Deutschland hinkt im internationalen Vergleich hinterher

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Deutschland hinkt im internationalen Vergleich hinterher

CDU/CSU und SPD haben im Koalitionsvertrag 2018 eine Nationale Diabetes-Strategie beschlossen, um gezielt gegen die Volkskrankheit vorzugehen. Ende 2019 ist Halbzeit der Legislatur. Doch bisher gibt es keine Fortschritte in der politischen Umsetzung, kritisieren die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) und Patientenvertreter.

Im internationalen Vergleich hinkt Deutschland hinterher: In 80 Prozent von 46 untersuchten Ländern der OECD und der EU hat die Diabetes-Berichterstattung einen hohen Stellenwert. Mehr als drei Viertel dieser Länder haben bereits eine nationale Diabetes-Strategie oder Aktionsplan zu Diabetes mellitus [1]. Eine aktuelle Umfrage unter Menschen mit Typ-2-Diabetes hierzulande zeigt: 86 Prozent der Befragten fühlen sich nicht angemessen in der Politik vertreten.

Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG), diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe und der Verband der Diabetes-Beratungs- und Schulungsberufe in Deutschland e.V. (VDBD) sehen daher dringenden Handlungsbedarf.

Positionspapier im Frühjahr – Ball liegt nun im Feld der Politik

In den kommenden zwanzig Jahren wird die Zahl der Diabeteserkrankten nach Expertenschätzungen auf bis zu zwölf Millionen ansteigen. Die DDG, diabetesDE und der VDBD hatten im Frühjahr dieses Jahres ein Positionspapier vorgelegt, um Politikern auf Bundes- und Landesebene Orientierung bei der Umsetzung der Nationalen Diabetes-Strategie zu bieten.

„Wir haben die Kernpunkte eines nationalen Rahmenplans definiert. Diese müssen jetzt dringend durch die Politik umgesetzt werden, damit den zunehmenden Erkrankungszahlen wirksam entgegengesteuert werden kann“, sagt Professor Dr. med. Monika Kellerer, Präsidentin der DDG.

Nur wenige Bundesländer haben bislang erste Strukturen geschaffen

Darüber hinaus haben in den vergangenen Monaten regionale Koordinierungsgruppen von Diabetesbehandelnden und -patientenvertretenden aller Selbsthilfeorganisationen (Diabetiker Allianz) mit den zuständigen Länderministerien in allen 16 Bundesländern Kontakt aufgenommen und bereits in drei Bundesländern (Thüringen, Schleswig-Holstein, Hamburg) erste Gespräche geführt.

„Bislang gibt es nur in den Bundesländern Hamburg, Bayern, Baden-Württemberg, Brandenburg und Schleswig-Holstein regionale Diabetesberichte als Datenbasis für regionale Maßnahmen, in vier Ländern existieren Diabetesbeiräte und -konferenzen“, erklärt Dr. med. Jens Kröger, Vorstandsvorsitzender von diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe.

So hatte im November 2018 die von Senatorin Cornelia Prüfer-Storcks geleitete Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz (BGV) der Freien und Hansestadt Hamburg den Gesundheitsbericht „Risikofaktoren und Prävention von Diabetes in Hamburg“ vorgelegt. Gesprächstermine in weiteren Bundesländern stehen noch an. „Manche Länder jedoch wollen zunächst Signale auf Bundesebene abwarten, andere wiederum haben uns noch gar nicht geantwortet“, bedauert Kröger.

86 Prozent der Typ-2-Diabetiker fühlen sich nicht angemessen vertreten

Dass die Umsetzung der Nationalen Diabetes-Strategie drängt, zeige auch eine aktuelle Umfrage von diabetesDE unter mehr als 1.500 Menschen mit Typ-2-Diabetes, wie Dr. Kröger erklärt: „86 Prozent der Befragten fühlen sich nicht angemessen in der Politik vertreten und 89 Prozent halten die Öffentlichkeit für nicht gut informiert zum Thema Diabetes.“

Zudem berichteten 44 Prozent, dass sie keine Schulung nach ihrer Erstdiagnose erhalten haben. „Letzteres zeigt, dass zur Umsetzung der Nationalen Diabetes-Strategie auch die Aufwertung von Gesundheitsfachberufen wie der Diabetesberaterin gehört“, betont Dr. Gottlobe Fabisch, Geschäftsführerin des VDBD.

Die rund 4.700 Diabetesberaterinnen, die in den letzten drei Dekaden die Weiterbildung erfolgreich abgeschlossen hätten, würden schon heute in manchen Regionen Deutschlands nicht den Bedarf an qualifizierten Diabetesfachkräften decken können.

Expertenforderung: Diabetesberatung muss aufgewertet werden

„Diabetesberaterinnen sind eine tragende Säule in der Versorgung von Menschen mit Diabetes mellitus, zu ihren vielfältigen Aufgaben gehören neben der Schulung unter anderem auch die Umsetzung der ärztlich angeordneten Therapie, patientenzentrierte Beratung nach aktuellen wissenschaftlichen Standards sowie Empowerment des Patienten für ein erfolgreiches Selbstmanagement,“ erklärt Dr. rer. medic. Nicola Haller.

Die Vorsitzende des VDBD fordert zudem die Überführung der Weiterbildung zur Diabetesberaterin DDG in einen dreijährigen dualen Ausbildungsberuf auf Basis eines auf Bundesebene geregelten Berufsgesetzes. Dem stimmt DDG Präsidentin Monika Kellerer zu: „Diabetesbehandlung findet immer im Team statt: Ohne qualifizierten ärztlichen und fachberuflichen Nachwuchs wird eine kompetente und integrative diabetologische Versorgung in Krankenhäusern sowie im ambulanten Bereich künftig kaum mehr möglich sein.“

Literatur

Quelle: Pressemitteilung von Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG), diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe und Verband der Diabetes-Beratungs- und Schulungsberufe in Deutschland e.V. (VDBD)

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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 6 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

    Uploaded Image
    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 3 Wochen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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