist Wolfgang Sprich nicht der einzige, der sich um die alten Sorten kümmert. Schon im nahen Staufen gibt es das „Obst-Paradies“, wo ebenfalls sortenreine Säfte produziert werden. Auch gibt es in Deutschland unzählige Initiativen für die alten Sorten, ganz besonders stark unterstützt von „Slow Food“, den Fürsprechern handwerklicher Lebensmittel. Aber auch viele Kommunen unterstützen solche Aktivitäten. Wichtig ist in diesem Kontext auch, dass gerade die Spitzengastronomie diese wertvollen Säfte entdeckt. Denn immer Restaurant offerieren zum Menü eine „Nicht-alkoholische Begleitung“ (schreckliches Wort) – und da gehören Säfte immer häufiger dazu.
Auf drei interessante Anbieter möchte ich hinweisen: Zum einen Van Nahmen vom Niederrhein, die sehr Gutes keltern, neben Einheimischem aber auch Exotisches wie Granatapfel im Angebot haben. Kaum schlagbar im Geschmack sind die Bergapfelsäfte von „Kohl“ aus Südtirol, die ich nur empfehlen kann. Der Großmeister der Verarbeitung von Heimischem ist aber Jörg Geiger aus Schlat oberhalb von Göppingen. Dort gibt es prächtige alte Apfel- und Birnenbäume, aus denen der Schwabe Schaumweine macht, die inzwischen in den besten Häusern – und immer mehr auch im Ausland verkauft werden. Sein größter Verkaufsschlager sind inzwischen die „Priseccos“, alkoholfreie Getränke, die wahre alchemistische Meisterwerke sind, etwa mit fermentierten Blättern. Ein feiner Gasthof mit einem Hotel gehört auch zum Geiger-Reich. Wie es dort aussieht, können Sie in diesem Report von mir sehen, der zwar schon sechs Jahr alt ist, aber nichts von der Aktualität verloren hat.

Spitzenküche, ausgefeilte Vermarktungsstrategien – das sind nicht die Welten von Wolfgang Sprich. Bei ihm schimmert immer noch ein Hauch Verbesserung der Welt durch. Er diskutiert mit den Leuten, richtet Streuobsttage aus, regt sich zurecht auf über die Machenschaften der Saatgutkonzerne, welche die Grundlagen des Lebens für sich monopolisieren.
Sehr gerne steht er mit seiner Ware auf den Märkten. Fast die meisten seiner rund 10 000 Flaschen jährlich verkauft er dort, wobei alle Säfte 2,70 Euro kosten. Auch ausgezeichnete Apfel-Essige, Smoothies und einen Apfelsekt bietet er an. Manche finden die Säfte zu teuer. Aber im Vergleich zu den vorher genannten großen Marken und angesichts der Qualität halte ich die Preise für gerechtfertigt. Nicht zuletzt deshalb, weil mit einer erfolgreichen Vermarktung auch das Geld für die Pflege des unersetzlichen Kulturguts Streuobst hereinkommt.
Wolfgang Sprich ist mit seinem Stand auf zwei Wochenmärkten vertreten, wo wirklich noch Bauern ihre Ware feilbieten: Am Donnerstag morgen in Lörrach und am Samstag morgen in Kandern.

von Hans Lauber
E-Mail: aktiv@lauber-methode.de
Website: www.lauber-methode.de
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stephanie-haack postete ein Update vor 1 Tag, 20 Stunden
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bloodychaos postete ein Update vor 6 Tagen, 3 Stunden
Hey, brauche Eure Hilfe. Habe den G7 genutzt. Als der über mehrere Monate (Frühjahr/Sommer 2025) massive Probleme (teils Abweichungen von 150 mg/dL, Messfaden schaute oben heraus) machte bin ich zum G6 zurückgegangen. Dessen Produktion wird nun eingestellt. Ich habe solche Panik, wieder den G7 zu nutzen. Habe absolut kein Vertrauen mehr in diesen Sensor. Aber mit meiner TSlim ist nur Dexcom kompatibel. Ich weiß nicht was ich machen soll, ich habe solche Angst.
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ole-t1 antwortete vor 5 Tagen, 22 Stunden
Mit “meinem” Omnipod 5 wird der Dexcom G7 Ende 2026 voraussichtlich der einzige verfügbare Sensor sein.
So richtig begeistert über die Einstellung des G6 bin ich auch nicht, auch wenn es absehbar war.
Ich habe einfach die Hoffnung, dass die Qualitätsprobleme beim G7 bis dahin ausgestanden sind.Ich warte das Thema noch einige Monate ab.
Wenn ich Ende 2026 feststelle, dass die Kombination aus meiner Pumpe und dem CGM für mich nicht funktioniert, bin mir sicher, dass meine Diabetes-Ärztin und ich eine gute Lösung für mich finden.Hier habe ich aufgeschnappt, dass für die t:slim wohl eine Anbindung des Libre 3 in der Mache ist:
https://insulinclub.de/index.php?thread/36852-t-slim-mit-libre-3-wann/
Leider steht keine überprüfbare Quelle dabei. 🤷♂️Ein weiterer mir wichtiger Gedanke:
Angst und Panik sind in diesem Zusammenhang vermutlich keine hilfreichen Ratgeber. Hoffentlich schaffst Du es, dem Thema etwas gelassener zu begegnen.
(Das sagt der Richtige: Ich habe in meinem letzten DiaDoc-Termin auch die Hausaufgabe bekommen, mal zu schauen, was mir gut tut.) -
bloodychaos antwortete vor 5 Tagen, 16 Stunden
@ole-t1: Hey Ole, ganz lieben Dank für Deine Nachricht. Die Produktion des G6 endet laut einem Artikel auf dieser Seite ja zum 1. Juli 2026. Wann der Libre3 mit der TSlim kompatibel sein wird weiß man ja noch nicht. An sich gefällt mir Dexcom auch besser als Libre und die erste Zeit lief der G7 ja auch super bei mir. Ich kann mir schwer vorstellen, dass der G7 von heute auf Morgen nicht mehr bei mir funktioniert? Es gab ja auch das Gerücht das Dexcom eine zeitlang Produktionsprobleme hatte, dass wäre ja eine Erklärung, aber da geht Dexcom natürlich auch nicht mit hausieren.
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rolli-xx antwortete vor 4 Tagen, 3 Stunden
@bloodychaos: Moin, ich benutze den G 7 seit Dezember 2022 (vorher G 6). Seit Dezember 2024 in Kombination mit der t:slim X 2 Ja, es hat immer mal wieder einen Sensor gegeben, der nicht richtig funktioniert hat . Dann wurde ein neuer gesetzt, der Vorfall an Dexcom gemeldet und es gab dann wenige Tage später einen neuen Sensor.
Wie ole-t1 schon geschrieben hat, erst einmal die Ruhe bewahren und nicht in Panik verfallen. Alle auf dem Markt erhältlichen Sensoren haben Schwankungen in der Genauigkeit ihrer Angaben. Wichtig ist daher zu beurteilen, ob das, was der Sensor anzeigt, überhaupt sein kann.
Zum Beispiel durch blutiges Nachmessen (dabei bitte dran denken, dass der Gewebezucker, den die Sensoren messen, rd. 20-30 Minuten hinter dem Blutzucker hinterher hinkt).
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loredana postete ein Update vor 1 Woche, 1 Tag
Die Registrierung mit dem Geburtsjahr war echt sportlich. Wollte es schon fast wieder abbrechen.
