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Vorab möchte ich gerne festhalten, dass ich mit diesem Text niemanden persönlich angreifen möchte. Ich weiß, dass jeder anders mit Krankheiten umgeht und diese Meinungen bzw. Einstellungen möchte ich mit meinem Beitrag in keinster schlecht reden. Es ist wichtig, dass jeder von uns seinen Weg findet, wie er mit dem Diabetes umgeht. Ich möchte lediglich weitergeben, was mir persönlich sehr geholfen hat, den Diabetes so schnell zu akzeptieren und was mir enorm viel Selbstbewusstsein geschenkt hat.
Für mich persönlich war es nie eine Frage, ob ich die Öffentlichkeit an meiner Krankheit teilhaben lassen möchte. Ich war mir anfangs auch nicht bewusst, dass es Menschen gibt, die ihren Diabetes vor anderen verschweigen und zum Spritzen des Insulins auf die Toilette gehen. Nach ersten Anlaufschwierigkeiten im Krankenhaus, wurde ich doch relativ schnell warm mit meinem neuen Begleiter. Da ich nur wenige Tage nach der Diagnose wieder an meinem Alltag teilnehmen musste, war ich mehr oder weniger dazu gezwungen, mein Umfeld mit einzubinden. Alles andere hätte in diesem Moment nicht funktioniert, da ich voll eingespannt in Hochschulprojekten und Gruppenarbeiten war. Angefangen habe ich bei meinen Professoren, die ich kurz und knapp über den Diabetes aufklärte und was sich nun für mich verändert hat. Ich bekam von niemandem eine negative Rückmeldung oder doofe Kommentare, ganz im Gegenteil.
Nach kurzer Zeit merkte ich, dass das Interesse meiner Mitmenschen doch größer war, als ich es am Anfang dachte. Ich lernte somit nicht nur für mich, sondern auch dafür, dass ich Nicht-Diabetiker aufklären konnte. Schnell bemerkte ich auch, wer es ernst meint und wer einfach nur doofe Sprüche klopfen möchte – wer kennt ihn nicht, den Satz: „Meine Oma hat auch Diabetes, aber du bist doch viel zu jung dafür!“
Da es für mich nie zur Debatte stand, ob ich den Diabetes zeige oder nicht, habe ich von Anfang an immer und überall meinen Blutzucker gemessen. Damals noch ohne FGM/CGM, packte ich also mitten in der Vorlesung mein Täschchen mit Messgerät, Stechhilfe und Teststreifen aus und pikste drauflos. Mir ist dabei nie aufgefallen, dass jemand bewusst gestarrt oder blöd geschaut hat.
Weiter ging es dann mit dem Insulinspritzen – natürlich egal wo! Ich sehe es als etwas Notwendiges, dass ich meine Medikamente nehme, unabhängig von der Umgebung. Wenn jemand eine Kopfschmerztablette nimmt, beschwert man sich doch auch nicht, oder? Auch damit habe ich bisher keine negativen Erfahrungen gemacht, und im Falle eines blöden Kommentars habe ich meine Antwort immer parat.
Mit der Zeit bekam auch der ein oder andere Studienkollege von dem Diabetes mit und fragte (der eine mehr, der andere weniger) genauer nach. Ich bemerkte schnell, dass das Wissen über Diabetes kaum über den Typ 2 hinausreichte. Mit der Zeit verbesserte ich meine Antworten, die kurzen Aufklärungsvorträge über den Typ 1, und bekam hin und wieder auch mehr Aufmerksamkeit.
Der offene Umgang hat mir dabei geholfen, dass der Diabetes und ich ein Team geworden sind. Er gehört zu mir, auch wenn ich es mir natürlich anders gewünscht hätte. Warum soll ich also meinen Sensor verstecken, mich zum Spritzen umdrehen oder keine Aufklärungsarbeit leisten? Zudem sehen meine Sensoren doch viel zu schön aus, um sie unter einem langen Shirt zu verstecken!
So zu tun, als wäre vergangenen Oktober nichts passiert, wäre der falsche Weg. Man muss sich bewusst werden, wie schnell diese Krankheit gefährlich werden kann und dass es wichtig ist, auf sich achtzugeben. Es ist mein Leben, also warum soll ich mich für andere verstecken? Wer damit nicht klarkommt, kann gerne 10 Sekunden die Augen schließen. (Oder bittet ihr jemanden darum, kurz mit dem Atmen aufzuhören, weil es euch stört?)
Mit einer gesunden Menschenkenntnis fällt es mir leicht zu erkennen, ob es jemand ernst oder albern meint. Ich bin jemand, der selbst sehr gerne kleine Witze über das Diabetiker-Dasein reißt, denn Humor hilft mir ungemein beim „Positivbleiben“. Einer meiner Professoren hat sogar eine kleine Notiz mit „Zucker“ hinter meinen Namen geschrieben, da wir zwei Nathalies im Kurs haben und er mich so besser zuordnen kann. Stört es mich? Überhaupt nicht, da er es auf eine nette und amüsante Weise verpackt! Genauso zeigt er sehr großes Interesse am Diabetes und erkundigt sich regelmäßig nach meinem gesundheitlichen Zustand und Fortschritt.
Es lässt sich festzuhalten: Viele sind daran interessiert, mehr zu lernen! Durch die Medien wird uns leider nur ein einziges Bild zu dem Begriff „Diabetes“ geliefert, was nur selten der Realität entspricht. Falls jemand allerdings kein Interesse hat, akzeptiere ich dies auch und versuche, ihn nicht unnötig mit Infos zu überhäufen.
Wohl der einzige Grund, weshalb ich mich auf die warmen Tage freue, ist: Ich kann meinen Sensor (und hoffentlich bald die Pumpe) der gesamten Welt zeigen. Ich kann stolz sein, dass ich es so weit geschafft habe, und bin froh darüber, dass ich diese Krankheit unter Kontrolle habe. Zeigt euch!
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