Daten einfach aus der Schublade ziehen

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Daten einfach aus der Schublade ziehen

Ein Impfregister wird diskutiert, um in der Corona-Pandemie die angedachte Impfpflicht zu kontrollieren und einen besseren Überblick über die so wichtige Impfquote zu erlangen. Für den Diabetesbereich ist die Sache nicht neu: Hier sammelt seit 2015 die Diabetes-Surveillance Informationen zur Erkrankung aus verschiedenen Quellen.

Die Corona-Pandemie hat Schlaglichter auf einige Mankos des deutschen Gesundheitssystems gelenkt. In der Diskussion um eine Impfpflicht gegen COVID-19 wurde zum Beispiel ein Impfregister schmerzlich vermisst. Mit einer solchen Datenbank könnte man nicht nur eine Impfpflicht überwachen, sondern auch hilfreiche epidemiologische Kennzahlen valide erheben. Das würde sie nach Worten des Bundesbeauftragten für Datenschutz, Ulrich Kelber, auch von der Seite des Datenschutzes her prinzipiell möglich machen.

„Die besondere Herausforderung ist es, die Zwecke und Ziele zu bestimmen und nachzuweisen, dass ein solches Impfregister erforderlich und verhältnismäßig ist“, erklärt er. Leider braucht der Aufbau eines solchen Impfregisters Zeit – wahrscheinlich zu viel Zeit, um für die akute Aufgabe im Zusammenhang mit Corona von Nutzen zu sein.

Ausbau der Surveillance Teil der nationalen Diabetes-Strategie

Die Diskussion erinnert an eine langjährige Forderung der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG): Es braucht ein Diabetes-Register für Deutschland! Dieses Register ist ein Element der ebenso oft vorgetragenen Forderung nach einer nationalen Diabetes-Strategie, die sich nicht zuletzt dank beharrlicher Lobbyarbeit der Diabetes-Organisationen dann tatsächlich im Koalitionsvertrag der schwarz-roten Vorgänger-Regierung fand. Als diese nationale Diabetes-Strategie dann zumindest in einer „Light-Version“ im Juli 2020 von der letzten Regierung Merkel beschlossen wurde, tauchte darin statt des Diabetes-Registers eine bereits bestehende Datensammlung auf: die Dia­betes-­Surveil­lance am Robert Koch-Institut (RKI). Sie soll weiterentwickelt werden, so die Forderung.

Das durch das Bundesministerium für Gesundheit geförderte Forschungsprojekt zum Aufbau eines Diabetes-Surveillance-Systems begann 2015 und erstreckte sich über einen Zeitraum von sechs Jahren. Ziel war es, eine regelmäßige Diabetes-Berichterstattung zur zeitnahen und handlungsorientierten Information der Gesundheitspolitik, Gesundheitsforschung, Krankenversorgung und Public-Health-Praxis aufzubauen. In der ersten Projektphase von Dezember 2015 bis Dezember 2019 wurden ein wissenschaftliches Rahmenkonzept mit zentralen Kennzahlen (Indikatoren) definiert, Datenquellen zur Abbildung dieser Indikatoren erschlossen und Formate für eine Berichterstattung entwickelt.

Im Video erklärt: Diabetes-­Surveillance – was ist das überhaupt?
Ein ungewöhnliches Fremdwort steht im Namen eines für die Diabetes-Versorgung wichtigen Projekts. Surveillance bedeutet so viel wie Überwachung, im Public-Health-Kontext ist damit eine systematische und kontinuierliche Erhebung, Zusammenführung und Analyse von gesundheitsbezogenen Daten gemeint. Wie die Diabetes-­Surveillance mit ihrer Arbeit einen Beitrag zum Schutz der Bevölkerung vor Diabetes und für eine gute Versorgung der Menschen mit Diabetes leistet, erläutert das Robert Koch-Institut mit einem Erklärfilm, der auf der Internetseite des RKI zu sehen ist.

In der zweiten Projektphase bis Dezember 2021 sollten die in der ersten Projektphase eingebundenen Datengrundlagen periodisch wiederkehrend genutzt und vervollständigt werden, um Zeitreihen auf- und auszubauen.Basis der Dia­betes-Sur­veil­lance sind Verknüpfungen der Daten des RKI-Gesundheitsmonitorings, also von Studien wie dem Bundes-Gesundheitssurvey 1998 (BGS98), der Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS), Gesundheit in Deutschland aktuell (GEDA) und der Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KiGGS), mit anderen relevanten Daten auf Bundes- und regionaler Ebene.

Beispielsweise wurden Daten der bundesweiten Diabetes-Patienten-Verlaufsdokumentation (DPV), des DIVE-Registers und Daten regionaler Diabetes-Register aus Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Sachsen einbezogen. Auf Basis dieser Daten werden 40 Indikatoren bzw. Indikatorgruppen mit Blick auf Risikofaktoren, Häufigkeit, Versorgung und Folgen des Diabetes abgebildet. Die Ergebnisse der Diabetes-Surveillance werden über die zum Weltdiabetestag 2019 online gestellte Website diabsurv.rki.de, in Fachartikeln und weiteren Formaten zum Beispiel aus dem Bereich Social Media bereitgestellt. 2019 erschien als Meilenstein zum Abschluss der ersten Projektphase ein Bericht der nationalen Diabetes-Surveillance.

Fortführung und Erweiterung der Diabetes-Surveillance

Derzeit wird eine weitere Projektphase mit Laufzeit von Januar 2022 bis Juni 2023 zur Fortführung der Diabetes-Surveillance mit Erweiterung um konkrete Schritte hin zu einer Surveillance nicht übertragbarer Krankheiten (NCD-Surveillance) vom Bundesministerium für Gesundheit gefördert. Der Ausbau zu einer NCD-Surveillance ist geplant – eine finanzielle Förderung zur Verknüpfung, Erweiterung und Verstetigung der Projekte für eine umfassende und kontinuierliche NCD-Surveillance ist aber noch nicht gesichert.

Wie wichtig Daten sind, zeigt gerade auch die Pandemie wieder: Zum vieldiskutierten Zusammenhang zwischen einer Corona-Infektion und der Erkrankung an Diabetes insbesondere vom Typ 1 braucht es verlässliche Langzeitstudien. Das DPV-Register biete dafür eine solide und umfangreiche Basis, betonte die DDG in einer Pressemeldung Ende Januar. Und ein nationales Diabetes-Register sowie die elektronische Diabetesakte (eDA) würden künftige Auswertungen deutlich verbessern und erleichtern, wirbt die Fachgesellschaft.


Autor:

Marcus Sefrin
Redaktion Diabetes-Journal
Schmiedestraße 54
21335 Lüneburg

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2022; 71 (3) Seite 44-45

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    Für tips und Erfahrungsberichte wäre ich sehr dankbar ☺️
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    Nele

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