Im Sandsturm die Fehlermeldung …

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Im Sandsturm die Fehlermeldung …

Kati Hoefer war 14 Tage lang im Oman unterwegs. Erfahren Sie, was sie dort alles erlebt hat und wie ihr Diabetes-Management in der ungewohnten Umgebung funktioniert hat.

Endlich ist es so weit – ich bin auf dem Weg in den Oman. Lange geplant und heiß ersehnt. Hoffentlich habe ich alles dabei, was ich brauche? Aber beim Packen bin ich inzwischen durch die vielen Reisen routiniert, vor allem wenn es um das Diabetes-Equipment geht. Als Pumpenträger braucht man ja so einiges an Zubehör. Und natürlich alles in ausreichender Menge, denn man weiß ja nie! Das Unternehmen Roche stellt für derartige Reisen eine Ersatzpumpe zur Verfügung. Trotzdem habe ich Pens, Insulinspritzen, Ersatz-Messgeräte dabei – für alle Fälle …

Ich lande spät in Muscat, der Hauptstadt des Oman. Die heiße Luft erschlägt mich fast. Die Zeitverschiebung von 3 Stunden lässt sich gut handhaben. Die Pumpe am Abreisetag morgens schon um eine Stunde vorgestellt, abends in Muscat noch mal um eine Stunde – und am nächsten Morgen dann auf die Ortszeit. Beim Frühstück im Hotel überrascht mich eine sehr europäische Auswahl, die für einen Diabetiker keine große Herausforderung ist. Dann auf zur Stadterkundung:

Weihrauchhändler und Schmuck

Ich schlendere erst einmal zum Souk, dem historischen Marktviertel, und bewundere die Weihrauchhändler, die überladenen Silber- und Schmuckgeschäfte und das orientalische Treiben. Was mir sofort auffällt: Fast alle Omaner sind traditionell gekleidet. Die Männer tragen Dishdashas, das sind lange, weiße Gewänder. Die Frauen sind fast alle verschleiert, viele tragen eine Burka, die nur einen schmalen Schlitz für die Augen freilässt.

Ich bin sehr erstaunt über dieses Traditionsbewusstsein, denn der Oman ist ein sehr liberales und modernes arabisches Land, in dem Frauen in vielen hohen Positionen arbeiten. Es gibt keinerlei Kleidungsvorschriften oder gar einen Schleierzwang. Ich erfahre, dass gerade die jungen Frauen aus eigener Überzeugung zu den alten Traditionen zurückkehren.

Die Sehenswürdigkeiten von Muscat kann man gut an einem Tag besichtigen. Ich laufe die Hafenpromenade entlang, bestaune den prächtigen Palast des Sultans, werfe einen Blick auf die Oper und stecke meine Füße in den Indischen Ozean. Meinen Blutzucker kontrolliere ich engmaschig, denn eine ganztägige Stadtbesichtigung unterscheidet sich doch enorm von einem normalen Bürotag zu Hause.

Abends suche ich mir eines der kleinen Straßenlokale aus, die meist von Indern oder Pakistanis geführt werden und sehr leckere und günstige Gerichte anbieten. Am nächsten Tag leihe ich mir ein Auto und mache mich auf den Weg Richtung Hadschar-Gebirge.

Siesta bei 36 Grad

Dort gibt es einige Sehenswürdigkeiten, die mich interessieren – und mit dem Mietwagen bin ich flexibel und unabhängig von öffentlichen Verkehrsmitteln. Meine erste Station ist Nizwa. Ein kleines Hotel ist bald gefunden – wenn auch wie überall im Oman relativ teuer. Da es nach wie vor Temperaturen um die 36 °C hat, passe ich mich dem arabischen Lebensrhythmus an und genehmige mir eine ausgiebige Siesta.

Am späten Nachmittag schlendere ich in die Altstadt von Nizwa, besichtige die Fort-Anlagen mit Obst-, Gemüse- und Fischmarkt. Ein kleines Café bietet traditional oman coffee an – das muss ich unbedingt probieren. Der arabische Kaffee ist schwarz, stark und mit Kardamom gewürzt. Dazu werden Datteln und Halwa serviert, ebenfalls eine Spezialität im Oman. Das Halwa wird aus Butterschmalz, karamelisiertem Zucker, Mandeln und Stärke hergestellt, oft verfeinert mit Rosenwasser – und so süß. Also genau das Richtige für Diabetiker! Nun:

Große Neugier – welcher Bolus?

Meine Neugier ist zu groß, und ich genieße die Köstlichkeiten. Welche Bolusmenge ich hierfür wohl benötige? Fremdartige Speisen sind ja immer schwer einzuschätzen. Ich entscheide mich für eine zurückhaltende Bolusmenge von 4 Einheiten, um eine Hypoglykämie zu vermeiden. Die Blutzuckermessung nach zwei Stunden ist leider nicht glorreich: 288 mg/dl (16,0 mmol/l). Da war ich doch zu zögerlich mit dem Bolus; schnell korrigieren und nochmal 3 Einheiten nachlegen. Nach einer weiteren Stunde ist der Blutzucker bei erfreulichen 165 mg/dl (9,2 mmol/l).

Tag 3: Heute geht es ins Hadschar-Gebirge. Ich fahre durch beeindruckende Landschaften zum Dschabal Shams, dem höchsten Berg (ca. 3 000 m) im Oman, und bestaune den Grand Canyon. Danach geht es weiter in das kleine ursprüngliche Bergdorf Misfah. Ich mache eine ausgiebige Wanderung durch die Palmenoase mit den Falajs, den Bewässerungskanälen, die von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt wurden. Im einzigen Gasthaus im Ort bekomme ich zum Glück noch ein Zimmer.

In den nächsten Tagen besuche ich den Markt von Ibra, der ausschließlich von Frauen und für Frauen stattfindet. Ich erwandere das Wadi Bani Khalid und das Wadi Shab, diese wunderschönen Flusstäler, die mit ihren Felsenpools immer wieder zu einem erfrischenden Bad einladen, und besichtige die Dhau-Werften in Sur, in denen die traditionellen arabischen Holzboote hergestellt werden.

Zurück in Muscat gebe ich am Flughafen den Leihwagen zurück und fliege nach Salalah, der südlichsten Stadt des Oman an der Grenze zum Jemen. Nach einer Woche Aktivurlaub gönne ich mir einen Faulenzertag und genieße den einsamen, weißen Sandstrand, bevor es mit einem Führer in das Leere Viertel geht. Die Rub-al-Khali-Wüste ist die größte Sandwüste der Erde und erstreckt sich von Saudi-Arabien bis in den Oman und den Jemen.

Die Pumpe im Sandsturm

Die Sanddünen sind gigantisch, und mein Führer, ein Beduine, kennt die schönsten Strecken und beherrscht vor allem die Fahrtechnik im weichen Sand. Wir campieren zwischen den Dünen und sitzen abends noch lange am Lagerfeuer. Eine Nacht in der Wüste unter dem Sternenhimmel ist für mich immer wieder ein besonderes Erlebnis, wenn auch diesmal nicht so, wie ich es mir vorgestellt hatte: Nachts kommt auf einmal Wind auf, der sich zu einem heftigen Sandsturm entwickelt.

Der Sand kommt fast waagerecht angeflogen und peitscht mir ins Gesicht. Ich flüchte in den Geländewagen, aber im Auto ist es unerträglich heiß; also zurück in den Sand und im Schlafsack verkriechen. An Schlaf ist nicht zu denken. Und dann: Die Insulinpumpe schlägt Alarm! Ich überprüfe schnell die Fehlermeldung: Batterie fast leer. Bis zum nächsten Morgen wird die Batterie noch halten – das hoffe ich zumindest.

Batteriewechsel unter schwierigen Bedingungen

Aber nach einiger Zeit erneuter Alarm: Batterie leer. Jetzt hilft nur noch Batteriewechsel. Eine neue Batterie und den Schlüssel für das Batteriefach habe ich zum Glück beim Messgerät im Schlafsack verstaut. Ich versuche, die Pumpe so wenig wie möglich mit dem umherfliegenden Sand zu verschmutzen. Der feine Wüstensand ist ohnehin bereits überall. Im Schlafsack und ohne Licht ertaste ich den Batteriefachdeckel und tausche fluchend die Batterie aus, was gar nicht so einfach ist. Ob die Pumpe und das Messgerät diese Sand-Attacke wohl unbeschadet überstehen?

Am nächsten Morgen, strahlende Sonne, mache ich Bestandsaufnahme: Einzig die Stechhilfe hat den Sandsturm nicht überstanden und streikt. Den Verlust kann ich verschmerzen, ich habe ja Ersatz dabei. Was für eine Nacht! Wir besuchen noch eine Beduinen-Familie mit ihren Kamelen, bevor es zurückgeht nach Salalah und dann weiter über Muscat zurück in die Heimat.

Nach aufregenden 14 Tagen bin ich vom Oman mehr als beeindruckt: eine fantastische Natur – Berge, einsame Strände und unglaubliche Wüstengebiete; und vor allem die Menschen, die mich in ihren Bann gezogen haben. So viel Gastfreundschaft und ehrlich gemeinte Hilfsbereitschaft ist mir bisher nirgends auf der Welt begegnet. Die Tour war sicher und völlig unproblematisch und auch in Bezug auf meinen Diabetes hat alles prima funktioniert.

Oman: allgemeine Info

Größe: 390 500 km²
Einwohner: ca. 3 Millionen
Staatsform: Sultanat/Monarchie, Staatsoberhaupt ist Sultan Qabus ibn Said
Religion: Islam
Sprache: Arabisch, aber Englisch ist weit verbreitet


von Kati Hoefer
kati.hoefer@t-online.de

Alter: 44 Jahre
Wohnort: in der Nähe vom Starnberger See
Beruf: selbständig tätig im Bereich Finanzbuchhaltung, Controlling, Hausverwaltung
Diabetes seit: 34 Jahren, Pumpentherapie seit 14 Jahren
Hobby: Reiten, Reisen, meist auf eigene Faust und gern allein

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2014; 63 (9) Seite 42-44

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