Vitamin D schützt vielfältig – oder?

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Vitamin D schützt vielfältig – oder?

Vitamin D ist seit einiger Zeit in aller Munde. Sicher ist es wichtig für zahlreiche Vorgänge im Körper. Doch teilweise wird es als Allheilmittel propagiert. Was ist tatsächlich dran an Behauptungen, dass es ein Schutzschild gegen sehr viele Erkrankungen sei? Eine Bestandsaufnahme.

Das schreibt Dr. Nicolai Worm in seinem Buch Heilkraft D: “ein niedriger Vitamin-D-Spiegel ist Risikofaktor für Krebs” oder “bei unzureichendem Vitamin-D-Spiegel steigt die verschärfte Chance an Typ-1- oder Typ-2-Diabetes, Rheuma, Osteoporose, Knochen- und Muskelschwäche, Rachitis, Grippe, Tuberkulose oder Multiple Sklerose zu erkranken”. Damit schürt er die Angst vor Erkrankungen, die ein Mangel an Vitamin D mit sich bringen kann. Ist ein Mangel tatsächlich so gefährlich – und kann das Sonnenvitamin vor all diesen Krankheiten schützen?

Vitamin D ist kein klassisches Vitamin, denn es kann vom Körper durch Sonneneinstrahlung selbst hergestellt werden; seine Aufgabe ist zum Beispiel, den Kalziumstoffwechsel und die Knochenmineralisierung zu regulieren sowie verschiedene Hormone freizusetzen.

Sonderstellung in der Vitaminfamilie

Das über die Haut aufgenommene Vitamin wird mittels Blutbahn zur Leber transportiert. Von dort aus gelangt es weiter zur Niere, wo ein Umbau in die aktive Form stattfindet. Das über Lebensmittel aufgenommene Vitamin gelangt über den Darm in die Blutbahn und wird von dort aus weitergeleitet. So nimmt es eine Sonderstellung unter allen Vitaminen ein. Der Körper kann vor allem in den Sommermonaten bis zu 80 Prozent des fettlöslichen Vitamins über direkte Sonneneinstrahlung auf Gesicht, Hände, Arme und Beine selbst herstellen. Hierzu reichen 15 bis 20 Minuten bei direkter Sonneneinstrahlung aus. Bei Verwendung von Sonnenschutzmitteln wird die Aufnahme allerdings gehemmt.

Das in Sommermonaten aufgenommene Vitamin wird im Organismus gespeichert und dient in der lichtarmen Zeit als Reserve. Bei einem Mangel kann die Muskelkraft abnehmen; bei starkem Mangel durch fehlende Sonneneinstrahlung oder Mangelernährung kann es zu Knochenerweichungen (Osteomalazie) kommen; bei Kindern zeigt sich dies durch eine stärkere Knochenerweichung (Rachitis) mit Knochenverformung. Rachitis ist eine seltene Erkrankung, die verstärkt in den frühen Jahren des 20. Jahrhunderts vorkam.

Risikogruppe Senioren

Mit steigendem Alter verringert sich die Bildung von Vitamin D über die Haut. Daher gehören Senioren zur Risikogruppe für einen möglichen Mangel. Hinzu kommt: Viele Ältere sind weniger mobil, halten sich viel in der Wohnung auf und gehen nur selten nach draußen. Gerade bei Pflegebedürftigen spielt ein Mangel deshalb eine große Rolle. Neben alten Menschen gehören Säuglinge und Dunkelhäutige zur Risikogruppe, ebenso wie Personen, die kaum Kontakt mit Sonne haben oder die aus religiösen Gründen den Körper verhüllen.

20 Prozent des Bedarfs werden im Idealfall über Vitamin-D-reiche Lebensmittel aufgenommen. Dazu gehören beispielsweise fettreiche Produkte wie Seefisch, Aal, Leber, Eigelb, Butter, Margarine, Milch sowie Pilze.

Überdosierung – erhöhtes Sturzrisiko?

Laut Nationaler Verzehrsstudie nehmen die Deutschen zu wenig Vitamin D über Nahrung auf. Ein Großteil liegt weit unter der von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfohlenen Tagesmenge (20 Mikrogramm). Die Auswahl Vitamin-D-reicher Produkte ist recht überschaubar, so dass sie meist nicht reicht, um den Bedarf regelmäßig zu decken. Dennoch herrscht nicht direkt ein absoluter Mangel. In Studien wurde untersucht, ob eine erhöhte Aufnahme mittels Monatsspritze bei Senioren eine positive Wirkung auf die Mobilität und Sturzgefahr hat.

Hierbei stellte sich heraus, dass eine Überdosierung eher negative Effekte hatte auf die Beweglichkeit der Senioren. Bei Probanden, die mehr als die empfohlene Tagesdosis erhielten, erhöhte sich das Risiko für Stürze, da gleichzeitig die Muskelbeweglichkeit abnahm. Ältere Testpersonen, die die von der DGE empfohlene Tagesmenge bekamen, waren nach einiger Zeit mobiler und beweglicher, die Sturzrate verringerte sich.

Ob Vitamin D über Nahrungsergänzungsmittel zusätzlich aufgenommen werden muss, sollte mit einem Arzt besprochen werden. Denn ein Zuviel kann sich negativ auf Stoffwechsel und Gesundheit auswirken – mit Symptomen wie Erbrechen, Appetitlosigkeit oder Herzrasen.

Blutwerte schaffen Klarheit

Ob genug Vitamin D im Körper vorhanden ist, lässt sich anhand der Konzentration des 25-Hydroxyvitamin D im Blut feststellen. Sie sollte im optimalen Fall bei mindestens 32 Nanogramm pro Milliliter (ng/ml) liegen. Bei einem absoluten Mangel liegt diese Konzentration unter 20 mg/ml. Laut Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) besteht beim Großteil der deutschen Bevölkerung kein direkter Vitamin-D-Mangel, auch wenn rund 60 Prozent die wünschenswerten 32 ng/ml nicht erreichen.

Nach groß angelegten Studien wurden die Konzentrationen von 25-Hydroxyvitamin D im Blut bei Erwachsenen (Bundesgesundheitssurvey, BGS98) sowie Kindern und Jugendlichen (KiGGS-Studie) erfasst. Hierbei stellte sich heraus, dass bei einem sehr geringen Teil (1,9 bis 4,0 Prozent) der Testpersonen ein schwerer Mangel vorlag; bei mehr als der Hälfte zeigte sich kein Mangel. Demnach sollte laut Empfehlungen des Robert Koch-Instituts eine zusätzliche Gabe mit Nahrungsergänzungspräparaten nur nach Absprache mit dem behandelnden Arzt erfolgen.

Dass eine Aufnahme von Vitamin D vor Stürzen, Immobilität und Knochenbrüchen schützt, ist für Ältere durchaus anzunehmen. Hierfür werden Nahrungsergänzungsmittel mit Dosierungen bis 800 IE (Internationalen Einheiten) nach Rücksprache mit dem Arzt empfohlen.

Vitamin D: Gut bei Diabetes? Wohl ja …

Studien zeigten, dass Vitamin D den Diabetes positiv beeinflussen kann, jedoch ist die Datenlage sehr unterschiedlich: Zum einen konnte das Risiko für Typ-1-Diabetes von Kindern reduziert werden dank ausreichender Versorgung in der Schwangerschaft; eine andere Studie ermittelte ein niedrigeres Risiko bei guter Versorgung im ersten Lebensjahr. Ebenso konnten Verbesserungen der Insulinempfindlichkeit bei Typ-2-Diabetikern durch ausreichend Vitamin D gezeigt werden.

Wie hängt eine Vitamin-D-Aufnahme mit Krebs oder Typ-2-Diabetes zusammen? Laut DGE ist die Datenlage sehr widersprüchlich, man kann also keine sichere Aussage machen; bei einigen Krebserkrankungen wird es mit einem möglichen schützenden Effekt in Verbindung gebracht. Herz-Kreislauf-Erkrankungen können womöglich positiv beeinflusst werden.

Das Fazit: Ob Vitamin D wirklich vor Krankheiten wie genannt schützen kann, ist noch nicht geklärt. Vitamin D ist ein wichtiges Hormon für Knochengesundheit und Muskelarbeit. Es kann in großen Teilen vom Körper selbst hergestellt werden und sollte nur in Absprache mit dem Arzt bei einem festgestellten Mangel als Nahrungsergänzungsmittel eingenommen werden. Es empfiehlt sich, darauf zu achten, täglich Vitamin-D-reich zu essen. Personen mit einem Risiko für einen Mangel sollten ihren Status mittels Blutabnahme beim Hausarzt untersuchen lassen.

Schwerpunkt: Gesund dank Pillen, Pulver und Ampullen?

von Patricia Kirschke
Bachelor of Science Ökotrophologie, Diabetes- und Ernährungsberatung,
Diabetes-Klinik Bad Mergentheim, Theodor-Klotzbücher-Straße 12, 97980 Bad Mergentheim,
Tel.: 0 79 31/5 94-1 61, Fax: 0 79 31/5 94-8 91 61,
E-Mail: ernaehrungsberatung@diabetes-zentrum.de

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2016; 65 (6) Seite 26-28

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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

  • gingergirl postete ein Update vor 1 Woche, 6 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

    Uploaded Image
    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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