Wie man auch ohne Pumpe einen verzögerten Bolus spritzen kann

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Wie man auch ohne Pumpe einen verzögerten Bolus spritzen kann
Eines vorweg: Ich weiß um die vielen Vorteile, die eine Pumpentherapie im Alltag haben kann. Von wegen besseres Feintuning, mehr Flexibilität mit verschiedenen Basalraten, diskrete Bolusgabe in der Öffentlichkeit etc. Mich persönlich reizt eine Insulinpumpe derzeit trotzdem nicht. Ich habe mich mit meinem FreeStyle-Libre-Sensor angefreundet und empfinde ihn nicht als störend, doch ein weiteres (und doch noch um einiges größeres) Gerät am Körper zu tragen, schreckt mich bislang doch sehr ab. Ich bin zufrieden, wenn ich nach dem Insulinspritzen meine Pens in meinem Täschchen verstauen kann und meinen Körper danach wieder für mich habe – ohne dass ich an einen Katheter mit seinem Schlauch und den besten Aufbewahrungsort für die dazugehörige Pumpe denken muss.
 

Lantus für den Basalbedarf, Liprolog als Bolusinsulin

Solange mein Diabetes sich ohne Pumpe gut einstellen lässt, bin ich also glücklich und zufrieden. Und dass ich meinen Diabetes allein mit Insulinpens gut im Griff habe, liegt ein kleines bisschen auch daran, dass ich nicht nur zwei, sondern drei Sorten Insulin verwende, um meinen Blutzucker möglichst stabil zu halten. Um meinen Basalbedarf abzudecken, spritze ich einmal täglich Lantus. Bei mir hält eine Dosis Lantus tatsächlich 24 Stunden vor, bei mir liegt allenfalls ein minimales Dawn-Phänomen vor, insofern funktioniert meine Basaleinstellung mit Lantus prima. Für die Mahlzeiten verwende ich im Normalfall das schnellwirksame Bolusinsulin Liprolog. Es beginnt bei mir morgens nach einem Spritz-Ess-Abstand von etwa 20 bis 25 Minuten zu wirken, im weiteren Tagesverlauf reicht ein Spritz-Ess-Abstand von etwa 10 bis 15 Minuten. Liprolog wirkt bei mir je nach Zahl der gespritzten Einheiten für anderthalb bis 3 Stunden. Für ein normales Frühstück mit Vollkornbrot und Obstquark oder ein Reisgericht ist Liprolog bestens geeignet.
 

Normalinsulin für den verzögerten oder gesplitteten Bolus

Kniffelig wird das Blutzuckermanagement mit einem schnellen Analoginsulin bekanntlich bei Mahlzeiten, die viel Fett und Eiweiß enthalten und hierfür mit einigem zeitlichen Abstand zusätzliche Insulineinheiten (FPE) erfordern, zum Beispiel eine ordentliche Dosis Fleisch an einem Grillabend. Oder bei Mahlzeiten, die viele Kohlenhydrate und darüber hinaus auch viel Fett und Eiweiß enthalten, die das Anfluten der Kohlenhydrate verzögern, zum Beispiel Nudelgerichte mit Fleisch- oder Sahnesaucen oder Pizza. Für diese Fälle habe ich zusätzlich in meinem Täschchen noch einen dritten Insulinpen, der das Normalinsulin Insuman Rapid enthält. Der Name dieses Insulins täuscht ein bisschen – es ist nicht sonderlich schnell. Bei mir dauert es etwa 45 Minuten, bis die Wirkung eintritt. Sie hält dann je nach Dosis gute 4 bis 5 Stunden an. Mit Insuman Rapid simuliere ich also den verzögerten oder gesplitteten Bolus, den Pumpenträger an ihrer Insulinpumpe einstellen können.
 

Nach dem Grillabend gibt es vor dem Schlafengehen einen Schuss Normalinsulin

Bei einem Grillabend nutze ich Normalinsulin für einen verzögerten Bolus. Da ich kein großer Freund von Nudel- oder Kartoffelsalat bin, esse ich an einem typischen Grillabend kaum Kohlenhydrate, sondern vor allem Fleisch und Gemüse in Form von Salaten. Es kommen allenfalls ein paar kleine Scheiben Baguette dazu, für die ich ganz normal schnellwirksames Insulin spritze. Das im Fleisch enthaltene Fett und Eiweiß lässt den Blutzucker nicht unmittelbar steigen, also kümmere ich mich während des Grillens gar nicht darum. Ich habe beobachtet, dass der Blutzuckeranstieg nach einer ordentlichen FPE-Mahlzeit frühestens 3 bis 4 Stunden nach dem Essen einsetzt. Meist ist es dann nach so einem Grillabend Schlafenszeit. Also spritze ich dann vor dem Schlafengehen eine kleine Dosis Normalinsulin, das über Nacht den weiteren Blutzuckeranstieg durch die FPE abfängt. Es kostet zugegebenermaßen ein wenig Überwindung, bei einem guten Zubettgeh-Blutzucker 1 bis 2 Einheiten Insulin zu spritzen. Doch die schönen flachen Glukosekurven, die ich mir am nächsten Morgen auf dem Lesegerät des FreeStyle Libre anschauen kann, sprechen für sich.
 
Bildquelle: pixabay

Bei Nudeln oder Pizza spritze ich vor dem Essen zwei verschiedene Insuline

Wenn ich eine Pizza oder ein Nudelgericht vor mir habe, dann weiß ich, dass ein Teil der darin enthaltenen Kohlenhydrate schnell ins Blut gelangt und ein anderer Teil sich damit (zusammen mit den enthaltenen FPE) etwas mehr Zeit lässt. Wenn ich die gesamte Insulindosis unmittelbar vor dem Essen mit Liprolog spritze, kann es passieren, dass ich kurz nach dem Essen erst einmal unterzuckere, weil das Insulin schneller wirkt als die Gesamtmenge der Kohlenhydrate. Deshalb nutze ich Normalinsulin, um meine Insulindosis zu splitten. Ich spritze also vor dem Essen mit dem üblichen Spritz-Ess-Abstand etwa zwei Drittel der Insulindosis mit meinem Liprolog-Pen. Zum gleichen Zeitpunkt spritze ich die restliche Insulindosis mit meinem Insuman-Pen. Damit habe ich zum einen rasch Insulin verfügbar, das die schnellen Kohlenhydrate aus den Nudeln oder der Pizza abfängt, gleichzeitig habe ich aber eine Insulinreserve, die erst ein wenig später und dafür länger wirkt.
Bildquelle: Pixabay
 

Ein zusätzlicher Piks und ein weiterer Pen stören mich nicht wirklich

Ich habe eine ganze Weile herumgetüftelt, bis ich diese für mich passende Vorgehensweise gefunden hatte. Das FreeStyle Libre hat es mir natürlich erleichtert, meine Glukoseverläufe genau zu beobachten und dieses System zu verfeinern. Mein Diabetologe war zunächst etwas skeptisch, ob ich tatsächlich mit drei verschiedenen Insulinen hantieren und in Kauf nehmen möchte, dass ich vor manchen Mahlzeiten auf diese Weise zwei Injektionen benötige. Doch mich stört ein zusätzlicher Piks mit der Penkanüle nicht wirklich, und der dritte Pen passt gut in mein Diabetestäschchen, das ich ohnehin immer bei mir trage. Insofern kann ich andere Diabetiker, die ebenso wie ich (noch) keine Lust auf eine Insulinpumpe haben, nur ermuntern, einmal mit Normalinsulin zu experimentieren, damit sie auch einen verzögerten oder gesplitteten Bolus nutzen können.
 
Besteck
Bildquelle: Antje Thiel

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