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Diabetes-Kurzgeschichte: Der kleine Melli meldet sich
4 Minuten
Diesmal der Rollenwechsel: Statt Nina berichtet der kleine Melli aus seiner Perspektive, was ihm da widerfährt an einem Tag voller Taten – und ohne jegliche Beachtung!
Ich betrete das Schlafzimmer und bleibe stehen: überall Kleider verstreut, Zeitschriften liegen offen auf dem Boden, die Bettdecke ist zerknüllt im Eck. Schon wieder eine Unordnung, als hätte eine Bombe eingeschlagen.
„Melli, geh aus der Tür, ich muss aufräumen“, sagt Nina und hätte mich dabei fast umgerannt. „Gute Idee“, meine ich. Nun sehe ich ihr zu, wie sie Pullover aufhebt und auf Bügel hängt – und Wäsche in den Wäschekorb wirft. Wie kann man nur so lange zuschauen, bis man aufräumt? Nina rast und ruft im Vorbeigehen: „Wenn du nichts zu tun hast, kannst du mir doch helfen?!“
Die Diabetes-Kurzgeschichten-Reihe „Der kleine Melli und ich“ – der Hintergrund
Melli ist ein kleiner Junge, der mit Nina, einer jungen erwachsenen Frau, zusammenlebt. Die beiden Protagonisten der Diabetes-Kurzgeschichtenreihe geraten im Alltag immer wieder in Konflikt: beim Essen, beim Sport etc.
Autorin Lena Schuster ist Psychologin und hat seit 2014 Typ-1-Diabetes. Ihr Bruder hat seit der Kindheit ebenfalls Typ-1-Diabetes, deshalb ist ihr auch der Einfluss der Stoffwechselerkrankung auf die Familie gut bekannt. Zu ihren Kurzgeschichten sagt sie: „Für mich ist der Diabetes vergleichbar mit dem kleinen Melli, den man oft zu gerne ignorieren möchte, doch das geht leider nicht. Denn ignoriert man den Diabetes, ist er wie ein schreiendes Kind, das einen nicht zur Ruhe kommen lässt. Kümmert man sich jedoch um den Diabetes, so macht einen das stark – und man erkennt, dass man bereit ist, auch andere Probleme des Lebens zu bewältigen.“
➤ hier gibt es alle Diabetes-Kurzgeschichten mit Nina und dem kleinen Melli
Melli hilft Nina
Mir geht es zwar heute nicht so gut, aber ich stimme zu und nehme ihr einen Teil der Arbeit ab. Und so bin ich den ganzen Vormittag damit beschäftigt, Wäsche aufzuhängen, Wäsche zu bügeln, zu staubsaugen … Als alles erledigt ist, sinke ich erschöpft auf die Couch. Es vergeht keine Minute, da kommt Nina angerannt: „Ach gut, Melli, wir sind fertig in der Wohnung. Dann können wir jetzt los zum Einkaufen.“ Sie hat den Satz noch nicht zu Ende gesprochen, da hat sie sich auch schon umgedreht und geht Richtung Flur, ruft: „Komm Melli, zieh deine Jacke an. Dann können wir direkt los.“
Ich bemerke, wie viel Kraft es mich kostet, aufzustehen und in meine Jacke zu schlüpfen. Wortlos schleiche ich hinter ihr her zum Auto. Kurze Zeit später sind wir auch schon im Supermarkt. Auch dort: Nina rennt hektisch durch die Gänge, wirft immer mehr in den Einkaufswagen, so dass dieser schon richtig voll ist. Müde stehe ich schließlich an der Kasse und helfe ihr mit letzter Kraft, die Ware aufs Band zu legen.
Melli – mit letzter Kraft
Im Auto sinke ich richtig in den Sitz hinein, so erschöpft bin ich. Es beruhigt mich, dass wir jetzt heimfahren und ich mich endlich entspannen kann. Ich finde, das habe ich mir auch richtig verdient nach all der Arbeit. Doch der Schein trügt. Nina blickt zu mir und ruft entgeistert: „Ach, Melli, jetzt hätte ich fast das Wichtigste vergessen. Heute Abend ist doch Annas Geburtstag und ich will ihr ihre Lieblingsblumen mitbringen. Wir machen noch einen kleinen Abstecher zum Blumenladen.“
Da platzt mir der Kragen. Wütend und schockiert schaue ich ihr in die Augen: „Das ist nicht dein Ernst! Den ganzen Morgen bin ich rumgerannt und habe Dinge erledigt, obwohl es mir schon beim Aufstehen nicht gut ging.“ Doch Nina erkennt den Ernst der Lage nicht und versucht zu verhandeln: „Ja, Melli, ich weiß, du hast viel getan, und da bin ich dir auch echt dankbar. Aber ich will doch nur kurz zum Blumenladen.“ Ihre Worte lassen Zorn in mir aufsteigen. „Sag mal, siehst du nicht, wie schlecht es mir geht? Und du willst ständig noch weitere Dinge erledigen. Nina, ich kann nicht mehr!“
Ein paar Sekunden herrscht Schweigen. Dann füge ich hinzu: „Wie deutlich soll ich es dir noch zeigen? Nina, du kannst nicht nur danach schauen, was du machen willst. Du musst dich auch um mich kümmern!“
Du musst Dich auch um mich kümmern!
Traurig blickt Nina nach unten und sagt: „Das tut mir leid, Melli. Ich habe nicht erkannt, wie schlecht es dir geht.“ Und fügt hinzu: „Und du hast recht. Ich darf nicht nur nach mir schauen. Wichtig ist, dass es nicht nur mir, sondern auch dir gut geht.“ Sie nimmt mich in den Arm und wir beschließen, den Nachmittag gemütlich auf der Couch zu verbringen, um Kraft zu tanken – auch für den Geburtstag, der am Abend ansteht.
Kommentar der Autorin:
Die Krankheit einmal aus einer anderen Perspektive zu betrachten, und zwar aus der Perspektive des kranken Organs, kann hilfreich sein. Wir sind tagtäglich mit so vielen Sachen beschäftigt, unendlich viele Dinge müssen erledigt werden. Das kann dazu führen, dass wir Signale unseres Körpers nicht erkennen oder vielleicht nicht sehen wollen. So erkennt Nina nicht, wie schlecht es Melli geht. Er muss den ganzen Tag schuften und hat keine Auszeit. Nina verlangt von Melli, dass er einfach funktioniert – ohne Wenn und Aber. Doch vom Körper zu erwarten, dass er jeden Tag auf Hochtour läuft, geht nicht lange gut.
Der Körper braucht den Geist, und der Geist benötigt den Körper. Welch eine große Herausforderung, dass Körper und Geist wie Nina und Melli Hand in Hand gehen!
➤ weitere Diabetes-Kurzgeschichten mit Nina und dem kleinen Melli
von Lena Schuster
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2019; 68 (2) Seite 40-41
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bloodychaos postete ein Update vor 2 Tagen, 16 Stunden
Hey, brauche Eure Hilfe. Habe den G7 genutzt. Als der über mehrere Monate (Frühjahr/Sommer 2025) massive Probleme (teils Abweichungen von 150 mg/dL, Messfaden schaute oben heraus) machte bin ich zum G6 zurückgegangen. Dessen Produktion wird nun eingestellt. Ich habe solche Panik, wieder den G7 zu nutzen. Habe absolut kein Vertrauen mehr in diesen Sensor. Aber mit meiner TSlim ist nur Dexcom kompatibel. Ich weiß nicht was ich machen soll, ich habe solche Angst.
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ole-t1 antwortete vor 2 Tagen, 11 Stunden
Mit “meinem” Omnipod 5 wird der Dexcom G7 Ende 2026 voraussichtlich der einzige verfügbare Sensor sein.
So richtig begeistert über die Einstellung des G6 bin ich auch nicht, auch wenn es absehbar war.
Ich habe einfach die Hoffnung, dass die Qualitätsprobleme beim G7 bis dahin ausgestanden sind.Ich warte das Thema noch einige Monate ab.
Wenn ich Ende 2026 feststelle, dass die Kombination aus meiner Pumpe und dem CGM für mich nicht funktioniert, bin mir sicher, dass meine Diabetes-Ärztin und ich eine gute Lösung für mich finden.Hier habe ich aufgeschnappt, dass für die t:slim wohl eine Anbindung des Libre 3 in der Mache ist:
https://insulinclub.de/index.php?thread/36852-t-slim-mit-libre-3-wann/
Leider steht keine überprüfbare Quelle dabei. 🤷♂️Ein weiterer mir wichtiger Gedanke:
Angst und Panik sind in diesem Zusammenhang vermutlich keine hilfreichen Ratgeber. Hoffentlich schaffst Du es, dem Thema etwas gelassener zu begegnen.
(Das sagt der Richtige: Ich habe in meinem letzten DiaDoc-Termin auch die Hausaufgabe bekommen, mal zu schauen, was mir gut tut.) -
bloodychaos antwortete vor 2 Tagen, 6 Stunden
@ole-t1: Hey Ole, ganz lieben Dank für Deine Nachricht. Die Produktion des G6 endet laut einem Artikel auf dieser Seite ja zum 1. Juli 2026. Wann der Libre3 mit der TSlim kompatibel sein wird weiß man ja noch nicht. An sich gefällt mir Dexcom auch besser als Libre und die erste Zeit lief der G7 ja auch super bei mir. Ich kann mir schwer vorstellen, dass der G7 von heute auf Morgen nicht mehr bei mir funktioniert? Es gab ja auch das Gerücht das Dexcom eine zeitlang Produktionsprobleme hatte, dass wäre ja eine Erklärung, aber da geht Dexcom natürlich auch nicht mit hausieren.
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rolli-xx antwortete vor 16 Stunden, 55 Minuten
@bloodychaos: Moin, ich benutze den G 7 seit Dezember 2022 (vorher G 6). Seit Dezember 2024 in Kombination mit der t:slim X 2 Ja, es hat immer mal wieder einen Sensor gegeben, der nicht richtig funktioniert hat . Dann wurde ein neuer gesetzt, der Vorfall an Dexcom gemeldet und es gab dann wenige Tage später einen neuen Sensor.
Wie ole-t1 schon geschrieben hat, erst einmal die Ruhe bewahren und nicht in Panik verfallen. Alle auf dem Markt erhältlichen Sensoren haben Schwankungen in der Genauigkeit ihrer Angaben. Wichtig ist daher zu beurteilen, ob das, was der Sensor anzeigt, überhaupt sein kann.
Zum Beispiel durch blutiges Nachmessen (dabei bitte dran denken, dass der Gewebezucker, den die Sensoren messen, rd. 20-30 Minuten hinter dem Blutzucker hinterher hinkt).
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loredana postete ein Update vor 4 Tagen, 13 Stunden
Die Registrierung mit dem Geburtsjahr war echt sportlich. Wollte es schon fast wieder abbrechen.
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