Digitale Perspektiven für die Versorgung

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© Frank Schuppelius
Digitale Perspektiven für die Versorgung

Quasi offiziell ist Diabetes jetzt zur Daten-Krankheit ernannt worden. So jedenfalls kann man eine Begründung lesen, die das Bundesgesundheitsministerium in ihrem im Juni vorgelegten Referentenentwurf zum "Gesetz zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens" nennt. In diesem "Digital-Gesetz" sollen unter anderem digitale Versorgungs-Prozesse in strukturierten Behandlungsprogrammen ermöglicht werden, sprich, es sollen Digital-DMPs entwickelt werden. Als Indikationen dafür wurden Typ-1- und Typ-2-Diabetes ausgewählt. Bei deren Behandlung kämen bereits heute vielfältige Formen digitaler Unterstützung zum Einsatz. Die Therapie sei stark Daten-getrieben und habe in den vergangenen Jahren eine hochdynamische technologische Entwicklung im Bereich der Hilfsmittel und der digitalen Anwendungen für Patienten gesehen, so steht es in der Begründung des Gesetzes. "Es sind umfangreiche Reservoirs mit Patienten-Daten und vielfältige neue Möglichkeiten für die Auswertung der Daten und für die personalisierte Therapiesteuerung entstanden, welche an die technischen Systeme der Leistungserbringer bisher nicht angebunden sind und deren Nutzung für die Behandlung in den strukturierten Behandlungsprogrammen für Diabetes bisher wenig bis keinen Niederschlag gefunden haben", schreiben die Ministerialen im Entwurf des Digital-Gesetzes.

Laut Entwurf soll der für die Entwicklung der Anforderungen an die Disease-Management-Programme zuständige Gemeinsame Bundesausschuss in die entsprechenden Richtlinien innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten des Gesetzes jeweils ergänzend die Ausgestaltung der DMPs mit digitalisierten Versorgungs-Prozessen regeln. Zur Verbesserung des Behandlungs-Ablaufs und der Qualität der medizinischen Versorgung sei insbesondere zu regeln die Nutzung

Die derart um digitalisierte Versorgungs-Prozesse erweiterten DMPs sollen den Versicherten neben den bestehenden Programmen angeboten werden, die Teilnahme für die Versicherten bleibt wie schon bei klassischen DMPs freiwillig.

Der Referenten-Entwurf des Digital-Gesetzes ist nicht allein gekommen. Zeitgleich hat das Bundesgesundheitsministerium auch einen Entwurf für ein Gesundheitsdatennutzungsgesetz vorgelegt, kurz GDNG. Einen direkten Diabetes-Bezug gibt es hier nicht, doch das Fehlen einer guten Datengrundlage zur Bewertung und Planung der Versorgung ist ein auch aus der Diabetologie oft kritisiertes Manko. In der Gesetzes-Begründung des Entwurfs nimmt auch das Ministerium hier kein Blatt vor den Mund: Austausch und Nutzung von Gesundheits-Daten seien zwar Schlüsselfaktoren für eine qualitativ hochwertige Versorgung, "eine Nutzung scheitert aktuell häufig an unterschiedlichen Regelungen zu Zugang und Datenschutz im Europäischen-, Bundes-, Landesrecht sowie an einer uneinheitlichen Rechtsauslegung durch Datenschutzbeauftragte und Aufsichtsbehörden", heißt es im Portal netzpolitik.org.

Im GDNG ist als erster Schritt der Aufbau einer nationalen Datenzugangs- und Koordinierungsstelle beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vorgesehen. Sie soll eine zentrale Funktion in der nationalen Gesundheitsdaten-Infrastruktur übernehmen und Mittler zwischen Daten-haltenden Stellen und Daten-Nutzenden werden sowie koordinierende Aufgaben bei Anträgen auf Daten-Verknüpfung übernehmen. Weiterhin ist im Gesetzentwurf die Ermöglichung einer Verknüpfung von Daten des Forschungs-Datenzentrums Gesundheit und der klinischen Krebsregister geplant. Zur Stärkung des Gesundheits-Datenschutzes sollen personenbezogene Gesundheits-Daten auch durch die Einführung eines Zeugnisverweigerungsrechts für mit Gesundheits-Daten Forschende und eines Beschlagnahmeverbots für Gesundheits-Daten geschützt werden, zudem soll ein "Forschungsgeheimnis" ins Strafrecht eingeführt werden.

Nicht nur Forschende (auch der Pharmaindustrie) sollen Gesundheits-Daten zum Wohle der Bürger nutzen dürfen, auch für die Kranken- und Pflegekassen sieht der Gesetzentwurf Nutzungsmöglichkeiten vor – und die sind umfangreich: Unter der Überschrift "Automatisierte Verarbeitung zu Zwecken des Gesundheitsschutzes" soll den Krankenkassen eine Daten-gestützte Auswertung zum individuellen Gesundheitsschutz der Versicherten, zur Verbesserung der Versorgung und zur Verbesserung der Patienten-Sicherheit erlaubt werden. Sie können dafür ihre Versicherten individuell ansprechen, eine Einwilligung der betroffenen Person ist nicht nötig, wenn diese Verarbeitung im Interesse der Versicherten ist; der Gesetzentwurf nennt dafür konkrete Beispiele, enthält aber auch eine allgemeinere Rechtfertigung, die interpretierbar ist. Die Versicherten müssen über solche Auswerte-Maßnahmen vor Beginn informiert werden und können ihr aktiv widersprechen. Sofern bei einer Verarbeitung eine konkrete Gesundheits-Gefährdung bei Versicherten identifiziert wird, sind diese umgehend über die bestehende Gefährdung zu unterrichten. Das Portal netzpolitik.org nennt hierzu ein Beispiel: Wenn eine Krankenkasse durch die Auswertung von Abrechnungs-Daten zu dem Ergebnis kommt, dass bei einem Versicherten mutmaßlich ein hohes Diabetesrisiko besteht, muss sie den Betroffenen dann auch darüber informieren.

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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 5 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

    Uploaded Image
    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 6 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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