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Blutzuckermessgeräte-Hersteller, die ihnen nicht genehme Forschungsergebnisse eines unabhängigen Instituts mit juristischen Mitteln unterdrücken und somit sogar Schaden für die Patienten in Kauf nehmen? Geht gar nicht, sagt Dr. Katrin Kraatz in der Blickwinkel-Kolumne.
Was passiert, wenn ein zu einer Universität gehörendes Forschungsinstitut die Messgenauigkeit eines Blutzuckermessgeräts aus einem Supermarkt testet, dabei feststellt, dass es ziemlich ungenau misst, und die Ergebnisse seiner Untersuchung den Teilnehmern des Diabetes Kongresses Anfang Mai auf einem Poster zur Kenntnis bringen möchte?
Es wird unter Androhung einer Strafe von 250.000 Euro vom Hersteller des Blutzuckermessgeräts gezwungen, den Namen des Messgeräts nicht zu nennen! Die Folge: Die Autoren der Studie schneiden aus dem Poster alle Flächen heraus, auf denen der Name des Geräts steht oder ein Foto zu sehen ist.
Glauben Sie, dass das Ganze erfunden ist? Leider nicht – wie Sie an linksstehendem Foto sehen können, von mir aufgenommen, also wirklich gesehen!
Als ich das Poster mit den ausgeschnittenen Flächen in der Posterausstellung entdeckte, war ich schon erschrocken: Was steckte wohl dahinter? Als ich dann die Hintergründe erfuhr, wurde ich wütend! Es kann doch nicht sein, dass ein Forschungsinstitut Untersuchungen durchführt, um Patienten zu schützen – in diesem Fall vor zu stark abweichenden Blutzuckermessergebnissen, die zu erheblich falschen Therapieentscheidungen führen können –, und dann unter Androhung hoher Strafzahlungen gezwungen wird, nicht die Wahrheit zu sagen.
Wäre es nicht logischer, dass das herstellende Unternehmen dem Forschungsinstitut dankbar ist, aufmerksam gemacht zu werden, dass etwas mit seinem Gerät nicht stimmt – und die Käufer und damit Anwender des Messgeräts vor dem Problem zu warnen? Von großen Herstellern kenne ich das: Gibt es gesundheitsgefährdende Probleme mit einem Gerät, schickt der Hersteller an die registrierten Anwender einen Warnbrief. So können die Patienten vor therapeutischen Fehlentscheidungen geschützt werden.
Erschreckend ist, dass negative Messergebnisse einer von einem unabhängigen Forschungsinstitut durchgeführten Studie nicht zum ersten Mal zu einem juristischen Vorgehen des entsprechenden Herstellers geführt haben. Was steht uns da bevor? Ist es das Ende unabhängiger Forschung, wenn mancher Hersteller negative Messergebnisse mit allen Mitteln, auch juristischen, verhindern will?
Ist die Sicherheit der Patienten diesen Unternehmen nicht wichtig? Und welchen Wert hat das CE-Kennzeichen noch, das diese Geräte tragen und für dessen Erhalt die Hersteller nachgewiesen haben müssen, dass die Messergebnisse den rechtlichen Vorgaben folgen? Aus meinem Blickwinkel muss hier dringend etwas geschehen, auch auf Seiten der regulatorischen Behörden – zur Sicherheit der Patienten!
Auch die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) hat sich kritisch zu diesem Vorfall in einer Pressemitteilung geäußert.
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2016; 65 (6) Seite 39
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