George Ezeani: Hilfe für Westafrika

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© diabetesDE/Deckbar
George Ezeani: Hilfe für Westafrika

Mit seinem Verein Diabetes Care West Africa leistet der in Wiesbaden lebende Diabetesassistent George Ezeani wertvolle Hilfe für Menschen mit Diabetes in Westafrika. Im Interview berichtet der gebürtige Nigerianer über die Arbeit und die Ziele des Vereins.

In Westafrika die Früherkennung von und die Aufklärung über Diabetes zu fördern: das Ziel verfolgt der Verein Diabetes Care West Africa. Gründer des Vereins ist der Diabetesassistent George Ezeani aus Nigeria, der seit 1992 in Deutschland lebt und seit 2007 versucht, die Menschen in Westafrika zu erreichen: mit kostenlosen Screenings, Koch-Workshops und Diabetesschulungen, derzeit hauptsächlich in Togo und Nigeria.

Ausgezeichnet mit dem Thomas-Fuchsberger-Preis

2015 bekam Ezeani den Thomas-Fuchsberger-Preis. Mit dem Preis werden ehrenamtlich tätige Personen geehrt, die sich für die Aufklärung und praktische Hilfe im Umgang mit Diabetes einsetzen. Es gab 5 000 Euro Preisgeld – das reicht aber noch nicht, um seine Vision in die Tat umzusetzen, in Westafrika eine mobile Diabetesschulung/ein mobiles Diabeteslabor aufzubauen.

Wie arbeitet Diabetes Care West Africa? Wie leben Menschen mit Diabetes in Westafrika? Ein Gespräch mit George Ezeani:

Diabetes-Journal (DJ): Herr Ezeani, wie geht es Menschen mit Diabetes in Westafrika? Und wie ist die Versorgung z. B. in Togo und Nigeria geregelt?

George Ezeani: Wie überall steigt auch in Westafrika die Zahl der an Diabetes erkrankten Menschen schnell an. Früher glaubte man, dass Diabetes nur die Reichen betrifft, doch nun betrifft es sogar Menschen, die kaum etwas zu essen haben. Wenn in Westafrika bei jemandem, der arm ist, Diabetes diagnostiziert wird, bricht meist sein ganzes Leben zusammen.

Denn obwohl Togo und Nigeria wie fast jede Nation der Welt eine nationale Diabetesorganisation haben (Association Togolaise du Diabète, Diabetes Association of Nigeria), gibt es meines Wissens keine Versorgung vom Staat. Jeder, der dort an Diabetes erkrankt ist, muss für sich selbst sorgen. Wo es keine gesetzliche Krankenversicherung gibt, muss jeder für alle Medikamente selbst zahlen. Und das können sich die meisten Menschen nicht leisten.

DJ: Wie viele Menschen mit Diabetes gibt es in Togo und Nigeria?

Ezeani: Laut der “International Diabetes Federation” (IDF, Internationale Diabetes-Föderation) hatten 2015 in Togo 132 820 Menschen zwischen 20 und 79 Jahren Diabetes. Insgesamt leben in Togo 7,3 Millionen Menschen. In Nigeria gibt es mehr als 1,56 Millionen Betroffene unter den 20- bis 79-Jährigen (Gesamtbevölkerung: etwa 177 Millionen).

DJ: Gab es einen Impuls, “Diabetes Care West Africa” zu gründen?

Ezeani: Als ich noch in Nigeria gelebt habe, wusste ich weder etwas über Diabetes noch hatte ich etwas damit zu tun. Es gibt, damals wie heute, verschiedene Gesundheitsprobleme, z. B. zu hohen Blutdruck. Worüber viele Leute bei uns in Nigeria und auch in Togo nichts wissen, ist der Zusammenhang zwischen Bluthochdruck und Diabetes und vor allem über die Spätfolgen der Zuckerkrankheit.

Diese Unwissenheit hat tödliche Folgen – und das müsste nicht sein. Deshalb haben wir beschlossen, diesen Verein zu gründen. Diabetes Care West Africa e. V. hat sich vorgenommen, Diabeteserkrankungen frühzeitig zu erkennen und evtl. therapeutische Unterstützung zu leisten. Unser Verein bietet z. B. auch Schulungen an.

DJ: Ist der Verein nur in Togo und Nigeria aktiv? Und gibt es dort auch Mitglieder des Vereins?

Ezeani: Eigentlich will der Verein in der gesamten westafrikanischen Region helfen, aber bis jetzt ist er vor allem in Togo und Nigeria aktiv und weniger z. B. in Ghana und Benin. Aktive und zahlende Mitglieder sind schwer zu finden. Unsere Arbeit ist ehrenamtlich, aber Mitglieder vor Ort wollen bezahlt werden. Grundsätzlich ist unser Verein in Deutschland eingetragen, und die Mitglieder leben auch in Deutschland.

Sie möchten sich engagieren oder etwas spenden?
Diabetes Care West Africa e. V., Vorsitzender: George Ezeani, Franklin-Roosevelt-Straße 2, 65197 Wiesbaden, Tel.: 01 51/2 09-8 00 46, E-Mail: diabetes.care2007@gmail.com
, Internet: www.diabetes-care-west-africa.com

Spendenkonto: Diabetes Care West Africa e. V., Nassauische Sparkasse Wiesbaden, IBAN: DE17 5105 0015 0110 2704 36, SWIFT-BIC: NASSDE5, allgemeine Infos zum Thomas-Fuchsberger-Preis: www.diabetesde.org

DJ: Bei wie vielen Menschen wurde durch die Screenings des Vereins schon Diabetes festgestellt?

Ezeani: Wir haben schon mindestens 650 Menschen diagnostiziert.

DJ: Wie oft können Sie – und weitere Helfer – nach Westafrika fliegen?

Ezeani: Bis 2013 sind wir zweimal im Jahr nach Westafrika geflogen, um über Diabetes aufzuklären. Einmal – im Mai 2012 – wurde ich begleitet, sonst war ich immer alleine unterwegs. Das ist auch selbstverständlich! Menschen ehrenamtlich zu helfen, ist zeitaufwendig und teuer. Ich muss viel sparen, um das Diabetesprogramm zu finanzieren, und kann leider die Kosten für einen Mitfliegenden nicht tragen. Der Verein hat leider keinen Sponsor.

DJ: Was machen Sie dort dann konkret?

Ezeani: Wenn wir dort ankommen, meistens mit Vorankündigung, gibt es erst einen Vortrag über Diabetes zur Aufklärung, es folgt ein kostenloses Diabetes-Screening und zum Schluss eine Diskussion mit den Betroffenen. In Togo haben wir eine offizielle Genehmigung, die es uns erlaubt, in ganz Togo unsere Aufklärungsarbeit durchzuführen. Damit können wir ohne Hindernisse in Krankenhäuser, Universitäten und Schulen gehen. Wurde bei jemandem Diabetes diagnostiziert, nehmen wir die Daten auf und begleiten ihn zum Arzt. Anschließend versuchen wir, ihn mit Materialien zu unterstützen.

DJ: Welche Spenden können Sie besonders gut gebrauchen?

Ezeani: Geld ist nicht alles. Der Verein braucht vor allem Menschen, die ihm ihre Zeit und ihr Wissen spenden – also Fachleute, die ehrenamtlich mit uns nach Westafrika fliegen können, um ihr Wissen dort weiterzugeben bzw. medizinisches Personal zu schulen.

DJ: Gibt es eine Zusammenarbeit mit “Insulin zum Leben”?

Ezeani: Eine direkte Zusammenarbeit gibt es nicht, weil auch “Insulin zum Leben” auf Spenden angewiesen ist. Was der Verein sammelt, reicht nicht einmal für seine Partnerorganisationen in den Entwicklungsländern. Trotzdem hat die Projektleiterin versprochen, uns etwas zu schicken.

DJ: Was fehlt am dringendsten?

Ezeani: Um unser Diabetesprogramm weiterführen und unsere Ziele erfolgreicher verfolgen zu können, hätten wir gerne einen Transporter für die mobile Diabetesschulung. Das würde die Arbeit sehr erleichtern, und wir könnten viel mehr Menschen erreichen. Außerdem bräuchten wir Teststreifen, Messgeräte, Insulin und noch verwendbare Medikamente wie Metformin. Immer willkommen sind auch Versandgutscheine, um Material nach Westafrika schicken zu können, denn die Versandgebühren sind sehr hoch.

Herzlichen Dank für das Gespräch.


Interview und Text: Nicole Finkenauer-Ganz
Kirchheim-Verlag, Kaiserstraße 41, 55116 Mainz,
Tel.: (0 61 31) 9 60 70 0, Fax: (0 61 31) 9 60 70 90,
E-Mail: redaktion@diabetes-journal.de

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2016; 65 (5) Seite 50-51

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