- Leben mit Diabetes
“Ich bin glücklich, wenn die Werte wieder stabiler sind”
3 Minuten
Ende Juni war Matthias Steiner, Olympiasieger im Gewichtheben, zum Interview in der Redaktion des Diabetes-Journals. Ein Thema war sein geplanter Umstieg auf eine Insulinpumpentherapie. Er erzählte von den Gründen …
Diabetes-Journal (DJ): Sie haben im Lauf Ihrer Karriere schon überlegt, mit einer Insulinpumpentherapie zu beginnen. Was waren damals die Überlegungen, mit einer Pumpentherapie zu liebäugeln?
Matthias Steiner: Die Pumpe wurde mir fast vom ersten Tag an angeboten. Ein Kollege von meinem Vater, der eine Pumpe hatte, hat sofort gesagt: “Du musst eine Pumpe nehmen, das ist das Beste.” Aber ich war zu dieser Zeit gut eingestellt, das passte alles wunderbar. Nach dem Olympiasieg, als mein Diabetes bekannt wurde, haben mich vermehrt Leute darauf angesprochen – aber da gab es auch die unterschiedlichsten Meinungen.
Das ging sogar so weit, dass Leute mir gesagt haben: Ein Bekannter ist daran gestorben. Ob das stimmt, wusste ich erst einmal nicht, aber vorstellen konnte ich mir das nicht. Mit der Zeit habe ich dann immer mehr herausgehört: Die, die umgestiegen sind, wollen nie wieder etwas anderes machen. Und nun bin ich so weit, dass ich sage: Ja, auch ich. Jetzt habe ich die Zeit dazu und werde ich auch gezwungen, weil ich einfach merke, dass es mir mit der Pentherapie nicht mehr möglich ist, gute Blutzuckerwerte zu erzielen.
DJ: Sie haben sich ja schon intensiv mit der Pumpentherapie befasst. Welche Vorteile erwarten Sie?
Steiner: Ich erwarte mir erst mal, dass das Basalinsulin wegfällt. Denn das macht mir Schwierigkeiten insofern, als ich jedesmal zu einem anderen Zeitpunkt Sport mache oder mich bewege und immer erst mal kalkulieren muss: Jetzt greift das Basalinsulin, jetzt ist eigentlich ein blöder Zeitpunkt. Das stört mich total im Alltag. Ich erwarte also den großen Vorteil, dass der Alltag nicht ganz so geregelt sein muss. Ich versuche schon, regelmäßig zu den gleichen Zeiten zu essen. Aber ich bewege mich momentan in einer Branche, in der man so flexibel sein muss, dass ich es mit Pen nicht mehr hinkriege.
Was weiters dazukommt: Wenn man einen Anzug anhat, das Hemd jedesmal hochziehen, spritzen, bleibt ein Blutfleck usw. – das sind so die Kleinigkeiten, die stören im Alltag. Im Sport hat man nur die Sportklamotten an, da zieht man das T-Shirt schnell hoch – aber bei weißen Hemden, das ist dann schon ungünstig. Auch bei Veranstaltungen, wo das Essen sehr ausgedehnt ist, ist es blöd, wenn man mit Pen arbeiten muss, weil man nie weiß, wie lange der Abend geht. Da erhoffe ich mir von der Pumpe schon eine Riesenbesserung.
DJ: Wann steht der Wechsel an?
Steiner: Die Daten, um die Kostenübernahme für die Pumpentherapie zu beantragen, werden jetzt bei der Krankenkasse eingereicht. Ich wollte eigentlich schon im Mai anfangen, aber die Dokumentation hat nicht gereicht. Ich habe da ein bisschen auf den Promi-Bonus gehofft (grinst). Den gibt es aber nicht bei mir. Aber die Werte sind jetzt doch so … sie sind nicht grottenschlecht, aber sie sind so, dass man nicht drumrum kommt.
Mit dem Tagesablauf, den ich habe, geht das so nicht mehr. Das sieht man nicht nur anhand der Werte, sondern auch anhand der Unregelmäßigkeit, wie ich mich bewege, wie ich aufstehe, wie ich arbeite usw. Also, da gibt’s gar kein Thema – die muss ich kriegen.
DJ: Sie haben gerade gesagt, die Daten werden jetzt eingereicht. Das ist ja auch Ihr Diabetestagebuch. Führen Sie das gern?
Steiner: Ich mache es schon gern. Aber ich habe gemerkt, wenn ich mal zwei Tage nicht dazu kam, dass man richtig Schwierigkeiten hat. Von daher bin ich jetzt konsequent, denn wenn ich das nicht gleich mache, sitze ich nachher viel länger und überlege: Was war vorgestern, was war gestern?
DJ: Nutzen Sie die Aufzeichnungen auch jetzt für Ihre Therapieentscheidungen?
Steiner: Es ist schwer, weil ich die gleiche Woche nicht mehr haben werde. Ein Tagebuch hilft am allermeisten, wenn ich einen sehr geregelten Tagesablauf habe. Aber bei mir ändert sich ja ständig etwas. Es hilft schon, das ist gar kein Thema, aber es hilft bei jedem anders. Am besten ist natürlich, den Tag so geregelt wie möglich zu gestalten, aber das ist halt nicht immer möglich.
Auch deswegen ist es mir wichtig, dass ich so darüber spreche. Denn es nutzt nichts, wenn der Steiner immer nur erzählt, es ist alles super, es ist alles toll – sondern es ist mir auch wichtig zu zeigen, mit welchen Schwierigkeiten auch ich zu kämpfen habe. Ich habe die ganz normalen Probleme, die jeder andere Diabetiker auch hat. Und trotzdem ist es möglich, vieles zu erreichen im Leben.
DJ: Worauf freuen Sie sich am meisten, wenn Sie an die Behandlung mit der Insulinpumpe denken?
Steiner: Ich freue mich am meisten, wenn sich bestätigt, dass sie mich nachts nicht stört. Aber es hat mir bis jetzt jeder gesagt: Es stört nicht nachts. Und ich bin dann glücklich, wenn die Werte wieder stabiler sind und wenn ich flexibler bin. Wenn ich wieder spontan Sport machen kann, ohne große Mengen vorher essen zu müssen, weil ich das falsche Basal oder zu viel Basal gespritzt habe, weil ich damit nicht gerechnet habe. Das sind die Momente, auf die ich mich freue: Da ruft einer an: “Gehen wir Tennis spielen?” “Ja, kann ich machen.”
Das Interview führten Günter Nuber und Dr. Katrin Kraatz.
Kontakt:
Kirchheim-Verlag, Kaiserstraße 41, 55116 Mainz, Tel.: (0 61 31) 9 60 70 0,
Fax: (0 61 31) 9 60 70 90, E-Mail: redaktion@diabetes-journal.de
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2013; 62 (9) Seite 52-53
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bloodychaos postete ein Update vor 2 Tagen, 15 Stunden
Hey, brauche Eure Hilfe. Habe den G7 genutzt. Als der über mehrere Monate (Frühjahr/Sommer 2025) massive Probleme (teils Abweichungen von 150 mg/dL, Messfaden schaute oben heraus) machte bin ich zum G6 zurückgegangen. Dessen Produktion wird nun eingestellt. Ich habe solche Panik, wieder den G7 zu nutzen. Habe absolut kein Vertrauen mehr in diesen Sensor. Aber mit meiner TSlim ist nur Dexcom kompatibel. Ich weiß nicht was ich machen soll, ich habe solche Angst.
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loredana postete ein Update vor 4 Tagen, 12 Stunden
Die Registrierung mit dem Geburtsjahr war echt sportlich. Wollte es schon fast wieder abbrechen.
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Mit “meinem” Omnipod 5 wird der Dexcom G7 Ende 2026 voraussichtlich der einzige verfügbare Sensor sein.
So richtig begeistert über die Einstellung des G6 bin ich auch nicht, auch wenn es absehbar war.
Ich habe einfach die Hoffnung, dass die Qualitätsprobleme beim G7 bis dahin ausgestanden sind.
Ich warte das Thema noch einige Monate ab.
Wenn ich Ende 2026 feststelle, dass die Kombination aus meiner Pumpe und dem CGM für mich nicht funktioniert, bin mir sicher, dass meine Diabetes-Ärztin und ich eine gute Lösung für mich finden.
Hier habe ich aufgeschnappt, dass für die t:slim wohl eine Anbindung des Libre 3 in der Mache ist:
https://insulinclub.de/index.php?thread/36852-t-slim-mit-libre-3-wann/
Leider steht keine überprüfbare Quelle dabei. 🤷♂️
Ein weiterer mir wichtiger Gedanke:
Angst und Panik sind in diesem Zusammenhang vermutlich keine hilfreichen Ratgeber. Hoffentlich schaffst Du es, dem Thema etwas gelassener zu begegnen.
(Das sagt der Richtige: Ich habe in meinem letzten DiaDoc-Termin auch die Hausaufgabe bekommen, mal zu schauen, was mir gut tut.)
@ole-t1: Hey Ole, ganz lieben Dank für Deine Nachricht. Die Produktion des G6 endet laut einem Artikel auf dieser Seite ja zum 1. Juli 2026. Wann der Libre3 mit der TSlim kompatibel sein wird weiß man ja noch nicht. An sich gefällt mir Dexcom auch besser als Libre und die erste Zeit lief der G7 ja auch super bei mir. Ich kann mir schwer vorstellen, dass der G7 von heute auf Morgen nicht mehr bei mir funktioniert? Es gab ja auch das Gerücht das Dexcom eine zeitlang Produktionsprobleme hatte, dass wäre ja eine Erklärung, aber da geht Dexcom natürlich auch nicht mit hausieren.
@bloodychaos: Moin, ich benutze den G 7 seit Dezember 2022 (vorher G 6). Seit Dezember 2024 in Kombination mit der t:slim X 2 Ja, es hat immer mal wieder einen Sensor gegeben, der nicht richtig funktioniert hat . Dann wurde ein neuer gesetzt, der Vorfall an Dexcom gemeldet und es gab dann wenige Tage später einen neuen Sensor.
Wie ole-t1 schon geschrieben hat, erst einmal die Ruhe bewahren und nicht in Panik verfallen. Alle auf dem Markt erhältlichen Sensoren haben Schwankungen in der Genauigkeit ihrer Angaben. Wichtig ist daher zu beurteilen, ob das, was der Sensor anzeigt, überhaupt sein kann.
Zum Beispiel durch blutiges Nachmessen (dabei bitte dran denken, dass der Gewebezucker, den die Sensoren messen, rd. 20-30 Minuten hinter dem Blutzucker hinterher hinkt).