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Das Leben mit einem Kind mit Diabetes ist anstrengend – auch wenn die Werte eigentlich gut sind. Eine Mutter-Kind-Kur kann helfen, wieder neue Kräfte zu sammeln. Worauf es ankommt, erklärt Prof. Ralf Schiel.
Das Medigreif Inselklinikum Heringsdorf auf Usedom ist eine Rehabilitationsklinik für Kinder und Jugendliche. Es bietet seit 1998 strukturierte Behandlungs- und Schulungsprogramme, Überprüfungen und Modifikationen von Stoffwechseleinstellungen und Optionen zur Therapieoptimierung für Kinder und Jugendliche mit Diabetes und ihre Angehörigen an, und zwar im Rahmen von zumeist vierwöchigen Rehabilitationsaufenthalten.
Im Akutkrankenhaus oder der Schwerpunktpraxis werden dazu Anträge zur Anschlussheilbehandlung oder sogenannte Rehabilitationsanträge ausgefüllt, an den entsprechenden Kostenträger (meist die Deutsche Rentenversicherung) verschickt und nach deren Einverständnis die Kinder und Jugendlichen zusammen mit ihren Eltern der Rehabilitationsklinik zugewiesen.
Im Rahmen der spezifischen Diabetes-Rehabilitation steht bei Kindern und Erwachsenen immer die Diabetestherapie im Vordergrund, in der Regel auf der Grundlage eines strukturierten Behandlungs- und Schulungsprogramms.
Bei einigen Kindern und Jugendlichen mit Diabetes und in ihrer Familie (bei den Müttern/Vätern oder nahen Bezugspersonen) gibt es aber auch keine direkten Probleme mit dem Diabetes: Die Stoffwechseleinstellung ist gut, das Therapieziel erreicht, Kind und Bezugspersonen werden den Anforderungen gerecht, das Diabetesselbstmanagement ist im Tagesalltag integriert und Unterzuckerungen oder andere Komplikationen treten ebenfalls nicht oder nur selten auf.
Trotzdem fühlen sich auch bei dieser optimalen Stoffwechselführung des Kindes gelegentlich Mütter, Väter oder andere nahe Bezugspersonen überfordert. Weiterhin kann der Wunsch auftreten, eine Auszeit vom Diabetes des Kindes zu nehmen. Für Mütter, Väter oder andere Bezugspersonen solcher Kinder und Jugendlichen gibt es deshalb Mutter-Kind-Vorsorge- oder Mutter-Kind-Rehabilitationsmaßnahmen, die ebenfalls in spezialisierten Kliniken angeboten werden.
Übrigens: Der Begriff Mutter-Kind- ist im deutschen Sprachgebrauch etabliert, sollte aber nicht irreführen – auch Väter können ein solches Angebot nutzen. Während einer Mutter-Kind-Maßnahme, die auf § 24 SGB V basiert, stehen Wohlbefinden, Erholung und Entspannung im Vordergrund, aber auch die Aktivierung der Ressourcen der Mutter, des Vaters oder der Bezugsperson.
Auch für Mutter-Kind-Maßnahmen werden spezifische Anträge gestellt, die in der Regel der betroffene Erwachsene zusammen mit dem Hausarzt oder einem Krankenhausarzt ausfüllt und bei der Krankenkasse einreicht. Ist die Kur genehmigt, können Mutter und Kind in eine spezifische Mutter-Kind-Klinik aufgenommen werden. Auch solche Maßnahmen bietet die Medigreif Inselklinik Heringsdorf an der Ostsee an.
Ein Muster des Behandlungsplans ist in der Tabelle in Abb. 1 dargestellt.
Die Mutter-/Vater-Kind-Maßnahme hat in der Regel das Ziel, die Entstehung oder das Fortschreiten eines psychovegetativen Erschöpfungssyndroms abzuwenden. Außerdem soll verhindert werden, dass sich die Symptome verschlimmern und Beschwerden sollen gelindert werden.
Nächste Seite: Therapie-Angebote in einer Maßnahme, das passiert in einer Klinik sowie Vor- und Nachteile der verschiedenen Maßnahmen.
Wesentlicher Aspekt der Behandlung von psychovegetativen Erschöpfungszuständen ist die berufliche und familiäre Entlastung der Patienten durch eine stationäre Versorgung sowie pädagogische Kinderbetreuungszeiten, in denen die Eltern sportlichen, kreativtherapeutischen und anderen entlastenden Tätigkeiten nachgehen können.
Wichtig bei Mutter-Kind-Maßnahmen in Familien mit einem an Diabetes erkrankten Kind ist, dass auch das Kind/der Jugendliche während des stationären Aufenthalts optimal betreut wird. Deshalb ist es wichtig, dass auch die Mutter-Kind-Maßnahme in einer spezialisierten Klinik stattfindet, die über die medizinischen und pädagogischen Kapazitäten für die Diabetesbehandlung verfügt und Erfahrung mit derartigen Patienten hat.
Gleich nach der Aufnahme erarbeitet der aufnehmende Arzt zusammen mit der Mutter/dem Vater das spezifische Therapieprogramm. Währenddesssen wird das Kind/der Jugendliche in die Gruppe der Kinder und Jugendlichen mit Diabetes integriert.
Die regelmäßige Blutzuckerkontrolle, die Insulininjektionen, die Abschätzung des Essens nach Kohlenhydrateinheiten sowie die Prävention oder die sofortige Behandlung eventueller Komplikationen werden abgesprochen und lückenlos gewährleistet. Während der Kur sind Mutter/Vater oder andere Bezugspersonen also vollständig entlastet und können die Diabetestherapie ihres Kindes getrost kundigen Händen übergeben.
Allerdings ist es nicht vorgesehen, dass Kinder mit Diabetes in dieser Zeit an einem strukturierten Behandlungs- und Schulungsprogramm teilnehmen oder die Therapie verändert wird: Derartige Umstellungen erfordern viel Zeit, Investitionen und die regelmäßige Absprache und Einbeziehung des Elternteils in die therapeutischen Schritte. Das würde Mutter oder Vater in einer Mutter-Kind-Maßnahme, in der sie ja entspannen und vom Diabetes ausspannen wollen, überfordern.
Spezialisierte Kliniken wie das Inselklinium Heringsdorf, bei deren Indikationsspektrum der Diabetes im Vordergrund steht, bieten eine Reihe Maßnahmen der Vorsorge und Rehabilitation an. Dazu zählen die diabetesspezifischen Rehabilitationsmaßnahmen für Kinder und Jugendliche mit Diabetes und Angehörige, aber auch Mutter-Kind-Vorsorge- und Mutter-Kind-Rehabilitationsmaßnahmen, bei denen nicht das Kind, sondern die Mutter, der Vater oder die Bezugspersonen im Vordergrund stehen.
Im Rahmen diabetesspezifischer Rehabilitationsmaßnahmen ist das Ziel der Behandlung, die Diabeteseinstellung des Kindes zu verbessern, indem es zusammen mit der Bezugsperson an einem strukturierten Behandlungs- und Schulungsprogramm teilnimmt. Dadurch wird zwar die Diabetestherapie optimiert, aber sie ist auch für beide – für Kind/Jugendlichen und Bezugsperson – anstrengend und mit erheblichen Anforderungen verbunden.
Steht nicht die Optimierung der Diabetestherapie des Kindes oder die strukturierte Behandlung und Schulung im Vordergrund, möchten Mutter/Vater oder Bezugspersonen stattdessen vom Diabetes ihres Kindes ausspannen und die Therapie des Diabetes während des stationären Aufenthaltes in kundige Hände legen, so ist für sie eine Mutter-Kind-Vorsorge- oder Mutter-Kind-Rehabilitationsmaßnahme geeignet.
Hier werden Müttern und Vätern Auszeiten geboten, ergänzt durch eine spezielle Therapie mit Thalassotherapie, Ergotherapie, Krankengymnastik, Sporttherapie, psychotherapeutische Gespräche, Selbsterfahrung, Entspannungstherapie, Kreativ- und Kunsttherapie. So sollen sie sich erholen, entspannen und ihre eigenen Kräfte wieder aktivieren.
Über die verschiedenen Möglichkeiten sowie Vor- und Nachteile der verschiedenen Maßnahmen beraten Sie gerne die Informations- und Beratungszentren der entsprechenden Kliniken oder die verordnenden Ärzte und Sozialtherapeuten.
Eine Rehabilitationsmaßnahme für das Kind oder eine Mutter-Kind-Kur – beides ist möglich, doch es gibt grundlegende Unterschiede: Bei der Kinder-Reha steht das Kind und seine Diabetestherapie im Vordergrund; bei einer Mutter-Kind-Kur geht es darum, dass der Erwachsene neue Kräfte sammelt, das Kind wird währenddessen nur betreut.
von Prof. Dr. med. habil. Ralf Schiel
Leitender Chefarzt und Klinikdirektor, MEDIGREIF Inselklinik Heringsdorf
Kontakt:
E-Mail: r.schiel@medigreif-inselklinikum.de
Erschienen in: Diabetes-Eltern-Journal, 2013; 6 (3) Seite 12-14
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