Diabetes und Auge – was zahlen die Krankenkassen?

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Diabetes und Auge – was zahlen die Krankenkassen?

Regelmäßige Untersuchungen beim Augenarzt sind für Menschen mit Diabetes empfehlenswert. Aber Untersuchungen, die zusätzlich als individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) angeboten werden, sind meist nicht erforderlich.

Regelmäßige Untersuchungen durch einen Augenarzt sind für Menschen mit Diabetes unbedingt empfehlenswert, denn so können früh Veränderungen an der Netzhaut gut behandelt und ein Fortschreiten kann verhindert werden. Allerdings berichten Patienten immer öfter, dass man in der Praxis des Augenarztes schon bei der Anmeldung aufgefordert wird, Untersuchungen wahrzunehmen, die selbst bezahlt werden müssen – mitunter zu Kosten von weit über 100 Euro. Nicht selten fühlen sich Patienten unter Druck gesetzt, solche zusätzlichen Untersuchungen zu bezahlen. Patienten wissen aber in der Regel nicht, ob diese teuren Untersuchungen für sie sinnvoll sind oder wirklich nicht von der Krankenkasse übernommen werden. Sollen sie also vertrauen? Ärzte bzw. Inhaber von Praxen haben hier ein finanzielles Interesse und die Patienten können sich nicht immer darauf verlassen, dass das Patientenwohl an erster Stelle steht. Wird den Patienten nicht klar und deutlich gesagt, dass diese Leistungen völlig freiwillig sind, kann das Vertrauensverhältnis nachhaltig gestört werden. Wer sich gegen die Angebote nicht wehren kann, fühlt sich genötigt und “abgezockt”. Als Konsequenz vermeiden manche die Arztbesuche und die notwendigen Untersuchungen. Finanzielle Interessen, die Patienten unter Druck setzen, können so zu gesundheitlichen Risiken und medizinischen Problemen werden. Hier erfahren Sie deshalb, was Menschen mit Diabetes dazu wissen sollten.

Leistung der Krankenkassen: Untersuchung auf Retinopathie

Die augenärztliche Untersuchung auf eine diabetische Retinopathie (krankhafte Veränderungen der Netzhaut) und/oder Makulopathie (krankhafte Veränderungen an der Stelle des schärfsten Sehens) umfasst immer

  1. das Bestimmen der Sehschärfe,
  2. das Untersuchen des vorderen Augenabschnitts (Bindehaut, Hornhaut, Regenbogenhaut, Linse),
  3. das Untersuchen der Netzhaut (Retina) bei weitgetropfter Pupille.

Diese Untersuchungen zahlt jede Krankenkasse. Wenn alles in Ordnung ist, sind keine weiteren Untersuchungen nötig. Sieht der Arzt etwas, das weitere Untersuchungen nötig macht, zahlen die Krankenkassen ebenfalls.

Individuelle Gesundheitsleistungen

Ob mit oder ohne Diabetes – viele Vorsorge-Untersuchungen sind Leistung der Krankenkassen (z. B. auf Hautkrebs oder Brustkrebs bei Frauen). Die Krankenkassen übernehmen dabei grundsätzlich die notwendigen Maßnahmen; man hat nur keinen Anspruch auf den Einsatz neuester Technologien oder maximalen Komfort.

In diese Lücke stoßen individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL). IGeL werden nicht von den Krankenkassen übernommen, da der Nutzen dieser Leistungen nicht bewiesen ist. Sie sind möglicherweise für einzelne Menschen hilfreich, meist sind sie überflüssig, in keinem Fall medizinisch notwendig. Sie sind immer freiwillig und nie dringend.

Glaukom-Früherkennung für jeden ist überflüssig und eine IGeL

In Augenarzt-Praxen wird Patienten oft eine allgemeine Früherkennung auf ein Glaukom (grüner Star) als IGeL angeboten, zum Preis von 20 bis 50 Euro. Es handelt sich also um eine freiwillige Leistung, die niemand annehmen muss. Dennoch glauben viele Patienten, dass diese Untersuchung unbedingt notwendig sei, und bezahlen notgedrungen. Fakt ist: Besteht ein Verdacht oder ein Risiko, ist es eine notwendige Untersuchung und dann zahlen die Krankenkassen. Patienten fürchten auch, dass Ärzte die von den Krankenkassen bezahlten Untersuchungen nur dann gründlich machen, wenn man diese IGeL bezahlt. In manchen Praxen wird von den Patienten verlangt, bei Ablehnung der IGeL eine Verzichtserklärung zu unterschreiben. Fakt ist: Patienten müssen nichts unterschreiben, da die IGeL sowieso freiwillig ist. Das Vorgehen hat natürlich den Sinn, die “unwilligen” Patienten stärker unter Druck zu setzen. Dass die Verzichtserklärung Unsinn ist, weiß der Inhaber der Praxis genau.

Die Glaukom-Früherkennung besteht aus der Untersuchung des Auges mit dem Spaltlampen-Mikroskop, der Untersuchung des Sehnervs sowie der Messung des Augeninnendrucks. Allerdings ist der medizinische Nutzen einer Untersuchung ohne Anlass, wenn also kein medizinischer Grund vorliegt, wissenschaftlich nicht belegt. Dies gilt auch für das alleinige Messen des Augeninnendrucks zum frühen Erkennen des Glaukoms. Hat ein Arzt bei einem Patienten den Verdacht auf ein Glaukom oder liegen Risiken vor, dann ist die Untersuchung eine Leistung der Krankenkassen und ist auch sinnvoll – beispielsweise bei einer längeren Behandlung mit Kortison oder bei bestehender Retinopathie.

Bei Menschen mit Diabetes dürfte die Glaukom-Früherkennung als IGeL ohnehin überflüssig sein, denn wenn sich bei den vorgeschriebenen Untersuchungen auf diabetische Retinopathie der Verdacht auf ein Glaukom ergibt, ist die Untersuchung natürlich Leistung der Krankenkassen.

Welche weiteren Untersuchungen sind Leistung der Krankenkassen?

Die optische Kohärenz-Tomographie (OCT), bis vor Kurzem nur IGeL, wird inzwischen zur Differenzialdiagnose einer diabetischen Makulopathie von den Krankenkassen bezahlt, auch die Behandlungs-Kontrolle mit OCT wird übernommen. Bei dieser Untersuchung werden mit einem schwachen Laserlicht mehrere Schnittbilder des Augenhintergrunds in hoher Auflösung erzeugt. Ärzte bekommen mit dieser schmerzfreien Untersuchung einen genauen Einblick in die feinsten Strukturen und Veränderungen der Schichten der Netzhaut.

Bei einer fortgeschrittenen diabetischen Retinopathie wird die Messung des Augeninnendrucks und – besonders vor einer Laserbehandlung – auch die Fluoreszenz-Angiographie von den Krankenkassen bezahlt: Bei dieser Untersuchung wird ein gelber Farbstoff (Fluoreszein) in eine Armvene injiziert und anschließend wird mit einer speziellen Kamera untersucht, wie sich der Farbstoff im Auge verteilt.

Was sind keine Leistungen der Krankenkassen?

Allgemeine Vorsorge-Untersuchungen wie ein “Netzhaut-Check” oder ein “Augen-TÜV” werden angeboten, sind besonders für Menschen mit Diabetes aber nicht notwendig. Auch die Fundus-Fotografie – also die fotografische Dokumentation des Augenhintergrunds mit Hilfe einer speziellen Kamera – ist ohne konkreten medizinischen Grund keine Leistung der Krankenkassen. Hier wünschen sich allerdings die Augenärzte aus gutem Grund die Bezahlung durch die Krankenkassen. Anhand der Bild-Dokumentation sehen die Patienten ihr überaus feines und verletzliches Gefäßgeflecht – sie sehen den Befund, ob er gut ist oder nicht. Für Betroffene, die sich manchmal seit Jahrzehnten große Mühe mit ihrer Diabetestherapie geben, ist dies eine zusätzliche Bestätigung, gut auf die eigenen Augen aufzupassen.

Wie können sich Patienten wehren, wenn ihnen IGel aufgedrängt werden?

Bei der Anmeldung in der Praxis sollte grundsätzlich nicht über zusätzliche Untersuchungen diskutiert werden. Ein klares “Nein, danke” reicht manchmal schon. Viele Patienten brauchen für diese Situation ein paar Sätze, die sie sich vorher zurechtgelegt haben.

Man nimmt z. B. das Angebot zur Kenntnis und sagt: “Muss ich überlegen, erstmal zum Arzt” oder “Das möchte ich mit dem Arzt besprechen und nicht mit Ihnen”. Oder etwas bestimmter: “Danke, ich bin heute für die Diabetes-Untersuchung da.” Im Wartezimmer kann man sich die Sätze für den Arzt zurechtlegen: “Diese Untersuchungen sind ja nicht eilig, oder etwa doch?” Wenn sie es doch sind, wären sie keine IGel mehr. Wenn versucht wird, die Krankenkassen schlechtzumachen und man anfängt, sich zu ärgern, hilft vielleicht: “Meine Krankenkasse zahlt genau das, was ich heute brauche, da bin ich aber ganz sicher!” Schulungskräfte können hier den Patienten sehr effektiv den Rücken stärken.

Weitere Informationen
Einige Beispiele zu den Augen-Untersuchungen bei Diabetes und zu individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL) gibt es im Internet:

Kontakt:
© Oliver Ebert
Oliver Ebert

REK Rechtsanwälte
Nägelestraße 6A
70597 Stuttgart

Kontakt:
© Privat
Eva Küstner

Diplom-Psychologin, Fachpsychologin Diabetes (DDG
Gau-Bischofsheim
70597 Stuttgart

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2023; 72 (2) Seite 46-48

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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 3 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

    Uploaded Image
    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 4 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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