Wie sich die Einstellung zur Ernährung verändert

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Wie sich die Einstellung zur Ernährung verändert

Essen ist für Diabetiker ein Riesen-Thema. Schließlich dreht sich der Hauptteil unserer Krankheit darum. Natürlich schaltet sich das Dia-Monster auch ein, wenn es um z.B. Sport oder Hormone geht. Während Nicht-Diabetiker einfach essen, fängt bei uns im Kopf ein Rechenprozess an, sobald wir etwas Essbares vor uns stehen haben.

Hier möchte ich euch auf meine kleine Zeitreise mitnehmen und euch zeigen, wie sich mein Verhalten/Denken zum Thema Essen verändert. Vielleicht findet ihr euch ja in der ein oder anderen Phase wieder und könnt schmunzelnd zurückblicken.

Die ersten Jahre

Die ersten Jahre nach meiner Diagnose hatte ich einen festen Ernährungsplan. Dazu gab es feste Dosen an Langzeit- und Kurzzeit-Insulin. In den Schulungen hörte man das erste Mal etwas von BE und BE-Tabellen. Klassischerweise gab’s die 2005 noch als kleine Heftchen und leider noch nicht digital als App. Es wurde fleißig abgewogen und nachgeschlagen, wie viele Gramm Kohlenhydrate in Reis, Nudeln, Obst und Getreideprodukten sind. Eine halbe Stunde vor dem Essen musste gespritzt werden, dann musste man warten, bis das Insulin wirkt.
Durch den vorgeschriebenen Ernährungsplan gab es leider wenig Spielraum. Auch wenn man in der Pause mal keinen Hunger hatte, musste man das eingepackte Brot essen. Beim Pizzaabend gab es eben nur 2 Stücke und das Stück Torte am Kindergeburtstag war jedes Mal ein Schuss ins Blinde.

Photo by Thought Catalog on Unsplash

Der BE-Faktor

Das geht einem ziemlich schnell auf die Nerven! Auch als Kind. So fühlte sich Essen teilweise an wie eine Strafe!
Mit der Pubertät veränderten sich meine Essgewohnheiten. In der Schule aß ich in der Pause mal gar nicht, am nächsten Tag dann zum Brot noch einen Schokoriegel hinterher. Zur Zwischenmahlzeit um 15 Uhr hatte ich regelmäßig was Besseres zu tun. Außerdem war mir auch immer öfter egal, ob ich jetzt auf dem Teller 4 oder 5 BE Nudeln hatte. Wird schon nicht so schlimm sein?!
Mein Arzt zögerte die Sache mit dem BE-Faktor lange hinaus. Vorher haben wir noch gefühlte 50-mal meinen Ernährungsplan angepasst. Früher oder später half das jedoch alles nichts, weil ich in meinem jugendlichen Trotz einfach gegessen habe, was und wann ich wollte.
Inzwischen konnte ich die Lebensmittel auch relativ gut schätzen, und so gab es nur noch wenige Exoten, denen ich ihre Kohlenhydrate nicht sofort angesehen habe.
Damals hat es meine Therapie enorm erleichtert – jedoch hat das nicht lange gehalten.

Die Pubertät

Als ich mit circa 15 Jahren (ca. 3 Jahre nach meiner Diagnose) mitten in der Pubertät steckte, fing der Diabetes an, richtig lästig zu werden.
Ich aß immer weniger regelmäßig und genauso spritzte ich auch. In den schlimmsten Zeiten habe ich sogar meine Insulinmenge einfach abgeschätzt – BE-Faktor und Korrekturfaktoren gab es in dieser Zeit für mich nicht. Außerdem hatte ich noch ein bisschen Babyspeck auf den Rippen, den ich unbedingt loswerden wollt. Schnell merkte ich: Je höher die Werte sind, desto leichter fällt das Abnehmen. Heute würde man das wohl Diabulimie oder Insulin-Purging nennen, was ich gemacht habe. Glücklicherweise produzierte ich damals noch eine beträchtliche Menge Eigeninsulin und spritzte zumindest doch spätestens dann, wenn das Messgerät keine Wert mehr anzeigte (> 400 mg/dl, 22,2 mmol/l). Heute weiß ich auch, dass das extrem gefährlich ist und ich ganz viel Glück hatte, dass keine längerfristigen Schäden entstanden sind.

Irgendwann fängt man sich wieder

Mit 17 Jahren wechselte ich in eine neue Praxis und von da an ging es auch wieder mit dem Diabetes bergauf. Ich bekam den Omnipod und ein Praxisteam, das verständnisvoll erklärte und nicht herablassend meckerte. Allerdings musste ich quasi komplett neu geschult werden. Korrektur- und BE-Faktoren wurden neu angepasst. Und nur, um sicherzugehen, griff ich auch wieder öfter zur Waage, um die richtigen BE zu ermitteln.
Kleinere Rückfälle gab es schon. Während derer man dann einfach mal das Spritzen vergessen hat oder die Toleranzgrenze der Werte nach oben eher locker genommen wurde.

Quelle: pixybay

In letzter Zeit verändert sich nochmal alles

So richtig gut läuft’s eigentlich erst mit FGM und CGM seit zwei Jahren. Seitdem kann ich auch meine Kohlenhydrate wirken sehen.
In letzter Zeit meint mein Körper jedoch, mir die volle Diabetiker-Erfahrung zu bescheren. Früher waren für mich Kohlenhydrate einfach Kohlenhydrate. Ich musste nicht zwischen langsamen und schnell wirksamen unterscheiden. Inzwischen befasse ich mich mit verzögertem Bolus und Fett-Kohlenhydrat-Kombinationen. Außerdem reagiere ich extrem auf jegliche Art von Kohlenhydraten. Wehe, ich vergesse die 5g Kohlenhydrate im Salatdressing!
Inzwischen habe ich auch verschiedene Ernährungsweisen ausprobiert: Low Carb, eiweißhaltig, vegetarisch… Nicht weil ich es musste, sondern weil ich es wollte. Den einen idealen Weg habe ich allerdings nicht gefunden. Wahrscheinlich gibt es den auch nicht! Deshalb sollte jede Art der Ernährung respektiert werden, denn am Schluss ist doch am wichtigsten, dass wir uns mit unseren Essgewohnheiten, mit unserem Körper und mit unserem Diabetes wohl fühlen.

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  • insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 1 Woche

    Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 2 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

    Uploaded Image
    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 3 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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