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Anfang Juli war ich für einen Workshop des Europäischen Patientenforums (EPF) in Wien. Der Workshop war für junge Erwachsene mit chronischen Erkrankungen ausgelegt, die sich noch aktiver in der Aufklärungsarbeit und bei Kampagnen für chronische Erkrankungen einbringen wollen.
Das sogenannte Summer Camp startete mit einem Welcome Dinner, bei dem sich alle Teilnehmenden vorab kennenlernen und austauschen konnten. Auch der nächste Vormittag wurde genutzt, um die Teilnehmenden miteinander zu vernetzen.
Unsere Willkommensrunde hat mir sehr gut gefallen. Es wurden viele verschiedene Kärtchen mit Stichworten im Raum ausgelegt und wir mussten 3 Wörter auswählen, die wir im Leben als besonders wertvoll erachten. Anschließend haben wir uns zu Paaren zusammengefunden und erklärten uns, warum wir genau diese Wörter gewählt haben. Danach mussten wir unsere*n Partner*in in der großen Runde vorstellen. (Meine Wörter waren Mut, Liebe, Leidenschaft und in Klammern Ehrlichkeit, die meiner Partnerin Hoffnung, Geduld und Erfüllung.)
Es war sehr inspirierend, die Geschichten und Erfahrungen anderer Menschen mit chronischen Erkrankungen zu hören. Da war zum Beispiel Chloe aus England, die nun seit einem Jahr krebsfrei ist und davon erzählt hat, dass es sehr schwer ist, wieder einen Alltag aufzubauen, nachdem sie so schwer krank war, dass sie eigentlich dachte, sterben zu müssen. Viele seien außerdem der Ansicht, dass krebsfrei auch wieder vollkommen gesund bedeutet, was natürlich nicht der Fall ist.
Beeindruckend fand ich auch die Geschichte von Lena aus Österreich, die eine Hauterkrankung hat und sich lange nicht getraut hat, Kleider oder kurze Hosen anzuziehen, weil sie Angst vor den Reaktionen und der Abneigung anderer Menschen hatte, aber nun dadurch Aufklärungsarbeit leistet.
Hayden aus Schottland erzählte von seinem Autismus und dass er lange dafür kämpfen musste, eine öffentliche Schule besuchen zu dürfen und wie sehr es ihn belastet hat, dass viele ihn als schwach angesehen haben, nur weil er Lernschwierigkeiten hat. Heute spielt er Fußball bei den Special Olympics.
Ivett aus Ungarn hatte mit 14 eine Nierentransplantation und immer noch mit den Folgen zu kämpfen. Es belastet sie vor allem, dass eine Schwangerschaft ein zu hohes Risiko für sie darstellen würde.
Unsere chronischen Erkrankungen könnten nicht unterschiedlicher sein, aber dennoch haben wir in sehr vielen Punkten übereingestimmt. Ich fand es sehr spannend, über den Rand meiner „Diabetes-Blase“ zu schauen und einen Eindruck von anderen Communities zu bekommen.
Auffallend war, dass die Diabetes Community auf jeden Fall die größte in diesem Netzwerk ist. Ich habe auch ein paar andere Menschen mit Diabetes aus Serbien, Polen und England kennengelernt. Natürlich hatten wir nach dem Frühstücksbuffet des Hotels alle hohe Blutzuckerwerte 😉
Ein Thema, was mich immer bewegt, sind chronische Erkrankungen und die Psyche. Wir alle wissen ja, dass es auch schlechte Tage gibt und wie frustrierend es sein kann, wenn die Erkrankung zwischen unsere Pläne funkt und man nicht immer das machen kann, was ein gesunder Mensch machen könnte. Es ist auch wichtig, sich das einzugestehen und zu akzeptieren, dass es auch Tage gibt, an denen man für sich selbst sorgt und es langsam angehen lässt.
Susanna aus Luxemburg hat Multiple Sklerose und dadurch mit chronischer Müdigkeit (Fatigue) zu kämpfen. Sie erzählte uns, dass sie oft Tage hat, an denen sie das Haus nicht verlassen kann, weil es ihr zu schlecht geht, um am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Wir haben darüber geredet, was wir an solchen Tagen für unser Wohlbefinden tun können und wie man immer wieder auf Vorurteile stößt, weil die meisten unserer Erkrankungen nicht auf den ersten Blick erkennbar sind.
Bei den Workshops haben wir u.a. gelernt, wie man sich gut vernetzt, auf seine Themen aufmerksam macht, was gute Führungsqualitäten sind und wie man andere Menschen für sein Thema überzeugen und gewinnen kann. Es war sehr lehrreich und ich bin gespannt auf unsere eigenen Projekte und Kampagnen, die auf das Sommercamp folgen.
Nichtsdestotrotz war mir vor allem der Austausch wichtig und ich konnte viel neues Wissen und Inspiration durch diese Erfahrungen mitnehmen. Es gibt viele, viele Themen, über die wir uns am liebsten noch intensiver ausgetauscht hätten.
Ich schätze mein neu gewonnenes Netzwerk aus Patientenvertreter*innen sehr, da ich so auch auf Dinge und Sichtweisen aufmerksam werde, die ich ohne diese Menschen vermutlich nie so erfahren würde.
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