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Der 20-jährige Aron Esser hat sich seinen Traum erfüllt: In Nepal hat er den „Annapurna“, den zehnthöchsten Berg der Welt umrundet. Wie er dieses herausfordernde und anstrengende Abenteuer mit seinem Typ-1-Diabetes bewältigt hat, erfahren Sie hier in seinem Reise-Blog.
Aron Esser (20) hat seit 15 Jahren Typ-1-Diabetes. An das Leben vor der Diagnose kann er sich nicht erinnern. Einschränken durch den Diabetes lässt er sich weder im Studium (Maschinenwesen an der TU München) noch in seiner Freizeit. Ob bei der Mechanik-Vorlesung, im Fitnessstudio, beim Klettern oder auf den Rennski: überall gelingt es ihm, den Blutzucker gut zu kontrollieren. Dabei helfen ihm die Insulinpumpe, das Flash-Glukose-Monitoring und seine Freundin Antonia, die ihm mit Rat und Tat zur Seite steht.
In Nepal hat sich Aron nun einen Lebenstraum erfüllt: den „Annapurna“, den zehnthöchsten Berg der Welt, einmal zu umrunden. In der August-Ausgabe des Diabetes-Journals gab es bereits einen Vorbericht über die Reisevorbereitungen.
In diesem Blog hat Aron vor Ort von seinen Erlebnissen und Eindrücken berichtet – und wie er sein Diabetes-Management bei diesem Abenteuer bewältigt hatte:
Gerade sitze ich im Flugzeug nach München und erfreue mich neben bester Gesundheit auch all der unglaublich vielen Eindrücken und Erlebnissen der letzten Wochen.
Vor ca. einer Woche haben wir den höchsten Punkt der Bergtour, den Thorong La, der mit 5416m über dem Meer der höchste Pass der Welt ist, erfolgreich überschritten und sind ins Kali Gandaki-Tal abgestiegen. Das ist nebenbei das tiefste Tal der Welt 😉
Das Diabetes-Journal im Höhenrausch: Aron am Thorong La – dem höchsten Gebirgspass der Welt (5416m) und der höchste Punkt seiner Route. Dort steht eine kleine Stupa (buddhistisches Monument) mit vielen Gebetsflaggen.
Leider hat Antonias Knie der extremen Dauerbelastung der 12 Tage im Gebirge nicht mehr standgehalten, und wir haben nach dieser Königsetappe und ein paar Ruhetagen mit erfolgloser Behandlung mit Schmerzmitteln, Bandagen und Creme entschieden, den letzten Teil des Treks abzubrechen. Dadurch sind wir schlussendlich etwa vier Tage weniger im Himalaya gewesen als geplant.
Alternativ haben wir einige Tage im Dschungel von Chitwan verbracht – eine Region in Zentralnepal die für ihre Artenvielfalt bekannt ist. Hier sind wir unter anderem auf Elefanten geritten und mussten ein andern Mal auch vor aggressiven Rhinozerossen auf einen Baum flüchten.
Im Chitwan-Nationalpark gab’s einen Ritt auf einem Elefanten – mit einem anschließenden kühlenden Bad im Fluss.
Ich habe auf der Reise einen Inlandsflug in einer kleinen Propellermaschine erlebt, bei der man denkt, sie könnte jede Sekunde in ihre tausend Einzelteile zerfallen, saß in einem Bus der einige Male drohte den Abhnahng hinunterzustürzen, bin durch Landschaften gewandert die von tropischen 30°C, 95 Prozent Luftfeuchtigkeit, Palmen und Urwald über ewig trockene Steinwüsten bis hin zu Schnee- und Eismassen in extremer Höhe bei -10°C und orkanartigen Stürmen reichen, ich wurde Höhenkrank, ich habe meinen Blutzuckersensor verloren, musste einem nepalesischen Polizeibeamten, der kaum Englisch verstand, erklären, wozu ich Unmengen an Nadeln und Insulin im Flugzeug brauche und hatte am Ende der Welt, dort wo auch keine Jeeps oder Motorräder mehr fahren können und es kein sauberes Trinkwasser gibt, eine Ketoazidose.
Die Welt steht Kopf auf dem Dach der Welt – dieses Bild entstand am Icelake auf 4600m Höhe. Im Hintergrund ist der Annapurna II zu sehen.
All das und noch viel mehr schöne aber auch verrückte, anstrengende und herausfordernde Momente habe ich in Nepal erlebt. Dabei sind tausende Fotos und Videos entstanden. Unter anderem auch eine Art VLog in dem ich ab und zu während der Reise erzählte, wie es mir geht und was ich gerade erlebt habe. Speziell gehe ich dabei immer auch auf diabezogene Erlebnisse ein. Ich freue mich im Laufe der Woche die mehr als 100GB Fotomaterial nachzubearbeiten und zu schneiden, damit ein passables Reisevideo für die Blood Sugar Lounge rauskommt – auch wenn es nun ja erst nach der Reise veröffentlicht werden kann.
Beste Grüße aus Flug WY0123, aktuell über Kuweit,
Aron
Namaste,
es ist gerade 5.30 Uhr in Nepal und ich kann nicht schlafen. Damit der Jetleg wenigstens zu irgendetwas nützlich ist, schreibe ich euch jetzt schon mal was in den eineinhalb Tagen hier so passiert ist.
Gleich nach dem Einsteigen in den Flieger hat mir die Pumpe einen kleinen Schockmoment beschert, als sie wie wild piepte und vibrierte. Fehlermeldung: „Insulinfluss blockiert. Überprüfen sie Schlauch und Kanüle.“ Da mir eben das im engen Flugzeug nicht möglich war, beschloss ich es vorerst auszusitzen und nach dem Start auf der Toilette nachzusehen. Da war dann aber alles in Ordnung und ich konnte beruhigt weiterreisen. Die weitere Anreise verlief dann ohne Zwischenfälle.
Gestern waren wir zum Sightseeing in Kathmandu. Es gibt hier einige wunderschöne uralte Tempelanlagen, in denen bis heute die hinduistische und buddhistische Bevölkerung ihre Götter verehrt. Swayambunath ist eine davon.
Die Tempelanlagen Swayambunath.
Da im Wald außenrum und auf der Tempelanlage selbst Tausende freche Makaken ihr Unwesen treiben, wird er auch Affentempel genannt. Essen ist hier unmöglich. Das musste ich feststellen als ich einen Traubenzucker auspackte der mir aber Sekunden später von einem hungrigen Affen aus der Hand gerissen wurde.
Die frechen und hungrigen Makaken am „Affentempel“ haben es sogar auf Traubenzuckertafeln abgesehen.
Wenn wir gerade schon beim Thema Essen sind: Das ist hier auch eine besondere Herausforderung. Gestern gab’s für mich all-you-can-eat Veg-Khal Set für gerade mal 300 Nepalnesiche Rupien (ca 2,50 Euro). Ganz grob ist das Reis mit vielem verschiedenen Gemüse, irgendwelchen grünen Blättern, scharfen Linsen und scharfer Sauce sowie einigen mir gänzlich unbekannten Leckereien. Dazu Suppe und Joghurtnachspeise.
Ganz schön schwierig zu schätzen, wie viele BEs dieses Gericht hat: Erstens kenne ich die Hälfte auf dem Teller nicht und zweitens ist es teilweise so scharf, dass ich danach Süß auch nicht mehr richtig einordnen kann. Beim ersten Versuch hat es nun auch nicht so gut geklappt, aber ich bin ja noch länger hier, und die Erfahrung wird zeigen, worin wie viele Kohlenhydrate stecken.
Aron und Antonia mit Tilakas auf der Stirn.
Heute kümmern wir uns noch um die ganzen Erlaubnisscheine und kaufen noch den letzten Proviant damit es morgen auf ins Himalaya gehen kann. Auch wenn Kathmandu an vielen Stellen unglaublich Schönheiten bietet, ist der Rest der Stadt mir einfach zu voll, zu stinkend, zu wuselig und chaotisch und ich freue mich schon auf die Natur im Land.
Bis bald,
Aron
Namaste,
die Taschen sind gepackt und in paar Stunden mache ich mich auf den Weg zum Flughafen. Auch wenn ich sehr gut vorbereitet und top fit fürs Bergsteigen bin, bin ich etwas nervös.
Habe ich auch wirklich an alles gedacht? Fehlt noch irgend etwas? Und selbst wenn nicht kann bei so einer Reise immer etwas unvorhersehbares passieren. Auf der anderen Seite freue ich mich aber natürlich auch auf all die neuen Eindrücke einer ganz anderen Welt.
Die „normale“ Ausrüstung …
Bisher gibt es noch nicht allzuviel vorzuzeigen – nur ein kleiner Überblick über alles was ich die nächsten Tage und Wochen in meinem Rucksack umhertragen werde.
Auch ein Diabetes-Journal ist mit dabei und ich freue mich schon auf die Bilder davon mit dem ein oder anderen 8.000er im Hintergrund um zu zeigen wohin man mit Diabetes und mit Diabetes-Journal alles reisen kann.
… und die Diabetes-Ausrüstung.
Ich melde mich sobald ich in Kathmandu angekommen bin. Leider schauts so aus als wüteten noch die letzten Monsunausläufer in der Gegend und ich muss mich vorerst an Starkregenfälle gewöhnen – in einer Woche dürte die Regenzeit für dieses Jahr allerdings endlich vorbei sein.
Für die Zeit die ich in den Bergen unterwegs bin kann ich noch nicht sagen in wieweit es mir möglich ist euch regelmäßig auf dem Laufenden zu halten. Auch wenn man es sich in der globalisierten Welt im 21. Jahrhundert nicht so recht vorstellen kann wird die Infrastruktur dort mir nur selten Zugang zum Internet oder anderen Kommunikationsmöglichkeiten gewähren. Ich halte aber vorerst eine fließende Trinkwasserversorgung auch für viel wichtiger als Glasfaserkabel 😉
Namaskar
Aron
von Aron Esser und Redaktion Diabetes-Anker
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