- Psyche
Warum die Psyche bei Diabetes eine wichtige Rolle spielt
3 Minuten
Probleme mit der Stoffwechsel-Einstellung lösen bei Menschen mit Diabetes häufig Stress aus. Die mentale Anspannung führt ihrerseits dann wieder zu Schwierigkeiten beim Management der Blutzuckerwerte – es entwickelt sich ein Teufelskreis, der sich in der Regel nur durchbrechen lässt, wenn in der medizinischen Behandlung auch die psychische Verfassung der Betroffenen berücksichtigt wird. Worauf dabei zu achten ist, erläutert der Fachpsychologe Adrian Grimshaw.
Beim Umgang mit Diabetes im Alltag spielt auch die psychische Verfassung der Betroffenen eine Rolle. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass Depressionen meist zu einer schlechteren Stoffwechsel-Einstellung führen. Probleme mit den Blutzuckerwerten können auf der anderen Seite ebenfalls negative Folgen für die Psyche haben – die Wechselwirkungen zwischen körperlichen und mentalen Symptomen beschäftigen deshalb auch das medizinische Fachpersonal. Anlässlich der Herbsttagung der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) in Wiesbaden gab Fachpsychologe Adrian Grimshaw vom Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen (HDZ) in Bad Oeynhausen einen Einblick in Ursachen und Behandlung von psychischen Erkrankungen bei Diabetes.
Statistische Erhebungen zeigen laut Grimshaw, dass psychische Probleme und Diabetes häufig gemeinsam auftreten. Menschen mit Diabetes haben – je nach Studie – ein um 30 bis 60 Prozent erhöhtes Risiko, eine Depression zu entwickeln. Etwa 40 Prozent aller Menschen mit einer Depression erkranken im Lauf ihres Lebens zusätzlich an Typ-2-Diabetes. Auch das ist ein erhöhter Wert. Gleichwohl ist nicht jedes Stress-Empfinden im Zusammenhang mit der Diabetesbehandlung krankhaft, macht der Fachpsychologe deutlich. Dass zu hohe oder zu niedrige Werte bei Menschen mit Diabetes auch mal Ärger oder Frust auslösen, sei ganz normal, so Grimshaw.
Abwägungen sind Teil des Alltags mit Typ-1-Diabetes
Bei Typ-1-Diabetes sind es meist jüngere Menschen, die den Umgang mit der Erkrankung als übermäßig stressig erleben. “Die Spontanität geht in vielen Bereichen verloren”, erklärt der Fachpsychologe. Das bedeutet vor allem für Jugendliche einen Verlust an Lebensqualität. “Sie müssen sich selbst als chronisch krank akzeptieren, ohne sich minderwertig zu fühlen.” Ratschläge oder Belehrungen der Eltern werden in diesem Alter oft nicht gern angenommen, was die Stoffwechsellage zusätzlich verschlechtern kann. Junge Menschen mit Diabetes müssen außerdem lernen, wie ihr Körper auf Streit und Konflikte reagiert.
Später kommen dann berufliche Abwägungen hinzu. Mitunter sehen sich Menschen mit Typ-1-Diabetes unter Druck, einen Kompromiss aus guter Stoffwechsel-Einstellung und Leistungsfähigkeit am Arbeitsplatz finden zu müssen. Vor bestimmten beruflichen Terminen werden hohe Blutzuckerwerte dann bewusst in Kauf genommen, um vor anderen nicht essen oder messen zu müssen, hat Grimshaw beobachtet. “Solche Fragen stellen sich für Menschen ohne Diabetes nicht.”
Auch bei Typ-2-Diabetes ist eine Depression häufiger Begleiter
Auch die Diagnose Typ-2-Diabetes kann Depressionen auslösen oder verstärken. Bei dieser Erkrankung sind meist Umstellungen des Lebensstils erforderlich, die von manchen Betroffenen als Einschränkung empfunden werden. Einige entwickeln Schuldgefühle, dass sie durch zu wenig Bewegung oder auch durch ungesunde Ernährung zum Auftreten der Erkrankung beigetragen haben. In der Therapie kann es zu Frust-Erlebnissen kommen, wenn zum Beispiel das Abnehmen nicht gelingt oder die Werte trotz erhöhter Disziplin nicht besser werden. Außerdem spielt Angst eine Rolle beim Auftreten von Depressionen – einige fürchten sich vor Folgeerkrankungen, andere vor den Nebenwirkungen von Medikamenten oder vor einer Insulintherapie.
Nicht zuletzt kann das soziale Umfeld von Menschen mit Diabetes das Stress-Empfinden der Betroffenen unabsichtlich verstärken. Um Vorwürfe oder Belehrungen zu vermeiden, verheimlichen viele Menschen mit Typ-2-Diabetes ihre Erkrankung im Freundes- oder Kollegenkreis. “Das ist sehr schwierig und kann zum Stress beitragen”, erläutert Grimshaw. In der Familie und im unmittelbaren Umfeld eines Menschen mit Diabetes gilt es, ein gesundes Maß an Unterstützung zu finden. Übertriebene Fürsorge kann ähnlich belastend sein wie das komplette Ignorieren der Erkrankung.
Praxen fällt bedeutende Aufgabe zu
Damit psychische Probleme infolge einer Diabetes-Erkrankung erkannt und behandelt werden können, kommt es auch auf die Hausärzte und Schwerpunktpraxen an. Menschen mit Diabetes sollten einmal pro Jahr einen standardisierten Fragebogen von ihrer Arztpraxis erhalten, um auf eine mögliche Depression gescreent zu werden. Da einige Symptome auch durch hohe Blutzuckerwerte ausgelöst werden können, ist es manchmal nicht einfach, eine psychische Ursache zu erkennen. Bei einer Überzuckerung (Hyperglykämie) fühlen sich Betroffene häufig ebenfalls müde, unmotiviert und ausgebrannt, erläutert Grimshaw. Was die Hauptursache der Beschwerden ist, lässt sich mitunter erst im Gespräch klären.
Wichtig sei es in jedem Fall, dass sich in der Praxis Zeit für die Patienten genommen wird. Nicht selten kommen Betroffene mit mehr Fragen vom Arzttermin zurück, als sie mit dorthin genommen haben, sagt der Fachpsychologe. Wenn sich die Diabetologin oder der Diabetologe hingegen Zeit genommen und auch zugehört habe, erhöhe das in der Regel die Motivation des Patienten zum Mitmachen. Grimshaw empfiehlt überdies, mit den Betroffenen Therapie-Optionen zu besprechen und sie über die Art der Behandlung mitentscheiden zu lassen. Wenn trotz ausführlicher Beratung und Behandlung keine Besserung eintritt, sollte das Überweisen in eine Klinik erwogen werden, so sein Appell.
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2023; 72 (2) Seite 10-11
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 1 Woche, 1 Tag
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina -
gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 4 Tagen
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus-
darktear antwortete vor 2 Wochen
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
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moira antwortete vor 1 Woche, 3 Tagen
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
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hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 5 Tagen
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
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lena-schmidt antwortete vor 2 Wochen
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
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connyhumboldt antwortete vor 1 Woche, 1 Tag
Besorge Dir Pflaster die über Tattoos geklebt werden, wenn die neu gestochen sind! Oder Sprühpflaster das Stomapatienten benutzen!
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Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig